Die heißen Kuesse der Revolution
Fortescue Paget war eine zierliche Frau mit dunkelblondem Haar und einer außergewöhnlichen Figur. Sie war recht klein, doch hielt sie sich so aufrecht, dass man es erst bemerkte, wenn sie unmittelbar vor einem stand. Noch immer war sie frappierend schön und charmant. Seit dem Tod ihres Gemahls William vor fünf Jahren hatte sie ein Dutzend überaus ernst gemeinter Heiratsanträge abgelehnt. Nun begann sie langsam zu lächeln, und Dominic spürte, wie schwer es ihr fiel, kontrolliert zu handeln. „Du siehst wieder einmal außerordentlich gut aus“, sagte er und meinte es vollkommen ernst. In ihrem grünen Ensemble sah sie einfach umwerfend aus. Sie wirkte viel zu jung, um seine Mutter sein zu können.
„Dominic.“ Ihre Stimme klang rau. Er erkannte, dass sie die Tränen nur mit größter Anstrengung zurückhielt. „Diesmal hast du dich aber viel zu lange auf dem Lande umgetan.“
Dominic ergriff ihre Hände. „Dessen bekenne ich mich schuldig, aber jetzt bin ich sehr froh, wieder daheim zu sein.“ Sie küssten sich auf beide Wangen, dann stellte sie ihn ihren Besuchern vor. Die beiden Damen begrüßten ihn begeistert, erklärten aber sogleich, sie würden Catherine in einigen Tagen wieder aufsuchen, da sie jetzt gewiss mit ihrem Sohn allein sein wollte. Dominic steckte beide Hände in die Taschen seines Gehrocks und wartete, während Catherine ihren Besuch bis zur Tür des Salons geleitete, sich für ihren Besuch bedankte und versicherte, die Damen selbst in den nächsten Tagen aufsuchen zu wollen.
„Sie müssen Lord Bedford unbedingt mitbringen“, hauchte Lady Hatfield.
„Ich werde mein Bestes tun“, versprach Catherine. Als die beiden gegangen waren, wandte sie sich um, und ihr Gesicht war aschfahl.
„Mit mir ist alles in Ordnung“, versicherte er sofort.
Tränen stiegen in ihre grünen Augen. „Oh, Dominic!“ Sie eilte zu ihm und schloss ihn in die Arme. Dann trat sie einen Schritt zurück. „Was um Himmels willen ist dir zugestoßen? Vor drei Tagen teilte Sebastian Warlock mir mit, dass du angeschossen worden seist. Er sagte, du würdest nach London kommen, sobald du wieder in der Lage wärst zu reisen. Aber sonst hat mir dieser Grobian nichts erzählt!“ Ihre Augen blitzten vor Zorn. „Ich war so wütend!“
Dominic nahm seine Mutter am Arm und geleitete sie wieder zu dem Sofa. Er wollte sie nicht anlügen, aber er wollte sie auch nicht beunruhigen, indem er ihr erzählte, dass man ihn in Frankreich enttarnt und ihm einen Auftragsmörder geschickt hatte. „Wie du ja weißt, habe ich mich an der Loire Michel Jacquelyn und seinen Rebellen angeschlossen.“ Kurz danach war es ihm noch gelungen, seiner Mutter einen Brief zukommen zu lassen. „Im Mai und Juni hatten wir mehrere Aufeinandertreffen mit der französischen Revolutionsarmee. Die beiden ersten Gefechte verliefen für uns sehr erfolgreich, die Franzosen flohen Hals über Kopf. Doch in der dritten Schlacht kämpften wir heftig miteinander, und ich wurde angeschossen.“ Dominic zog die Schultern nach oben, als wäre die Verletzung unbedeutend gewesen. Er verachtete sich für diese Lüge, aber sie war notwendig. Wenn Catherine jemals erfahren sollte, dass er nicht zufällig in der Schlacht, sondern von einem Auftragsmörder verwundet worden war, würde sie das niemals überwinden. „Warlock hat ein paar Männer geschickt, um mich aus Frankreich herauszuholen. An die Passage über den Kanal kann ich mich kaum erinnern, aber schließlich habe ich es überlebt. Wie du siehst, bin ich wieder ganz gesund.“
Sie betrachtete ihn ungläubig. „Wie schwer warst du denn verletzt?“
Er lächelte. „Es war bloß eine Fleischwunde.“ Sie durfte nie erfahren, dass er an der Schwelle des Todes gestanden hatte.
Sie sah ihn unglücklich an. Offenkundig hatten seine Worte sie noch nicht überzeugt. „Und warum hast du nicht geschrieben? Warlock teilte mit, du würdest dich wieder in England befinden, aber er wollte mir nicht sagen, wo! Ich bin vor Angst gestorben, als ich dann nichts von dir hörte.“
Er zögerte. „Ich war ganz im Süden von Cornwall und wurde dort von einer Frau umsorgt, die mit den Jakobinern sympathisiert.“ Catherine Fortescue Paget riss geschockt die Augen auf. Er dachte an Julianne und wurde ernst. „Aber sie war sehr freundlich. Sie hat mich hingebungsvoll gepflegt. Allerdings war sie in dem Glauben, ich selbst sei ein Offizier der Revolutionsarmee.“ Die Augen seiner Mutter weiteten sich noch mehr. „Um
Weitere Kostenlose Bücher