Die Hand im Moor (German Edition)
sagen. Angst stieg in ihm auf. Er schalt sich einen Narren. Warum hatte er Harro vorhin weggeschickt, anstatt sich zu fragen, weshalb sich der Hund anders als sonst benahm.
"Wo ist Christina?" stieß er hervor, als Harro nach ihm schnappte. "Los, zeig es mir!"
Der Schäferhund drehte sich um und rannte am Ufer entlang. Volker hatte Mühe, ihm zu folgen.
Keuchend ließ sich Harro wenig später einen Schritt von Chr istina entfernt ins Gras fallen. Dominik Bachmann achtete weder auf den Hund, noch auf den Mann, der ihm folgte. Er konzentrierte sich völlig auf die junge Frau und blies ihr in einem genau berechneten Rhythmus seinen Atem ein.
Volker sah nur einen Fremden über Christina knien. Er b efürchtete das Schlimmste. Ohne lange zu überlegen, packte er Dominik und stieß ihn beiseite.
Harro sprang auf. Seine Nackenhaare sträubten sich. Knurrend zog er die Lefzen hoch.
Erst jetzt wurde es Volker bewußt, daß sich Christina nicht rührte. "Was haben Sie mit ihr gemacht?" Er wollte Dominik, der sich von seiner Überraschung erholt hatte, mit einem Fausthieb niederstrecken.
"Sie sind ein Idiot." Dominik schob ihn wie ein lästiges Insekt beiseite. "Sehen Sie nicht, daß die junge Frau fast ertrunken ist?" Er beugte sich wieder über Christina und blies ihr erneut seinen Atem ein.
"Ertrunken?" Volker von Quant erwachte wie aus Trance. Er griff nach Christinas Handgelenk, versuchte ihren Puls zu fühlen. "Wir sind verlobt", sagte er leise. "Sie darf nicht sterben." Er mußte sich zwingen, nicht erneut die Nerven zu verlieren. Es erschien ihm unerträglich, wie sich der Fremde um Christina bemühte, während er wie ein Trottel tatenlos neben ihr im Gras kauerte.
"Sie kommt zu sich." Dominik richtete sich auf. "Helfen Sie mir", befahl er. "Wir müssen dafür sorgen, daß sie möglichst viel von dem Wasser herausbringt."
Es dauerte noch eine Weile, bis sich Christina soweit erholt hatte, daß sie wieder sprechen konnte. "Die Schlingpflanzen", keuchte sie nach Atem ringend. "Ich kam nicht mehr los. Sie schienen mich regelrecht in die Tiefe zu ziehen." Sie schauerte zusammen.
"Der Hund hat Ihnen das Leben gerettet", meinte Dominik Bachmann. "Hätte er nicht so verzweifelt gebellt, ich wäre nicht auf Sie aufmerksam geworden."
"Dann haben Sie mich aus dem Wasser gezogen?"
"Es ist nicht der Rede wert", meinte der junge Mann. "Jetzt sollten wir Sie erst einmal nach Hause bringen." Er wandte sich an Volker: "Sind Sie mit dem Wagen hier?"
"Nein, mit einer Kutsche."
"Dann fahre ich Sie", entschied Dominik. "Sie müssen mir nur sagen, wohin ich Sie bringen soll."
"Nach Gut Freyhof." Volker atmete tief durch. Er fühlte sich zutiefst beschämt. Nie zuvor in seinem Leben hatte er so versagt.
"So ein Zufall. Ich bin auf dem Weg dahin." Dominik sprang auf. "Kommen Sie." Bevor Volker ihn noch daran hindern konnte, hatte der Fremde Christina bereits hochgehoben und trug sie, als sei sie leicht wie eine Feder, zum Wagen. Harro rannte ihm vo raus.
Volker ballte zornig die Hände. Es blieb ihm nichts anderes ü brig, als zu folgen.
Willenlos ließ sich Christina in eine Decke hüllen und auf den Rücksitz von Dominiks Wagen betten. Sie fühlte sich wie ze rschlagen und wagte nicht, die Augen zu schließen, weil es ihr dann vorkam, als würde sie noch immer auf dem Wasser treiben.
"Wie komme ich am schnellsten zum Gut?" fragte Dominik und zog seine Schuhe an, die er noch rasch geholt hatte.
"In dem Sie immer geradeaus fahren", erwiderte Volker.
"In Ordnung." Er nickte. "Sie werden sicherlich mit der Ku tsche folgen. Bis gleich." Er wollte in den Wagen steigen, aber Harro war schneller. Der Schäferhund drängte sich an ihm vorbei und nahm auf dem Beifahrersitz Platz. "Also, gut, dann fährst du eben auch mit mir mit." Dominik lachte auf und ließ sich hinter das Steuer gleiten.
Volker atmete tief durch. Es kostete ihm seine ganze Beher rschung, nicht ebenfalls in Dominiks Wagen zu steigen. Er drehte sich um und kehrte zum Sommerhäuschen zurück. Wütend über sein Versagen stieß er mit dem Fuß gegen einen schweren Stein, der mitten im Weg lag.
* * *
Dominik Bachmann fuhr durch das offene Parktor. Hin und wieder warf er einen besorgten Blick in den Rückspiegel. Die junge Frau regte sich kaum. Er nahm an, daß sie noch immer unter Schock stand. Wie gut, daß er in der Nähe des Sees eine Pause eingelegt hatte. Geplant war sie nicht gewesen.
"So, da wären wir", sagte er, als er vor dem Gutshaus hielt. Erst
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