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Die Hexenadvokatin

Die Hexenadvokatin

Titel: Die Hexenadvokatin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karla Weigand
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Nerven und verfiel in hysterische Zustände.
    Dann straffte sich der Conte und nickte. Ja, auch er wollte daran glauben, dass sich sein frommes und gottesfürchtiges Töchterchen nicht der schweren Sünde der Wollust hingegeben hatte.
    Die Äbtissin atmete auf. Das lief ja weit besser als erhofft. Zudem war es schließlich keineswegs erwiesen , dass das Edelfräulein tatsächlich in anderen Umständen gewesen war. Der Freundin Luisas hatte Donna Clara Maria bereits weisgemacht,
dass die Verstorbene sich geirrt habe - und die ungebührliche Rangelei des Grafensohnes mit dem Knecht Giorgio auf dem Turm hatte sie der Einfachheit halber unerwähnt gelassen.
    Stattdessen stellte sie das Ganze so dar, als ob die beiden jungen Leute in einem Augenblick geistiger Verwirrung und aus schierer Verzweiflung über die scheinbare Aussichtslosigkeit ihrer großen Liebe vom Glockenturm gesprungen wären.
    Gespannt fasste sie während der Auseinandersetzung der Herren den Vater der toten Novizin ins Auge. Wie würde er letztendlich auf die Worte des Deutschen reagieren? Bald konnte sie zufrieden die Augenlider senken. Nur allzu gerne schien der Conte nach der unwahrscheinlichen, jeder menschlichen Erfahrung hohnsprechenden, Hoffnung zu greifen, das Pärchen habe sich lediglich mit platonischer Liebe begnügt.
    Die Äbtissin hatte in der vergangenen Nacht einen heiligen Schwur abgelegt: Falls diese schreckliche Sache einigermaßen - und ohne das Kloster allzu sehr in Verruf zu bringen - vorübergehen sollte, würde sie zu Fuß nach Rom pilgern und sich dem Heiligen Vater persönlich zu Füßen werfen. Und eine größere Summe aus ihrem privaten Vermögen sollte in den Bau des Petersdoms fließen.
    Wie es schien, durfte sie sich bereits über einen konkreten Termin ihrer Romreise Gedanken machen …
    Die Ehrwürdige Mutter schlug den Herren vor, in der Öffentlichkeit den Tod des Mädchens als bedauerlichen Unfall zu deklarieren: Luisa Maria habe die ganze Nacht über allein auf dem Turm gebetet und die aufgehende Sonne mit einem Morgengesang des heiligen Franziskus begrüßen wollen.
    In der Finsternis sei sie auf den unebenen Stufen gestolpert und unglücklicherweise aus einer Luke gefallen. So würde -
wenn auch auf eine etwas bizarre Weise - die Tatsache erklärt werden, dass die Novizin nachts auf den Turm der Kapelle gestiegen war.
    Unter diesen Umständen blieb auch der Klosterknecht Giorgio Friuli aus der Schusslinie. Der Ärmste hätte sich sowieso am liebsten in einem Mauseloch verkrochen.
    Die Freundin Luisas hatte Donna Clara Maria überdies zu ewiger Verschwiegenheit verpflichtet - was diese bereitwillig versprach: Ihr Mitwirken bei der anrüchigen Affäre war nämlich durchaus keine Ruhmestat für jemanden, der demnächst das Gelübde einer Benediktinernonne ablegen sollte. So war das junge Mädchen dankbar, dass der Mantel des Schweigens über das »Unglück« gebreitet wurde.
    Die Rolle, die der junge Graf gespielt hatte, konnte man nach Meinung der Ehrwürdigen Mutter ganz ausklammern.
    »Warum behaupten Ihre Gnaden nicht, Euer Sohn sei beim Herumklettern im hiesigen Gebirge aus Unachtsamkeit von einem Felsen gestürzt? Ihr selbst habt vorhin erwähnt, dass der junge Herr diesem etwas merkwürdigen Zeitvertreib mit großem Vergnügen nachgegangen ist. Niemand wird dann eine Verbindung zu einer unserer Klosterinsassinnen herstellen können.
    Die Contessa wäre nicht kompromittiert und dem jungen Herrn bliebe der schwere Verdacht auf Entführung und womöglich noch Schändung einer Jungfrau erspart. Und Ihr würdet keine Schwierigkeiten haben, die Leiche Eures Sohnes, der einem bedauerlichen Unglücksfall in den italienischen Bergen zum Opfer gefallen ist, mit Euch nach Hause zu nehmen.«
    Keine Frage, die Äbtissin war eine kluge Frau. Beinahe bewundernd betrachteten die Herren die Dame mit dem fein geschnittenen, aber nichtsdestotrotz energischen Antlitz. Beide
waren froh, eine halbwegs akzeptable Ausflucht gefunden zu haben.
    Einigermaßen einverstanden mit dieser Lösung war auch der Begleiter des bayerischen Grafen, ein Benediktinerpater, der sich erneut der Gruppe zugesellt hatte, nachdem er sich zuvor heimlich davongemacht hatte, um sich in Ruhe den »Tatort« anzusehen. Pater Winfried fragte sich, ob der Sohn seines Herrn vielleicht versehentlich aus der Luke gefallen war - oder ob ihn etwa jemand vom Turm gestoßen hatte. Beides schien möglich - auch, dass die jungen Liebenden freiwillig gesprungen

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