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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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unsere Knaben ihn sich auf die Haut legen?«
    »Habt ihr Angst, mir meine Fesseln abzunehmen, ihr kleinen Präriehunde?« rief Tashunka dagegen. »Habt ihr Angst vor einem einzigen unbewaffneten Mann? Ihr seid euer vierzig, und ihr habt wohl Furcht, daß ich euch mit bloßen Fäusten erschlage?« Er lachte auf. »Ich sehe wohl, daß ich mich unter zitternden Präriehühnern befinde, vor denen ich mein Totenlied nicht singen mag!«
    Häuptling Brennendes Wasser besprach sich mit dem Geheimnismann und gab dann zwei jungen Kriegern einen Wink. »Macht ihm die Hände los. Er war ein Häuptling. Wir werden sehen, was er freiwillig zu ertragen vermag. Bleibt rechts und links des Pfahles stehen und achtet scharf auf ihn.«
    Tashunka-witko, von den Fesseln befreit, reckte Schultern und Haupt. Hochaufgerichtet stand er da. »Fangt an!« rief er. »Fangt an! Ich werde sehen, was ihr einem Manne zu ertragen geben wollt. Ich spotte eurer Messer und eures Feuers! Wißt ihr, wer ich bin? Als ich ein Kind war, bändigte ich schon die tollen Pferde! Als ich ein Knabe war, ließ ich mir das Feuer bis auf die Knochen brennen ­ seht her! Seht meine Narben! Als ich ein Mann wurde, tötete ich Feinde. An der Stange vor meinem Zelte wehen auch Haare der Schwarzfüße im Winde. Nun kommt doch her, nun werft doch eure Messer und Beile, wenn ihr je zielen gelernt habt! Was steht ihr da wie gaffende Weiber!«
    Die Feuer beleuchteten den Gefangenen. Die Hitze mußte ihm lästig sein; seine Augen begannen wild zu glänzen. Die ersten Messer flogen. Sie blieben wohlgezielt im Pfahle stecken, haarscharf neben Kopf und Schultern des Gefangenen.
    »Ist das alles, ihr Knaben? Versteckt euch doch hinter euren Müttern! Habt ihr nicht mehr gelernt? Wahrhaftig, es ist euch gelungen, einen Mann zu fangen. Einen einzigen Mann! Bei unseren Zelten aber liegen drei Schwarzfüße in Fesseln. Wollt ihr euch nicht rächen, ihr Schwächlinge, an einem Häuptling, der stark ist? Rühmt ihr euch, daß sechs von euch einen einzigen zu fesseln vermochten? Ja, das sind eure Siege! Die Krieger der Dakota werden euch verspotten!«
    Häuptling Brennendes Wasser trat vor. »Schweig, du Natter! Unsere Zelte wolltet ihr überfallen, hinterlistig, ohne daß das Kriegsbeil ausgegraben war! Ist das die Art von Kriegern? Wie eine Schlange bist du umhergekrochen, um ein Mädchen und einen Knaben zu stehlen. Kinder würgst du, das ist deine kriegerische Tat! Dein Anblick beleidigt jeden mutigen Mann.«
    Der Geheimnismann übersetzte diese Anklage für den Gefangenen. Die Feuer wurden näher an den Pfahl geschoben. Es schien, daß die Siksikau den Tod des Gefangenen nicht lange hinziehen wollten. Die Situation, die Möglichkeit, daß der von seinen Kriegern noch Hilfe erhielt, schien zu gefährlich.
    Der Gefangene begriff, daß er bald verbrennen mußte.
    »Hunde! Kojoten! Schmutzfüßige Stinktiere! Laßt mich euch doch zeigen, wie ein Mann unter Qualen zu sterben versteht! Was sollen eure brennenden Zweiglein! Euer Feuer für Knäblein!«
    »Was willst du uns belehren, du kreischendes Weib!« schrie der Zaubermann dagegen. »Was weißt du schon! Was kannst du denn!«
    »Ehe ich sterbe, du Zwergeule, will ich dich noch etwas lehren, damit du künftig mit Kriegern besser umzugehen verstehst!«
    Der Gefangene hatte nur noch mit Unterbrechungen gesprochen, da der Qualm ihm in Mund und Nase drang und das Atmen schwer machte.
    »Dort ­ der kleine Bursche ­ mag mir sein langes Rohr geben ­ heiß machen müßt ihr es ­ und mir geben, dann werde ich euch an mir selbst zeigen, wie man den Mut eines Kriegers erprobt!«
    Harka hatte seine Büchse bei sich, aber er verspürte nicht die geringste Lust, den Lauf im Feuer zu erhitzen und dadurch vielleicht das Rohr zu verderben und den Schuß unsicher zu machen. Er hoffte, der Zaubermann werde das Verlangen gar nicht bekanntgeben, aber dieser tat es offenbar doch, denn er rief dem Häuptling und den Kriegern etwas zu. Die Männer waren wohl selbst unzufrieden, daß sie den berühmtesten Gefangenen, der je in ihre Hände geraten war, so rasch sterben lassen sollten. Die beiden jungen Krieger, die rechts und links postiert waren, rissen ohne besondere Weisung die Brände etwas auseinander, so daß Tashunka-witko noch einmal Luft bekam. Seine Schultern zeigten schon Brandwunden. »Gib her!« rief er Harka jetzt zu, »gib her, du Bursche! Willst du einem Häuptling den letzten Ruhm verweigern, den er vor seinem Tod verlangt? Du Knabe,

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