Die historischen Romane
versichere Euch, der Betreffende hat jenen Ort fürchten gelernt! Natürlich muss man die Operation viele Male wiederholen, und infolgedessen braucht man einen Freund oder Feind, der einem immer wieder vors Haus kackt!« Roberto lachte, als hätte der Doktor einen Scherz gemacht, womit er ihn dazu brachte, beleidigt einige Gründe zu nennen. Die dann ziemlich genau dieselben waren, die Roberto von d'Igby kannte. Aber nun war der Doktor in Fahrt gekommen: »O ja, mein Herr, der Ihr so gern den Philosophen spielt und das Wissen der Wundärzte verachtet. Ich sage Euch sogar, da wir schon von Kacke sprechen: Wenn einer Mundgeruch hat, bräuchte er bloß den offenen Mund eine Weile über die Kotgrube zu halten, und am Ende wäre er geheilt. Denn der Gestank des Kotes ist sehr viel stärker als der aus dem Mund, und das Stärkere zieht das Schwächere an und trägt es fort!«
»Ihr enthüllt mir Außerordentliches, Doktor Byrd, und ich bewundere Euer Wissen.«
»Ich könnte Euch noch mehr sagen. Wenn in England jemand von einem Hund gebissen wird, tötet man den Hund, auch wenn er nicht tollwütig ist. Denn er könnte es ja noch werden, und dann würden die Keime der Tollwut, die im Leib des Gebissenen zurückgeblieben sind, die Geister der Hydrophobia anziehen. Habt Ihr je gesehen, was die Bäuerinnen tun, wenn sie Milch überm Feuer vergießen? Sie werfen sofort eine Handvoll Salz hinterher. Große Weisheit des einfachen Volkes! Denn wenn die Milch auf die glühenden Kohlen kommt, wird sie zu Dampf, und durch die Wirkung des Lichts und der Luft verbreitet sich dieser Dampf, begleitet von Feuer-Atomen, bis zu dem Ort, wo sich die Kuh befindet, welche die Milch gegeben hat. Nun ist das Euter der Kuh ein glandulöses und sehr delikates Organ, und jene Feuer-Atome erhitzen es, lassen es hart werden, rufen Schwären darauf hervor, und da sich das Euter nahe der Blase befindet, wird auch sie in Mitleidenschaft gezogen, indem es zur Anastomose der Adern kommt, die dort zusammenfließen, so dass die Kuh am Ende Blut pisst.«
Darauf Roberto: »Der Ritter hatte von diesem Unguentum armarium als einem für die Medizin nützlichen Mittel gesprochen, aber Ihr gebt uns zu verstehen, dass es auch benutzt werden könnte, um jemandem wehzutun.«
»Gewiss, und das ist der Grund, warum manches Geheimnis vor der großen Masse verhüllt bleiben muss, damit kein übler Gebrauch davon gemacht wird. O ja, mein Herr, der Disput über das Unguentum oder Pulver oder das, was wir Engländer Weapon Salve nennen, ist reich an Kontroversen. Der Ritter hat von einer Waffe gesprochen, die, wenn sie richtig behandelt wird, beim Verwundeten Erleichterung bewirkt. Aber nehmt dieselbe Waffe und legt sie neben ein Feuer, und der Verwundete, auch wenn er meilenweit entfernt ist, wird aufheulen vor Schmerz. Und wenn Ihr die mit seinem Blut befleckte Klinge in Eiswasser taucht, wird der Verwundete erschauern.«
Dem Anschein nach hatte jene Unterhaltung nichts ergeben, was Roberto nicht schon wusste, einschließlich der Tatsache, dass Doktor Byrd über das sympathetische Pulver sehr gut im Bilde war. Aber die Ausführungen des Doktors hatten sich doch ein bisschen zu viel um die negativen Wirkungen des Pulvers gedreht, und das konnte kein Zufall sein. Was freilich das alles mit dem Meridianbogen zu tun haben sollte, blieb noch ein Rätsel.
Bis eines Morgens, den Umstand nutzend, dass ein Matrose von einer Rahe gefallen war und sich den Schädel gebrochen hatte, weshalb Tumult an Deck herrschte und der Doktor zu dem Verunglückten gerufen wurde, Roberto in den Kielraum geschlüpft war.
Tastend hatte er den richtigen Weg gefunden. Vielleicht war es Glück gewesen, vielleicht hatte das Tier an jenem Morgen lauter als sonst gewinselt: Roberto fand sich, mehr oder weniger da, wo er auf der Daphne später die Branntweinfässchen entdecken sollte, vor einem grässlichen Anblick.
Gut geschützt vor neugierigen Augen, in einer nach seinen Maßen gezimmerten Kiste, auf einer Schicht Lumpen, lag ein Hund.
Vielleicht war es einmal ein Rassehund gewesen, aber das Leiden und die Entbehrungen hatten ihn zu einer Kreatur aus Haut und Knochen reduziert. Dabei zeigten seine Peiniger sich bemüht, ihn am Leben zu halten: Sie hatten ihn reichlich mit Futter und Wasser versorgt, auch mit menschlicher Nahrung, die sie gewiss den Passagieren entzogen hatten.
Er lag auf der Seite, mit flach hingestrecktem Kopf und heraushängender Zunge. An seiner Flanke klaffte eine
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