Die Höhle in den Schwarzen Bergen
nicht antworten, denn auch diese Antwort hätten die Siksikau nicht verstanden und sich nur unnütze Gedanken gemacht.
Daher stand Harka auf, warf dem Gefesselten einen abweisenden Blick zu und setzte sich mit seiner geladenen Büchse an den Zelteingang zu dem alten Mann. Schweigend warteten dann alle weiter. Die stille und ermüdende Wache dauerte bis zum Morgengrauen.
Als die Sonne endlich aufgegangen war, kamen die ersten Krieger zurück, bald folgten weitere. Harka hörte das Laufen und Sprechen draußen.
Der Häuptling trat mit Mattotaupa in sein Zelt ein. Jeder der beiden Männer hatte zwei erbeutete Skalpe bei sich, langes schwarzes Haar mit dem kleinen Hautstück vom Wirbel. Sie übergaben dieses Siegeszeichen beide der Frau. Die Skalpe mußten präpariert und die Geister der Gefallenen durch den Skalptanz der Frauen beschworen und versöhnt werden. Der Häuptling und Mattotaupa selbst waren mit ihrer von Staub, Schweiß und Blut verklebten Haut, der beschmutzten und zum Teil zerrissenen Kleidung, dem wirren Haar, den eingefallenen Wangen und tief in den Höhlen liegenden Augen noch ein Bild des harten Kampfes, der sich abgespielt hatte. Wahrscheinlich weilten ihre Gedanken nicht bei dem Ruhm, den ihnen die Abwehr der Angreifer und die erbeuteten Skalpe bringen mußten, sondern es war ihnen zuerst nach einem Bad im Bach und nach Schlaf zumute. Sie fragten auch beide weiter nichts, und der Häuptling gab keine neuen Anordnungen, nachdem er mit einem Blick das Zeltinnere überschaut hatte. Er verlangte nur ein Töpfchen Fett, und als er es von seiner Tochter erhalten hatte, ging er mit Mattotaupa zusammen wieder hinaus.
Der Gefangene ließ sich nicht anmerken, was er etwa dachte. Harka auch nicht. Aber es freute ihn, daß sein Vater im Kampfe nicht hinter dem Schwarzfußhäuptling zurückgestanden hatte.
Als Mattotaupa sich gebadet hatte, rief er Harka aus dem Häuptlingszelt und ging mit ihm in das leere Zelt am Südende des Lagers. Der Häuptling schickte eine Schwarzfußfrau, die die beiden im Zelt versorgen und bedienen sollte. Da diese kein Wort der Dakotasprache verstehen konnte, sprachen Mattotaupa und sein Junge ungestört miteinander. Sie setzten sich zusammen an das Feuer, und Harka berichtete, wie seine gewaltsame Entführung vor sich gegangen war. Der Vater beschrieb ihm anschließend den Verlauf des gesamten Kampfes sehr genau, damit der Knabe daraus lernen konnte. Er schloß: »Es sind also vier Dakota gefallen, aber nur ein Schwarzfußkrieger; drei Schwarzfüße allerdings sind in die Hände der Dakota geraten. Vielleicht können wir diese gegen Tashunka-witko zurücktauschen. Die Dakota werden versuchen, ihren jungen Häuptling zu befreien, und wenn er ohne Kampf seiner Fesseln ledig wird, sind sie zufrieden, denke ich.«
»Wer soll ihnen das sagen, Vater?«
»Niemand. Sie schicken von selbst Unterhändler.«
»Bis dahin soll Tashunka-witko am Leben bleiben?«
»Häuptling Brennendes Wasser und der Geheimnismann sind sich darüber einig.«
»Aber die Dakota wissen gar nicht, daß Tashunka-witko noch lebt und sich in Fesseln bei uns befindet.«
»Sie wissen es. Ich habe es ihnen im Kampfe zugerufen.«
Mattotaupa und Harka aßen getrocknetes Büffelfleisch, das die Schwarzfußfrau mitgebracht hatte.
»Wir müssen bald selbst auf die Jagd gehen, Vater, und nicht nur als Bettler hier leben«, meinte Harka.
»Hau. Es gibt viel Wild. Wir werden bald Pfeil und Bogen gebrauchen.«
An diesem Morgen schämten sich weder Mattotaupa noch Harka, sich hinzulegen und Schlaf nachzuholen. Als Harka unter die Decken schlüpfte, dachte er daran, was alles geschehen war, seit er sein Lager in der Nacht verlassen hatte. Jetzt war es Tag, es war Ruhe, und er konnte schlafen, ohne zu träumen.
Als er nach vielen Stunden wieder wach wurde, war eine Zeltplane aufgeschlagen, so daß die Nachmittagssonne hereinschien. Der Vater saß beim Zelt und schnitzte neue Pfeilschäfte. Harka konnte ihn sehen. Der Junge blieb noch auf seinem Lager und schaute der Arbeit zu. Er beobachtete auch, wie der Schwarzfußhäuptling zu Mattotaupa kam und ihn zu sich ins Zelt bat. Gab es schon wieder irgendeine Neuigkeit? Mattotaupa blieb nicht lange fort. Als er wiederkam, merkte Harka ihm an, daß er etwas Ärgerliches erlebt hatte, wenn er dies auch zu verbergen suchte. Er nahm seine Arbeit wieder auf, und Harka, der inzwischen aufgestanden war, half ihm stillschweigend.
Endlich berichtete Mattotaupa von selbst:
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