Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Herrin der Kelten

Die Herrin der Kelten

Titel: Die Herrin der Kelten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manda Scott
Vom Netzwerk:
rascher heilen und eine geringere Infektionsgefahr für die Männer bergen, sollten sie den Kampf überleben. Aber sie werden nicht überleben. Man braucht schon mehr als eine gute Tarnung und glitschige Haut, um die Adler zu besiegen. Beobachte die Krieger. Lerne von ihnen. Sie kämpfen zu zweit, obwohl es klüger wäre, sich zu größeren Gruppen zusammenzuschließen, sie benutzen lediglich Speere, obwohl Schwerter ihnen einen größeren Angriffsradius verschaffen und Schilde ihnen mehr Schutz bieten würden. Sie lernen zwar, aber nicht schnell genug. Diese hier sind die Letzten. Nach ihnen wird es keine weiteren mehr geben.«
    »Was?« Diese letzte Bemerkung nahm Breacas ganze Aufmerksamkeit gefangen. »Wie können sie die Letzten sein? Dies ist das Land der Eceni. Wir sind überall, so zahlreich wie die Ähren auf einem Kornfeld.«
    Der Mund der Großmutter verzog sich zu einem dünnen Lächeln, ähnlich dem einer Schlange. »Breaca. Das hier sind keine Eceni. Das hier sind die Ahnen, siehst du das denn nicht? Die Eceni sind groß und hellhaarig, und sie benutzen Waffen aus Eisen und Bronze. Diese Krieger hier aber sind klein und dunkel, und ihre Waffen sind aus Stein. Zwar fließt in der Tat ihr Blut durch deine Adern, andernfalls würdest du nicht so träumen, wie du es eben tust, aber es ist dennoch nicht mehr genug von ihnen übrig, um sie wieder aufleben zu lassen. Wenn sie diese Schlacht verlieren, dann gibt es keine mehr, die ihre Nachfolger sein könnten. Und es besteht kein Zweifel daran, dass sie verlieren.«
    Das war offensichtlich. Und obwohl die Hand der Großmutter inzwischen von Breacas Arm geglitten war, war es ebenso offensichtlich, dass es glatter Selbstmord wäre und nichts mehr ausrichten würde, jetzt, lediglich mit einem Speer bewaffnet, ins Tal hinunter zu stürmen. »Aber hier sind nur Männer«, sagte Breaca. »Es muss doch auch noch Frauen und Kinder geben. Wenn sie überleben, dann wird ihr Volk nicht aussterben.«
    »Möglicherweise, aber die Adler werden auch sie töten. Die Frauen bereiten sich bereits auf den Kampf vor, aber auch sie werden nicht siegen. Und nach ihnen werden schließlich die Kinder sterben.«
    »Dann sollten wir zu ihnen gehen, mit ihnen sprechen, ihnen sagen, dass sie fliehen müssen.«
    »Vielleicht.« Die Großmutter legte nachdenklich den Kopf schief. »Es wäre gut, wenn die Kinder gerettet würden. Sie würden zumindest das Blut in sich tragen.«
    »Das reicht nicht. Es werden auch diejenigen gebraucht, die schon alt genug sind, um ihre Lebensart zu überliefern, ihre Träume und ihre Geschichten. Wie sonst sollte ein Volk sich selbst erkennen?«
    »Ja, wie sonst sollte ein Volk sich selbst erkennen.« Die Großmutter lächelte glücklich, als ob sich soeben eine schwierige Frage geklärt hätte. Sie blickte in das Tal hinunter. Drei Krieger waren noch übrig, Rücken an Rücken in einem Dreieck stehend und mit hoch erhobenen Speeren dem unvermeidlichen Tod ins Auge blickend. Einer von ihnen war der Feuerhüter mit dem Zeichen des Hasen auf den Unterarmen. Er stimmte den Schlachtruf an, und die anderen fielen ein. Der erste der kreisenden Adler winkelte seine Flügel an und setzte zu seinem kraftvollen Sturzflug an.
    »Wir sollten jetzt gehen«, sagte die Großmutter. »Es wird ihnen nichts nützen, wenn wir auch noch Zeugen ihres Todes werden. Die Götter wissen, dass dies geschehen ist. Sie werden damit auf ihre Art umgehen.«
    »Und die Frauen und die Kinder? Die Hüter der Träume?«
    »Sie liegen außerhalb unserer Macht. Es tut mir Leid. Wirklich. Wenn es möglich wäre, würde ich dich hinführen und...«
    »Runter!«
    Breaca schrie auf, warf sich nach vorn und stieß die Großmutter hastig rückwärts. Ein Adler war über ihnen. Seine ausladenden Schwingen peitschten die Luft, während die nadelspitzen Klauen blitzschnell vorwärtsschossen, um zuzuschlagen. Das Einzige, woran Breaca in diesem Moment denken konnte, war die Größe des Adlers. Die Geschehnisse im Tal hatten ihr Gefühl für Größenordnungen verwirrt, und sie war nicht auf diese überwältigende Größe des Vogels gefasst gewesen. Zum Überlegen und Planen blieb jedoch keine Zeit mehr. Der Speer zuckte wie ein lebendiges Wesen in ihrer Hand, und in dem Moment, als die erste der Klauen zuschlug, stieß er kraftvoll nach oben. Sie hatte nicht auf die Brust gezielt, wie es die Krieger getan hatten, sondern auf den Kopf, auf die goldgelben Augen, den kreischenden Schlund und das leuchtende

Weitere Kostenlose Bücher