Die Höhle in den Schwarzen Bergen
Blockhaus. Harka ging mit ihm, um einen halben Schritt zurück, und als das Haus in Sicht kam, lief über Harkas Haut ein Schauer. Der Vater spürte davon nichts, und Harka schwieg, denn er wußte keinen anderen Weg zu nennen. Aber wie eine Vision stand das Bild eines indianischen Kundschafters vor ihm, den er zwei Jahre früher kennengelernt hatte. Dieser Kundschafter war Tobias gerufen worden, für Harka ein merkwürdiger und unverständlicher Name. Der junge Indianer glaubte den abgestumpften Ausdruck des Gesichts wieder zu sehen, das zynisch-gleichgültige Wesen dieses Mannes noch einmal zu erleben. Er hatte ihn damals nicht verstanden. Jetzt begann er zu ahnen, wie ein freier Indianer so werden konnte, und es schauderte ihn noch einmal.
Ehe die beiden Indianer so weit gelangten, daß ein Eintreten in das Blockhaus unvermeidlich schien, öffnete Harka doch den Mund und sagte: »Ich habe mir eine Hütte gebaut.«
Mattotaupa war überrascht. Er hielt den Fuß an und schaute von der Seite auf den Sohn, der den Blick geradeaus gerichtet hielt. Der Anflug eines Lächelns zeigte sich um Mattotaupas Mundwinkel, als ob eine weiche Vogelschwinge sie gestreift habe, und in seine Augen kam ein wärmeres Licht. »Ladest du mich für die Nacht zu Gast?«
»Hau.« Mehr Worte sagte Harka nicht, aber in diesem einzigen lag eine große Freude und Hoffnung.
Die beiden ließen ihre Pferde in der Umzäunung und gingen miteinander weg, am Blockhaus vorbei, flußaufwärts, Harka als Führer voran. Mattotaupa und Harka hatten den weitausgreifenden, in den Knien federnden Gang der Präriebewohner, die nicht nur imstande sein mußten zu reiten, sondern auch weite Strecken zu Fuß zurückzulegen. Das sattellose Reiten, das Lenken und Regieren des Pferdes nur mit dem Schenkeldruck und die Übung des Laufens stärkten die Sehnen und Muskeln der Beine gleichermaßen. Wie alle Indianer, setzten die beiden Dakota beim Gehen nicht zuerst die Ferse, sondern zuerst die Zehen auf. Ihre Schritte waren weit, leicht und schnell. Der Himmel war bewölkt und das Land dunkel, aber die Luft war angenehm; der kühle Frühlingswind spielte mit dem Gras und mit den Zweigen der Bäume und Büsche, die sich als Insel im Gras- und Sandgebiet angesiedelt hatten. Harka strebte dieser Bauminsel auf einem Umwege zu. Er umschlich sie, und während der Vater zunächst am Flußufer zurückblieb, kundschaftete Harka aus, ob alles unberührt und unbetreten geblieben sei. Dann erschien er am Rande der Bauminsel und gab dem Vater ein Zeichen zu kommen.
Die aus starken Zweigen, kleinen Stämmchen und großen Rindenstücken hergestellte Hütte war behelfsmäßig und gab den zwei großen Menschen nur knapp Raum. Auf dem Boden lag das Büffelfell, das Harka auch in der Schneehütte gehabt hatte, und die mit Bildern von den Taten Mattotaupas bemalte büffellederne Decke. Harka schlug mit Flintstein Funken, brachte das aufgesplitterte Spanholz zum Brennen und röstete Waschbärlende. Zum erstenmal in seinem Leben war es so, daß er nicht als Sohn beim Vater als dem Herrn des Zeltes oder Lagers saß, sondern daß der Vater sein, Harka Steinharts, Gast am Feuer war. Er wollte den Vater gut bewirten, auch wenn er keine Schüsseln, Löffel und Töpfe hatte wie daheim im Zelt, sondern die beiden wie Krieger unterwegs speisen mußten. Sie zogen die Messer und zerteilten die Lendenstücke, um sie mit Genuß zu verzehren. Das einzige, was Harka für seinen Haushalt in der Rindenhütte aus dem Blockhaus bezogen hatte, war Salz, und dafür hatte er Mary ein Wieselfell geschenkt.
Als Mattotaupa fertig gegessen hatte und die Pfeife zu rauchen begann, forderte er seinen Sohn auf: »Sprich!«
Harka wußte, daß von dem, was jetzt gesagt werden sollte, viel abhing, aber er hatte in den letzten Jahren schon zuviel Gefahren bestanden, um vor Entscheidungen unruhig zu sein. Er sammelte sich, um kurz und klar zu sprechen.
»Vater, vor zwei Sommern, in der Nacht, ehe wir mit unseren Zelten aus den Wäldern fortwanderten zum Pferdebach, hast du mich zum erstenmal zu der Zauberhöhle geführt. Als ich des Nachts im Walde auf dich wartete, an dem Platze, zu dem du mich bestellt hattest, entdeckte ich eine Fußspur. Es war die Fußspur eines weißen Mannes. Das weißt du.«
»Hau, ich weiß es.«
»Du bist dann in der Höhle bei dem Wasserfall von einem Etwas angepackt worden, was dich fast in die Tiefe gerissen hätte. Wir haben später nach weiteren Fährten gesucht, nicht sehr
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