J.D.SALINGER Neun Erzählungen
J. D. SALINGER
NEUN ERZÄHLUNGEN
Deutsch von Eike Schönfeld
Kiepenheuer & Witsch
1. Auflage 2012
Die Originalausgabe erschien 1953 unter dem Titel Nine Stories
bei Little, Brown and Company, Inc., New York.
Copyright© 1948, 1949, 1950, 1951, 1953 by J.D. Salinger Copyright
renewed 1975, 1976, 1977, 1979, 1981 by J.D. Salinger
Erste deutsche Übersetzung von Annemarie und Heinrich Böll und Elisabeth Schnack
© 1966, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
Neuübersetzung von Eike Schönfeld
© 2012, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln
Alle Rechte Vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
(durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung
elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
Lektorat: Bärbel Flad
Umschlaggestaltung: Rudolf Linn, Köln
Gesetzt aus der Stempel Garamond
Satz: Fotosatz Amann, Aichstetten
Druck und Bindung: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978 - 3 - 462 - 04382 - 2
Für
Dorothy Olding
und
Gus Lobrano
Wir kennen den Laut zweier klatschender Hände,
Doch wie ist der Laut einer klatschenden Hand?
– Ein Zen - Koan –
INHALT
Ein idealer Tag für Bananenfische
Onkel Wiggily in Connecticut
Kurz vor dem Krieg gegen die Eskimos
Der lachende Mann
Am Dingi
Für Esmé – in Liebe und Elend
Hübsch mein Mund, die Augen grün
De Daumier – Smiths blaue Periode
Teddy
EIN IDEALER TAG FÜR BANANENFISCHE
In dem Hotel waren siebenundneunzig New Yorker Werbeleute, die die Fernverbindungen derart in Beschlag hielten, dass die junge Frau auf 507 von mittags bis beinahe halb drei warten musste, ehe sie mit ihrem Anruf durchkam. Aber sie nutzte die Zeit. Sie las in einer taschenbuchgroßen Zeitschrift einen Artikel mit dem Titel »Sex ist schön – oder die Hölle«. Sie wusch Kamm und Bürste aus. Sie entfernte den Fleck aus dem Rock ihres beigefarbenen Kostüms. Sie versetzte den Knopf an der Saks – Bluse. Sie zupfte zwei frisch gewachsene Härchen auf ihrem Leberfleck aus. Als die Telefonistin sie schließlich auf dem Zimmer anrief, saß sie auf der Fensterbank und hatte die Nägel ihrer linken Hand fast vollständig lackiert.
Sie war eine von denen, die wegen eines klingelnden Telefons nun wirklich nichts weglegten. Sie sah aus, als hätte das Telefon unablässig geklingelt, seit sie in die Pubertät gekommen war.
Mit ihrem kleinen Lackpinsel bestrich sie, während das Telefon klingelte, den Nagel ihres kleinen Fingers, betonte besonders die Linie des Nagelmonds. Dann schraubte sie den Deckel auf das Lackfläschchen und wedelte beim Aufstehen mit der linken – der nassen – Hand durch die Luft. Mit der trockenen nahm sie einen übervollen Aschenbecher von der Fensterbank und trug ihn zum Nachttischchen, auf dem das Telefon stand. Sie setzte sich a uf eines der beiden gemachten Einzelbetten und nahm – beim fünften oder sechsten Klingeln – den Hörer ab.
»Hallo«, sagte sie, wobei sie die Finger der linken Hand ausgestreckt von ihrem weißen Seidenmorgenmantel weghielt, der bis auf die Pantoffeln das Einzige war, was sie trug – ihre Ringe lagen im Badezimmer.
»Ich habe jetzt Ihren Anruf nach New York, Mrs Glass«, sagte die Telefonistin.
»Danke«, sagte die junge Frau und machte auf dem Nachttischchen Platz für den Ascher.
Eine Frauenstimme meldete sich. »Muriel? Bist du das?«
Die junge Frau drehte den Hörer ein klein wenig vom Ohr weg. »Ja, Mutter. Wie geht es dir?«, sagte sie.
»Ich habe mich zu Tode um dich gesorgt. Warum hast du denn nicht angerufen? Ist alles in Ordnung?«
»Ich hab’s gestern Abend versucht und auch noch den Abend davor. Das Telefon hier ist – «
»Ist alles in Ordnung, Muriel?«
Die junge Frau vergrößerte den Winkel
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