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Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe

Titel: Die Himmelsscheibe 01 - Die Tochter der Himmelsscheibe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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    »Es wird nichts mehr so sein, wie es einmal war.« Die Worte ihrer Mutter hallten in Arris Kopf wider, während sie aus der alten, halb zerfallenen Schmiedehütte trat und zu der rotgolden glitzernden Zella zurückblickte, in deren ruhig dahingleitenden Fluten sich die Abendsonne spiegelte. Sie wusste nicht, was plötzlich in ihre Mutter gefahren war. Sie ohne ein weiteres Wort zum Fluss zu schicken, um dem eigensinnigen Rahn einen fangfrischen Fisch abzuschwatzen, obwohl sie noch genug zu essen im Haus hatten, war schon ungewöhnlich genug. Doch die Hast, in der es geschehen war, und das ungeduldige Stirnrunzeln, mit dem sie beobachtet hatte, wie ihre Tochter mit den schnell zusammengeklaubten Essensresten die schmale Holzstiege hinabgeeilt war, hatten Arris Verwunderung in ein banges Vorgefühl umschlagen lassen.
    »Sag deiner Mutter, sie soll mir demnächst etwas Anständiges zu essen schicken«, keifte der blinde Schmied hinter ihr her. »Das Fladenbrot ist steinalt, und die Pilze schmecken, als hätte eine Wildschweinfamilie ihre Notdurft darüber verrichtet.«
    Arri stieß einen leisen Seufzer aus und umklammerte die fangnasse Äsche so fest, als könne sie ihr aus der Hand flutschen wie in dem Moment, in dem sie den zappelnden Fisch in Empfang genommen hatte. Sie hätte dem Schmied erklären können, dass ihre Mutter es zwar duldete, wenn sie ein wenig Essen für ihn abzweigte, ihm aber niemals von sich aus regelmäßig mehr als die karge Ration hätte zukommen lassen, welche die Dorfgemeinschaft ihm zugestanden hatte. Ein blinder Schmied war ein nutzloser Schmied, und wenn Achk nicht vor dem ersten Schnee irgendeine Tätigkeit fand, drohte ihm, dass ihn Sarn mit Schimpf und Schande aus dem Dorf vertreiben ließ. Dabei machte es keinen Unterschied, dass Achk sein Augenlicht verloren hatte, während er damit beschäftigt gewesen war, nach den Anweisungen von Arris Mutter für die Gemeinschaft eine ganz neue Art von Metall zu schmelzen, das angeblich viel härter und widerstandsfähiger war als Kupfer oder Bronze. Das Dorf konnte keine nutzlosen Esser brauchen, selbst jetzt nicht, wo die Ernte eingefahren wurde und die Jäger so reiche Jagdbeute wie schon lange nicht mehr mit nach Hause brachten. Arri konnte das zwar verstehen, aber sie fand es ungerecht; vielleicht umso mehr, weil sie wusste, dass ihre Mutter nicht ganz unschuldig an dem Unglück war, das Achks Gesicht verheert und ihn fast getötet hatte.
    Das Schimpfen des undankbaren Alten ging in ein unverständliches Brabbeln über. In letzter Zeit geschah das immer öfter. Im gleichen Maße, in dem der blinde Schmied sonderbarer und streitlustiger wurde, schien nicht nur seine Hütte zu verfallen, die er ohne Augenlicht nicht mehr instand halten konnte, sondern auch sein Geist. Gewiss würde ihm jetzt kein einziges vernünftiges Wort mehr zu entlocken sein, und so machte Arri, dass sie von hier wegkam. Sie hatte sich den Umweg über die Schmiede für den Rückweg aufgespart, um von hier aus den schmalen, nach Süden führenden Pfad zu wählen, vorbei an wuchernden Bärentrauben, Haselnuss- und Gagel sträuchern, die von den Feuchtwiesen her dem Wald entgegenwuchsen und die wenigen Felder einrahmten, die die Sippe auf dieser Dorfseite dem Boden abgetrotzt hatte. Es war der alte, abseits gelegene Steinkreis, der Arri geradezu unwiderstehlich anzog, vielleicht, weil etwas Düsteres, Geheimnisvolles von ihm ausging. Nur ganz flüchtig blitzte in ihr der Gedanke auf, dass ihre Mutter ihr streng verboten hatte, je allein und ohne ihre ausdrückliche Aufforderung diesen geheimnisumwitterten Ort aufzusuchen.
    Arri sah nicht die geringste Veranlassung, dieses Verbot ernst zu nehmen. Schließlich hatte ihre Mutter sie ja sogar selbst letzten Vollmond mit hierher genommen. Nachdem sie ganz in der Nähe, am Saum der Sumpfwiesen, Kräuter gesammelt hatten, hatten sie sich gemeinsam an den Rand des Kreises gesetzt, und ihre Mutter hatte zu erzählen begonnen, von den alten und neuen Zeiten im Dorf und was das alles mit ihr zu tun hätte. Arri hatte kaum mehr als die Hälfte davon verstanden, aber es war ein Gefühl vager Beunruhigung in ihr verblieben, das sich jetzt beinahe zu etwas wie Furcht steigerte. Trotzdem ging sie weiter, getrieben von einer Neugier, die stärker war als ihre Vernunft.
    Es dauerte nicht lange, bis Arri den Steinkreis erreicht hatte, der wie verzaubert in dem von den Wiesen aufsteigenden Dunst lag. Wie immer, wenn sie hierher kam, überlief

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