Die Herrin der Kelten
dass Blut hervorquoll. Breaca hielt das Messer mit äußerster Vorsicht, während sie sagte: »Schwöre mir im Namen deiner Ahnen, dass du so schnell du kannst zu meinem Vater reiten wirst und ihm ausrichtest, was ich dir gesagt habe.«
»Ich schwöre es.« Es kam als ein Flüstern über seine Lippen. Breaca beließ es dabei und bedrängte ihn nicht weiter.
»Steh auf!«
Sie führte Dubornos zu den Koppeln und wartete dann so lange, bis er einen zuverlässigen, einfallslosen Wallach eingefangen hatte und aufgesessen war, bevor sie wieder umkehrte und zum Tor ritt.
Airmid und die ältere Großmutter waren während ihrer Abwesenheit nicht untätig gewesen. Die Großmutter hielt den blauen Umhang für sie bereit und die kleine Eulenbrosche, die Breaca herausgelegt hatte, um sie bei der Stammesversammlung zu tragen. Airmid hielt einen Kamm und einen Gürtel mit feiner Punzarbeit, der ganz neu war und den sie offensichtlich als ein Geschenk für später beiseite gelegt hatte.
»Ich habe keine Zeit mehr...«, begann Breaca.
»Du hast noch Zeit genug.« Die Großmutter sprach geduldig, so wie sie mit Frauen zu sprechen pflegte, die kurz vor der Niederkunft standen. »Das Gewitter ist noch nicht über die Bäume hinweggezogen, wo die Trinovanter Schutz gesucht haben. Sie werden nicht eher aufbrechen, als bis es zu regnen aufgehört hat, und dann werden sie erst einmal für eine Weile langsam gehen, um wieder trocken zu werden. Wir werden sie hören, wenn sie in der Nähe sind, und außerdem werden sie sowieso nicht an uns vorbeireiten. Dies ist das Haus der Herrscherfamilie, und du bist diejenige, die sie sprechen wollen, selbst wenn sie es vielleicht anders formulieren. In dieser Angelegenheit nimmst du den Platz deiner Mutter ein. Du wirst die Krieger so begrüßen, wie sie es getan hätte, und nicht wie ein Kind, das gerade eben noch auf den Feldern herumgewühlt und Rattennester aufgestöbert hat.«
Das war unfair. Sie hatte nirgendwo herumgewühlt, sie war lediglich auf der Suche nach dem graugrünen schwammigen Pilz gewesen, der an den Ulmen wuchs und aus dem man, wenn man ihn richtig dünstete, eine Lotion herstellen konnte, die die Fliegen abwehrte. Die Pilze hatten eigentlich ihr Geschenk an Airmid sein sollen; und wären die Trinovanter nicht so völlig unerwartet aufgetaucht, hätten sie sie noch vor der Versammlung gemeinsam zubereiten und die Flüssigkeit rechtzeitig fertig haben können, um sie denjenigen Ältesten zu geben, die danach verlangten. Breaca öffnete den Mund, um genau das zu sagen. Doch Airmid, die hinter der Großmutter stand, lächelte und schüttelte den Kopf in einer viel sagenden Geste, die Verständnis und Dank signalisierte und die Breaca zugleich zu verstehen gab, dass jetzt Eile und Fügsamkeit geboten waren. Breaca klappte den Mund wieder zu und glitt aus dem Sattel.
»Was muss ich tun?«
»Wasch dich, kämm dir die Haare und lass dir von uns beim Ankleiden helfen.«
Die Großmutter war nur selten derart geduldig. Eine solch ungewöhnliche Langmut war etwas, was man besser nicht auf die Probe stellte, indem man noch länger zögerte. Breaca tat, wie ihr geheißen, wusch sich Gesicht, Arme und Beine in dem Wasser, das sie ihr brachten, und rubbelte sie dann mit einem mit Rosmarin parfümierten Strang aus Schafswolle trocken. Airmid kämmte ihr die Haare, wobei sie sorgsam darauf achtete, die verhedderten Stellen auszukämmen, ohne schmerzhaft an den Strähnen zu zerren. Die Großmutter brachte die steingraue Tunika, die Breacas Mutter gehört hatte und für Breaca passend gemacht worden war. Der neue Gürtel war wunderschön. Airmid hatte ihn selbst gefertigt und mit einem verschlungenen Muster in Form des Frosches und des Kriegerspeers verziert, der Breacas Zeichen war, bis sie von einem Passenderen träumte. Das Leder war sorgfältig eingeölt worden und sehr schmiegsam. Breaca zog den Gürtel fest und steckte die Enden hinein, während sie ihr Pech verfluchte und die trinovantischen Krieger, die ausgerechnet in dem Moment kommen mussten, als sie ihr Geschenk für Airmid hatte suchen wollen. Sie versuchte gerade, dies mit Gesten und Blicken zum Ausdruck zu bringen, als die Großmutter von dem Platz hinter dem Feuer zurückkehrte, wo sie ihre persönlichen Besitztümer aufbewahrte. Sie hielt etwas in der Hand und überreichte es Breaca feierlich, so als ob es sich um ein kostbares Geschenk handelte.
»Du solltest das hier tragen. Sie erwarten es von dir.« Das Licht des Feuers
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