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Arkadien 03 - Arkadien fällt

Arkadien 03 - Arkadien fällt

Titel: Arkadien 03 - Arkadien fällt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Abschied
    F undlings Beerdigung.
    Zu heiß für einen Mittwoch im März, der Wind zu sandig, die Sonne zu grell. Das karamellfarbene Hügelland flirrte, als hätte sich die Prozession schwarzer Gestalten in eine Luftspiegelung verirrt.
    Rosa versuchte die Umgebung auszublenden. Alle Empfindungen bis auf die Berührung von Alessandros Hand in ihrer. Er ging neben ihr über den Friedhof. Sie spürte seine Nähe in jeder Pore.
    Zypressen waren die einzigen Bäume zwischen den Gräbern. Neben dem breiten Hauptweg erhoben sich die Gruftkapellen der reichen Großgrundbesitzer, Familien, die dieses Land einst wie Könige regiert hatten. Jetzt gehörte alles hier den Carnevares, ihre Gruft war die größte und prachtvollste. Das Tor stand weit offen.
    Rosa und Alessandro gingen gleich hinter dem Sarg und seinen sechs stummen Trägern. Sie hatte ein schlichtes dunkles Kleid ausgewählt, das über ihren Hüftknochen spannte, weitmaschige Strumpfhosen und Schuhe mit flachem Absatz. Alessandros schwarzer Anzug ließ ihn älter aussehen, aber ihm standen Hemd und Krawatte besser als den meisten, die sie kannte. Vermutlich half es, dass jedes Stück maßgeschneidert war.
    An der Spitze des kurzen Trauerzuges – außer ihnen nur einige Hausangestellte des Castello Carnevare, die Fundling von klein auf gekannt hatten – tauchte der Priester in den Schatten des Portals. Die Träger hoben den Sarg an goldenen Griffen in eine Maueröffnung. Fundling war kein gebürtiges Mitglied der Familie Carnevare, nur ein Findelkind von unbekannter Herkunft. Aber Alessandro hatte veranlasst, dass ihm die letzte Ehre erwiesen wurde wie einem leiblichen Bruder.
    Mit Rosa und Alessandro betrat Iole die Grabkapelle. Sie hatte das sommerliche Weiß, das sie sonst so gern trug, gegen ein dunkles Kostüm eingetauscht. Iole war wunderlich, zu verschroben für ihre fünfzehn Jahre, aber sie wurde von Tag zu Tag hübscher. Ihr kurzes schwarzes Haar umrahmte ein grazil geschnittenes Gesicht, in dem riesige Augen wie Kohlestücke ruhten. Gedankenverloren zeichnete sie mit der Fußspitze ein kleines Herz in den Staub auf dem Marmorboden.
    Der Priester begann seine Grabrede.
    Seit Tagen wusste Rosa, dass dieser Augenblick kommen würde. Dieses Dastehen und Warten auf den Moment, an dem sich die Endgültigkeit der Ereignisse nicht mehr verleugnen ließ. Sie wollte wütend sein auf die Ärzte, die nicht erkannt hatten, dass Fundling aus dem Koma erwachen und die Kraft besitzen könnte, sich ohne Hilfe aus dem Bett zu ziehen. Auf die Krankenschwestern, die ihn nicht sorgfältig genug beobachtet hatten. Sogar auf die Männer, die ihn schließlich gefunden hatten, nicht weit von der Klinik entfernt, aber tief genug in einer Felsspalte, dass die Suche nach ihm ganze zwei Tage gedauert hatte.
    Sie hätte jetzt gern mit Alessandro gesprochen. Mit einem Mal hatte sie Angst, ihn vielleicht niemals wieder hören zu können, weil doch alles so verdammt vergänglich war; war denn das hier nicht ein weiterer Beweis dafür? Erst vor kurzem hatte sie ihre Schwester Zoe verloren und ihre Tante Florinda. Und nun auch noch Fundling. Wer garantierte ihr, dass Alessandro nicht der Nächste war? Und sie standen hier und verschwendeten Zeit.
    Der Priester sprach ein letztes Gebet vor dem Grab in der Mauer. Anschließend traten sie einzeln vor, um Abschied zu nehmen.
    Rosa kam gleich nach Alessandro an die Reihe. Sie versuchte, sich an etwas zu erinnern, das sie mit Fundling verband, einen Moment, etwas Persönliches, das er zu ihr gesagt hatte.
    Was ihr einfiel, war ausgerechnet das, was sie nie verstanden hatte: Hast du dich schon mal gefragt, wer in den Löchern in der Menge geht?
    Warum dachte sie ausgerechnet jetzt daran? Weshalb nicht an sein Lächeln – hatte sie ihn überhaupt jemals lächeln sehen? – oder an seine traurigen braunen Augen?
    Sie sind immer da. Unsichtbar um uns herum. Nur die Menge macht sie sichtbar.
    Sie presste ihre Fingerspitzen an die Lippen und berührte das kühle Holz des Sargs. Es fühlte sich richtig an. Etwas unbeholfen, aber richtig.
    Iole legte ein Foto von Sarcasmo, Fundlings schwarzem Mischlingshund, auf den Sargdeckel. Dann wischte sie sich mit dem Handrücken über die Augen und verließ mit Rosa und Alessandro die Kapelle. Rosa nahm sie nach kurzem Zögern in den Arm. Das Mädchen legte den Kopf an ihre Schulter. Der Stoff des schwarzen Kleides wurde unter Ioles Wange feucht und warm.
    Alessandros Finger drückten Rosas Hand ein wenig

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