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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Indianer.«
    »Wenn ich nicht will, geht Top auch nicht mit euch.«
    »Kommt auf die Probe an.«
    »Soll ich sie machen?« fragte Jim höhnisch, goß den Brandy hinunter und stellte den Becher auf die Holzplatte des Tisches. Jenny füllte nach.
    Joe beobachtete Jims Haltung und Gesichtsausdruck und wurde unsicher. »Bist du so gut Freund mit Top?«
    »Was geht’s dich an? Wir beide am Tisch hier sprechen nicht über Freundschaft, sondern über den Preis.«
    »Ich überlege mir das bis morgen.«
    »Bitte. Ich auch!«
    Jim trank den zweiten Becher aus und ging wieder an die Arbeit.
    Joe überkam ein Gefühl der Unruhe wie einen Fisch, der auf einmal merkt, daß nicht er den Köder, sondern der Köder ihn zieht. Jim war ihm unheimlich. Warum, wußte er selbst nicht. Joe glaubte in Wahrheit weder an Gott noch Teufel, obwohl er in seinem Heimatort am Sonntag mit Frau und Kindern wohlanständig in die Kirche zu gehen pflegte. Er glaubte auch nicht an Gespenster, nicht an Vorhersagen oder Sterndeuter. Der Tag war hell, der Branntwein mäßig stark, das besprochene Thema unter Männern, die praktisch dachten, ganz gewöhnlich. Es ging um den Lohn für eine Arbeit. Aber Jim war ihm unheimlich. Dieser Kerl hatte Willenskraft, und Joe spürte die Skrupellosigkeit des Burschen, ohne daß er sagen konnte, wodurch. Er war plötzlich überzeugt, daß es wirklich nur von Red Jim abhängen würde, ob er, Joe, den Indianer als Kundschafter gewinnen konnte oder nicht.
    »Was hast du denn?« fragte Henry.
    »Nichts. Trinken wir noch einen?«
    »Von mir aus. Dieser Kerl, den sie Jim nennen, gefällt mir nicht. Er ist frech.«
    »Aber ebenso verwegen in der Prärie. Denkst du noch an den tollen Streich, den Jim und Top uns gespielt haben?«
    »Die beiden zusammen wären natürlich nicht übel.«
    »Für uns unbezahlbar!«
    Einige Stunden vergingen, ohne daß Joe, Jim und Top sich noch einmal trafen. Jeder ging seiner Wege. Jim ließ aber durch Ben den Ingenieur unterderhand seine Forderungen wissen. Sie waren relativ hoch. Joe wußte, daß keine Bahnbaugesellschaft solche Summen für einen einfachen Scout ohne Rang und Namen auswerfen würde. Joe mußte dann aus eigener Tasche zuzahlen. Das kam für ihn nicht in Frage.
    Als es Nachmittag wurde, machte Jim sich an Henry heran. »Sag doch deinem Herrn und Meister Joe, der nicht mehr aus noch ein weiß, er soll mit mir den Kontrakt für uns alle drei machen, für mich, für Top und für Harry. Zum üblichen Lohnsatz. Das übrige könnt ihr mir überlassen.«
    Henry schob die Unterlippe vor. »Manager willst du werden, du Gauner? Die Löhnung für drei streichst du ein und läßt die beiden Indsmen als rote Gentleman umsonst arbeiten?«
    »Was kümmert’s euch?«
    »Von mir aus! Die zwei Indsmen stammen von der Giftbrut ab, die auch mich mit ihrem Wasser umbringen wollte. Ich werde Joe diesen Vorschlag mitteilen; er muß entscheiden.«
    Henry machte bei Joe Brown eine Andeutung, daß man mit Jim einen Kontrakt abschließen könne, der ihn berechtigt, noch weitere Scouts anzuwerben. Auch der Ingenieur witterte den Lohnbetrug sofort, sprach aber nicht offen darüber, da er sich dessen noch schämte. Nach einer Stunde Bedenkzeit zuckte er mit den Achseln.
    »Mach, was du willst«, sagte er zu Henry. »Hauptsache, diese drei Kräfte stehen uns künftig zur Verfügung.«
    Während der Lohnbetrug solchermaßen ausgehandelt wurde, standen Mattotaupa und Harka weit unten am Flusse bei einer Baumgruppe. Sie standen bei zwei benachbarten Stämmen, jeder an einen der Bäume gelehnt, so daß sie mit ihrer braunen Haut und der hellen Lederkleidung selbst fast wie Baumstämme wirkten. Harka hatte den Bogen über der Schulter, Mattotaupa hielt die Büchse im Lederüberzug. Sie standen schon lange so und schwiegen schon lange. Die Sonne zog abwärts auf ihrer Bahn, ohne daß die Indianer sich rührten. Das Goldleuchten der Strahlen wurde tiefer, rötlicher; die gelben Wasser des Niobrara überstrahlte ein vielfältig gebrochener Schimmer. Die Zweige rührten sich im Abendwind.
    Endlich wurde es Nacht. In der Luft lag der Duft der ersten Blumen und der nassen Erde. Als der Mond aufging, heulten die Wölfe zum Himmel. Mattotaupa löste sich von dem Baum ab, an dem er gelehnt hatte.
    »Ich werde Joe und Henry begleiten und beschützen«, sagte er. »Du bist mein Sohn und folgst mir. Wir trennen uns nicht. Ich habe gesprochen, hau.«
    Mit langsamen, gleichmäßigen Schritten ging Mattotaupa zurück zum

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