Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes (German Edition)
ausdrücken können.
Ich schrieb eine Bitte um Bestätigung, und die Antwort von Himbeere war dieselbe wie zuvor. Dann sah ich ihm nach, wie er aus dem Raum glitt. Der Vorhang, der diese Vorstellung beenden würde, würde gleich fallen.
Colonel Weber trat zu uns. »Was geht hier vor? Wo ist er hin?«
»Er sagte, dass uns die Heptapoden nun verlassen werden«, sagte ich. »Nicht nur er, sondern alle.«
»Rufen Sie ihn zurück. Fragen Sie ihn, was das heißen soll.«
»Äh, ich fürchte, dass Himbeere keinen Piepser bei sich hat«, sagte ich.
Das Abbild des Raumes im Spiegel verschwand so rasch, dass es eine Weile dauerte, bis meine Augen erkannten, was sie nun stattdessen sahen: die andere Hälfte des Zeltes. Der Spiegel war vollkommen durchsichtig geworden. Die Gespräche am Monitor, auf dem die Wiederholung lief, verstummten.
»Was zur Hölle geht hier vor?«, sagte Colonel Weber.
Gary schritt zum Spiegel hinüber und dann darum herum auf die andere Seite. Er berührte die Rückseite des Spiegels. Ich konnte die blassen Ovale erkennen, die seine Fingerspitzen auf der Scheibe bildeten. »Ich glaube«, sagte er, »wir wurden gerade Zeuge einer raumüberbrückenden Übertragung.«
Ich konnte schwere Stiefelschritte auf trockenem Gras hören. Ein Soldat mit einem riesigen Funkgerät trat durch den Zelteingang, ganz außer Atem, so schnell war er gerannt. »Colonel, eine Nachricht von ...«
Weber riss ihm das Funkgerät aus der Hand.
Ich erinnere mich, wie es sein wird, dich anzuschauen, wenn du einen Tag alt bist. Dein Vater wird kurz fort sein, um in das Café des Krankenhauses zu gehen. Du wirst in deinem Stubenwagen liegen, und ich werde mich über dich beugen.
So kurze Zeit nach der Geburt werde ich mich noch immer wie ein ausgewrungenes Handtuch fühlen. Du wirst mir unfassbar klein vorkommen, wenn ich bedenke, wie dick ich mich während der Schwangerschaft gefühlt habe. Ich könnte schwören, dass in mir Platz für jemand war, der viel größer und robuster ist als du. Deine Hände und Füße werden noch nicht pummelig, sondern lang und dünn sein. Dein Gesicht wird noch ganz rot und schrumpelig sein, deine verquollenen Augen noch zugekniffen. Die koboldhafte Phase, die der engelsgleichen vorausgeht.
Ich werde dir mit dem Finger über den Bauch streichen, die unglaubliche Zartheit deiner Haut bewundern, mich fragen, ob Seide dich wund reiben würde wie Sackleinen. Dann wirst du dich winden, deinen Körper drehen und deine Beine ausstrecken, eines nach dem anderen, und ich werde diese Bewegungen wiedererkennen, da ich sie so oft in mir gespürt habe. So sieht das also aus.
Dieser Beweis einer einzigartigen Mutter-Kind-Bindung, diese Gewissheit, dass ich dich in mir getragen habe, wird mich mit Freude erfüllen. Selbst wenn ich dich nie zuvor gesehen hätte, könnte ich dich aus einem Meer von Babys herauspicken: Die da nicht. Die da auch nicht. Moment, die da drüben ist es.
Ja, das ist sie. Sie gehört zu mir.
Der letzte »Geschenkaustausch« war zugleich der letzte Kontakt, den wir mit den Heptapoden hatten. Auf einen Schlag wurden überall auf der Welt die Spiegel durchsichtig, und die Raumschiffe der Heptapoden verließen die Umlaufbahn. Eine sich anschließende Untersuchung der Spiegel ergab, dass es sich dabei um einfache, vollkommen inaktive Scheiben aus Kieselglas handelte. Die Informationen des letzten Austausches beschrieben eine neue Art supraleitfähigen Materials, aber es stellte sich später heraus, dass ein japanisches Labor vor Kurzem zu den gleichen Ergebnissen gekommen war, es sich also um nichts Neues für die Menschheit handelte.
Wir haben nie erfahren, warum uns die Heptapoden verlassen haben, und genauso wenig wissen wir, warum sie uns überhaupt besucht oder warum sie sich so verhalten haben, wie sie es taten. Selbst mit meiner neuen Art, die Dinge zu sehen, konnte ich dafür keine Erklärung finden. Von einem simultanen Blickwinkel aus betrachtet, war das Verhalten der Heptapoden wahrscheinlich folgerichtig, aber wir haben keine Erklärung dafür gefunden.
Ich hätte gerne noch mehr über die Weltsicht der Heptapoden gewusst, hätte gerne gelernt zu empfinden, wie sie empfanden. Dann wäre ich vielleicht in der Lage gewesen, so wie sie voll und ganz in die Notwendigkeit der Ereignisse einzutauchen, statt den Rest meines Lebens nur in der Brandung herumzuwaten. Doch dazu wird es niemals kommen. Wie die anderen Linguisten der Spiegelteams werde ich mich weiterhin in
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