Die heißen Kuesse der Revolution
gefährliche Spionagespielchen in Nantes oder in Paris?
Seine Feinde lauerten überall! Es waren sowohl die Soldaten der Republik, als auch die Jakobiner auf der Straße. Julianne hatte von den „Représentants en Mission“ gehört, jenen Bürgern mit Schärpen in den Farben der Trikolore, die das Land nach Verrätern an der Revolution durchkämmten. Sie waren Agenten des Nationalkonvents und konnten sogar jeden General des Verrats anklagen und sein Kommando übernehmen. Jemanden wie Dominic würden sie sofort ohne Prozess auf die Guillotine schicken, falls man ihm nicht gleich einen Auftragsmörder auf den Hals hetzte. Wie konnte Sebastian Warlock nur zulassen, dass Dominic wieder dorthin fuhr?
Sie musste unbedingt in Erfahrung bringen, wie es ihm ging. Sie würde Nadine schreiben, denn seine lebenslange Freundin würde man doch sicher über sein Schicksal unterrichten. Doch sie hatte Angst, dass sie nun auch für Nadine aufgehört hatte zu existieren. Lady Catherine hatte ihr bestimmt längst alles erzählt.
„Wir sind da, Mademoiselle “, sagte Nancy und berührte sanft ihre Hand.
Julianne lächelte müde.
Der Kutscher öffnete die Kutschentür. Amelia stürzte aus dem Haus, gefolgt von einem großen, muskulösen Mann. „Julianne!“ Sie strahlte, und ihre taubengrauen Röcke flogen hinter ihr her.
Und plötzlich begann Julianne zu weinen. Sie sprang aus der Kutsche und in die Arme ihrer Schwester. So willkommen hatte sie sich noch nie gefühlt.
„Geht es dir gut?“ Amelia sah Julianne besorgt an. „Ist das etwa die Kutsche des Earls of Bedford?“ Sie starrte Julianne ungläubig an.
Julianne hatte Amelia nur zwei Briefe aus London geschrieben und dabei nichts von der Affäre erwähnt. Amelia hätte es auch gewiss nicht gutgeheißen. Also hatte sie ihren Aufenthalt in Bedford House mit einer Einladung Dominics erklärt und versichert, Lucas sei damit einverstanden.
„Ja, das ist seine Kutsche.“ Ihre Stimme versagte. Sie konnte ihre Schwester nicht länger hinters Licht führen, denn sie hatte Amelia noch nie so sehr gebraucht.
Amelia legte ihr besorgt beide Hände an die Wangen. „Ich bin ja so froh, dass du wieder da bist. Ich habe dich ganz furchtbar vermisst. Komm doch rein, Julianne.“
Anscheinend spürte Amelia sofort, dass etwas Schreckliches passiert war. „Nancy, komm doch bitte auch rein. Du wirst die Nacht bei uns verbringen.“
Nancy machte einen Knicks. „Merci, Mademoiselle.“
Amelia wandte sich an den Fremden, der an der Tür stehen geblieben war und alles beobachtete. „Garrett, bitte führe Nancy in die Küche.“
Arm in Arm betraten die Schwestern das Haus. Momma saß in einem der großen burgunderfarbenen Sessel am Kamin, in dem ein Feuer loderte. Selbst im Haus war es bereits ziemlich kühl. Sie drehte den Kopf, erblickte sie und begann vor Freude zu strahlen. „Julianne!“, rief sie mit so viel Wärme in der Stimme.
Momma hatte sie wiedererkannt. Julianne konnte es nicht glauben. Sie lief zu ihr und fiel vor ihr auf die Knie. Die Mutter schloss sie in die Arme.
„Wie geht es dir denn, meine Liebe?“ Momma strich ihr übers Haar. „Du bist ja ganz verstört.“
Sie sah auf. Momma hatte sie seit Monaten nicht mehr erkannt. „Ich war in der Stadt, Momma, in London. Ich bin nur etwas erschöpft von der Reise.“ Sie lächelte zaghaft.
„Ich hoffe, du hast viele große Bälle besucht.“ Momma lächelte. „Ich kann mich gar nicht erinnern, hast du einen Verehrer?“
Julianne verkrampfte sich, lächelte aber tapfer weiter. „Natürlich.“
Momma nickte und blickte zu Amelia. „Ich bin plötzlich so müde.“
Amelias graue Augen glänzten. „Ich bringe sie nach oben und bin gleich wieder da.“
Julianne nickte und erhob sich. Amelia geleitete ihre Mutter zur Treppe. Nancy kam herein. „Soll ich Ihnen und Ihrer Schwester vielleicht einen Tee machen?“
Julianne nickte und lächelte sie dankbar an. Dann hörte sie, wie ihre Schwester die Treppe wieder herunterkam.
„Sie konnte sich an mich erinnern“, wisperte Julianne.
„So klar bei Verstand ist sie seit Monaten nicht gewesen, vielleicht sogar seit Jahren.“ Amelia musterte Julianne fragend. „Er hat dir schon wieder das Herz gebrochen, und dieses Mal ist es sogar noch schlimmer als zuvor.“
„Ja!“
Amelia schloss Julianne fest in die Arme. Sie hatte geglaubt, keine Tränen mehr übrig zu haben, aber jetzt flossen sie ihr wieder über die Wangen. Vielleicht lag es an dem Kind. „Ich liebe
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