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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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indianische Sitte, auch nicht im Krieg. Brennendes Wasser, Mattotaupa und Kluge Schlange verständigten sich darüber, daß sie zu dritt offen zu jenem Hügel hingehen wollten. Vielleicht war der Mann dort ein Dakota, der irgendein Angebot zu machen hatte.
    Die Knaben wurden nun doch zu den Zelten zurückgeschickt. Da sie auf diese Weise allein miteinander waren, liefen sie stumm nebeneinander her, und fast zur selben Zeit setzten sie sich in Trab. Der schnelle Lauf machte ihnen Spaß, vielleicht konnten sie schneller und noch schneller laufen. Allmählich wurde der Dauerlauf zu einem Wettlauf, und schließlich strengte jeder alle Kräfte an, um erster bei den Zelten zu sein. Es gelang keinem, den anderen zu überholen. Sie kamen miteinander an. Damit waren sie im Grunde beide zufrieden, aber sie scheuten sich noch, das einander zu zeigen.
    Da es hell war und nicht mehr die Gefahr bestand, daß sich ein Feind unbemerkt ins Lager einschleichen könnte, begab sich Harka in das Zelt am Südende, das der Häuptling Mattotaupa zur Verfügung gestellt hatte. Ein weibliches Geschöpf, das Harka hätte bedienen können, war nicht mehr da. Er machte sich selbst Feuer und briet sich ein nicht zu kleines Stück Fleisch, Frühstück und Hauptmahlzeit in einem. Als er sich gestärkt hatte, zog es ihn zu der Munition, die zu der verlorenen Büchse gehörte. Zwar konnte er nichts mehr damit anfangen, aber der Gedanke, daß Tashunka-witko vorläufig nicht mehr als zwei Schuß abgeben konnte, beruhigte ihn.
    Die Munition befand sich nicht an der gehörigen Stelle, an der Harka sie verstaut hatte, und er begann zu suchen. Nach und nach stülpte er alles um, was sich im Zelte befand, aber die Munition war nicht aufzufinden. Ein dunkler Verdacht stieg in Harka auf. Er schlug endlich sogar die Lederdecken hoch, mit denen der Zeltboden belegt war, und auf einmal blieb er wie erstarrt stehen. An der Stelle, an der die Munition gelegen hatte, erblickte er, unter der Decke in den Erdboden eingeritzt, das Zeichen Tashunka- witkos: ein sich bäumendes Pferd.
    Dem Jungen war klar, was vorgegangen sein mußte. Tashunka hatte sich, wie aus den Spuren hervorgegangen war, ins Dorf zurückgeschlichen und hatte dieses nach Süden hin wieder verlassen. Einige Zeit hatte er sich, wie nun feststand, in dem leeren Zelt Mattotaupas versteckt gehalten und die Zeit benutzt, um sich die Munition herauszusuchen.
    In Harka mischten sich Zorn und Bewunderung. Er blieb im Zelt sitzen, um über diese Angelegenheit allein weiter nachzudenken. Er hatte keine Lust, mit einem anderen als dem Vater darüber zu sprechen; der Vater aber war noch mit dem Häuptling der Siksikau unterwegs.
    Während der Knabe allein im Zelt saß, waren Brennendes Wasser, Mattotaupa und Kluge Schlange näher an den Hügel herangekommen, auf dem die Stange aufgepflanzt war und ein Mann mit dem weißen Wolfsfell gewinkt hatte. Sie erkannten jetzt diesen Mann, der bei der aufgepflanzten Stange stand und das weiße Wolfsfell als Parlamentärsflagge in die Höhe hielt.
    Es war Tashunka- witko. Zwei weitere Krieger, die auf der für den Schwarzfußhäuptling und seine Begleiter nicht sichtbaren Seite des Hügels heraufgekommen sein mußten, traten noch zu dem Dakota.
    Langsam gingen Brennendes Wasser, Mattotaupa und Kluge Schlange zu dieser Dreiergruppe ihrer Gegner hinauf, und als sie den Kamm des Hügels erreicht hatten, blieben sie den anderen gegenüber stehen. Die Männer maßen sich stumm, ohne Zorn, ohne Lächeln, ohne Spott in den Mienen, mit einer Beherrschtheit, wie sie ihnen die Achtung vor sich selbst und im Grunde auch die Achtung vor einem tapferen Feind gebot. Die Dakota vermieden es dabei, Mattotaupa anzusehen. An ihm schauten sie vorbei, als ob er nicht da sei.
    Da Tashunka-witko das Zeichen zu dieser eigenartigen Zusammenkunft gegeben hatte, war es an ihm, zuerst das Wort zu ergreifen. Es zeigte sich, daß der eine seiner Krieger auch in der Schwarzfußsprache bewandert war, so daß die Verständigung rasch vor sich ging.
    »Die Krieger der Siksikau«, sagte Tashunka-witko, »hatten mich zu ihrem Gefangenen gemacht, aber sie sind mir dann so begegnet, wie es sich unter tapferen Kriegern ziemt. Die Männer der Siksikau wissen jetzt auch, daß ein Häuptling der Dakota nicht um sein Leben wimmert. Ich habe die Tochter der Dakota wieder in unsere Zelte geholt, und da mir Brennendes Wasser die Geheimniswaffe geben ließ, bin auch ich selbst wieder frei geworden. Ich konnte zu

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