Die Höhle in den Schwarzen Bergen
schienen sich zu besprechen. Dabei erkannte der unbeobachtete Beobachter, daß der eine der beiden Reiter an Gestalt viel größer war als der zweite, der nicht nur kleiner, sondern auch knabenhaft schlank erschien. Die Beratung hatte ein unerwartetes Ergebnis. Die Reiter stiegen ab und schienen sich niederzulassen, obgleich der Platz, an dem sie sich befanden, kaum mehr Annehmlichkeiten für ein Lager bieten konnte als die Stelle, an der der Verletzte aus Erschöpfung haltgemacht hatte. Es blieb diesem nichts anderes übrig als abzuwarten, was weiter geschehen würde. Die Wölfe waren vertrieben, dafür hatte er jetzt Dakota in seiner Nähe. Das eine erschien ihm so gefährlich wie das andere. Er beschloß, sich nicht zu rühren, aber wach zu bleiben. Vielleicht brachte erst das Morgengrauen die Entscheidung über sein weiteres Schicksal. Er empfand wieder den bohrenden und stechenden Schmerz an der Bruchstelle des Schienbeins, den er in der Erregung über die letzten Vorgänge vergessen gehabt hatte. Als Stunden dahingeschlichen waren, als die Sterne erloschen und der Morgenstern allein schimmerte, hatte sich der Verletzte innerlich auf alles vorbereitet, was je mit ihm geschehen konnte. Wenn es in seiner Nähe auch keinen Wasserspiegel gab, in dem er sich im aufleuchtenden Frühlicht hätte selbst betrachten können, so wußte er doch, daß sein Gesicht mit der roten Kriegsfarbe bemalt war und daß die Spuren dieser Bemalung noch zu sehen sein mußten. Zwischen ihm und einem Dakota gab es nichts als Feindschaft auf Leben und Tod. Da er wehrlos war, blieb für ihn nur der Tod. Es war lediglich die Frage offen, ob die beiden Dakota ihn entdecken würden. Die Fährte, die er als Hinkender mit zwei Stöcken hinterlassen hatte, war leicht zu finden.
Es wurde hell, aber die Sonne konnte nicht hervorkommen. Breite Wolkenbänke lagerten am Horizont, und es blieb sehr kalt. In einer Entfernung von hundertfünfzig Metern zog sich eine Bodenwelle hin, und der Verletzte bemerkte, daß die Dakota jetzt auf dieser flachen Anhöhe lagen; die Pferde standen wahrscheinlich dahinter. Die beiden fremden Indianer wahrten keine besondere Vorsicht. Sie hielten es wohl für ungefährlich, von einem hinkenden Verwundeten beobachtet zu werden. Offenbar spähten sie aber zu ihm hinüber und trachteten zu erkunden, wer er sei und wie er sich verhalten würde. So verging eine halbe Stunde. Hin und wieder brach ein Sonnenstrahl durch die Wolken. Dann schienen die Dakota sich entschlossen zu haben, was sie weiter unternehmen wollten. Der kleinere der beiden, der sehr schlank war, holte die Pferde und führte sie in Richtung des hilflosen Verletzten. Der größere, dessen hohe Gestalt mächtig und zugleich harmonisch in ihren Proportionen wirkte, ging frei nebenher. Die beiden beeilten sich nicht. Sie wissen, dachte der Verletzte, daß ihr Opfer ihnen nicht entkommen kann. Sie sollen aber auch erfahren, wie ein Krieger der Siksikau zu sterben weiß. Unwillkürlich griff er nach einer der Stangen, die er als Krücke gebraucht hatte. Wenn er auch nicht eine sinnlose Form des Widerstandes versuchen wollte, so hatte er doch die Absicht anzudeuten, daß er sich nicht freiwillig ergab.
Endlich standen die beiden fremden Indianer vor ihm, kaum zwei Meter entfernt. Da sie ruhig stehenblieben und auch nicht gleich zu sprechen begannen, blieb dem Siksikau Zeit, sich über sie zu wundern. Es handelte sich um einen Mann und einen groß gewachsenen Knaben. Die beiden waren nur mit Leggings und Mokassins bekleidet und froren auch. Über dem Rücken des einen der Pferde hing eine büffellederne Decke. Bewaffnet waren diese beiden Dakota ausgezeichnet. Als Schußwaffen führten sie Pfeil und Bogen, doppelläufige Büchse und Revolver, als Handwaffen nicht nur das Messer und die aus Weidenzweigen und einem eigroßen Stein gefertigte elastische Keule, sondern auch das Schlachtbeil mit Stahlschneide. Der Siksikau staunte. Revolver kannte er bis dahin nur vom Hörensagen. Diese Dakota mußten sehr gute Verbindungen mit den weißen Männern haben, von denen man solche Waffen beziehen konnte. Der Verletzte hatte nicht die Absicht, zuerst etwas zu sagen. Solange noch keine Auseinandersetzung im Gange war, konnte er am Leben bleiben. Er wollte warten.
Die beiden Dakota hatten sich nicht mit den Kriegsfarben bemalt. Der Siksikau betrachtete die Stickerei auf ihren Mokassins und auf dem Gürtel des Mannes. Die Muster waren fremdartig. Vielleicht gehörten diese
Weitere Kostenlose Bücher