Die Hölle lacht
den Leib zu stoßen. Schreiend torkelte er davon.
Doch immer noch zerrte der andere sie zurück. Sie wehrte sich verzweifelt, da sprang die Spange ihres Kettenmieders und dieses fiel klappernd auf den Boden. Die Luft fühlte sich plötzlich kühl auf ihren entblößten Brüsten an.
Auch jetzt hielt der Sterbende sie wie besessen weiter fest. Sie schlug um sich und stürzte auf ihre Seite. Sie war fast verzweifelt in ihrer Angst, dass jemandes Schwert sie jetzt aufspießen oder köpfen könnte.
Des Sterbenden Gesicht war grau wie das einer Leiche. In seinem Todeskampf versuchte er, sie in die Wade zu beißen. Sonja zog den Fuß zurück und stieß ihm das Knie in die Zähne. Ohne es zu achten, tastete er nach dem Messer, das sie um den Schenkel geschnallt hatte. Verzweifelt und sich mit jedem verstreichenden Moment verwundbarer fühlend, stemmte Sonja einen Ellbogen auf das Deck und warf sich vorwärts.
Der Bursche schrie auf. Er verfehlte das Messer – aber als Sonja sich vorwärts wand, hielt er ihren Kettenrock fest und seine Finger verkrallten sich darum, als er mit einem letzten Röcheln starb.
Ein Messer bohrte sich neben Sonjas Kopf in das Deck und nagelte eine Strähne ihres roten Haares auf die Planke. Sie musste einen Teil davon zurücklassen, als sie sich weiter vorwärts kämpfte, indem sie die Ellbogen auf das Holz stemmte. Die Klauen des Toten glitten ihre Beine hinunter und kamen auf den Planken zur Ruhe. Ihre geprellten und blutigen Ellbogen schickten brennenden Schmerz ihre Arme hoch und zu den Handgelenken, aber sie ließ ihr Schwert nicht los.
Ein Stiefel stampfte neben ihr auf. Sonja rollte herum und duckte sich zum Sprung. Als des Angreifers Schwert herabsauste, sprang sie und durchbohrte ihn mit ihrem.
Sofort wirbelte sie herum und duckte sich. Nackt, wie sie jetzt war – wenn man von ihrem Schwertgürtel absah, den Messern und den nemedischen Stiefeln –, sah sie wie eine primitive Kriegsgöttin aus oder eine sagenhafte Amazonenkönigin, die ihr rotbeflecktes Schwert schwang.
Schon war sie wieder mitten im Gemenge. Schreiende Gesichter wirbelten um sie. Sie sah Tio mit einem Trupp seiner Männer den Bug halten und auf jeden einschlagen, der in ihre Nähe kam. Aber es war sinnlos, das war Sonja klar – zu viele Leichen von Seeleuten und Kaufleuten und Edlen lagen herum.
Sie kämpfte sich zu Tio durch, befreite ihn von zwei Angreifern, sprang zur Back hoch und stellte sich neben den Kapitän. Nun klirrten ihre Klingen fast im Einklang, während sie Seite an Seite kämpften, und durch die wirbelnden Blitze von Silber und Rot bemerkte Sonja Urdus – ein Riese in Leder und schwarzen Pelz gekleidet, der sein schweres Schwert schwang, als wäre er damit geboren, und Seemann um Seemann tötete.
Sie hörte die Schreie der Frauen, sah, wie eine von fünf Gesetzlosen auf das Deck geworfen wurde. Sie war keineswegs mehr jung, aber das war diesen Burschen, die mehr von Wut als Lust erfüllt waren, egal. Sie rissen ihr die feinen Gewänder vom Leib, schlugen sie und rissen ihr die Beine auseinander. Sie schrie entsetzlich.
Jemand kam auf Sonja zu; mit gefletschten Zähnen wirbelte sie herum. Sie sah sein Gesicht nicht einmal, nur sein Schwert und einen haarigen, mit dicken Adern durchzogenen Arm, als sie parierte und ihm schließlich die Klinge in den Leib stieß.
»Zu den Booten!« krächzte Tio, sein Atem kam schwer von der Anstrengung.
»Wir können doch nicht …« Ein Stich, ein Aufheulen und ein weiterer Gegner ging vor Sonja zu Boden.
»Wir müssen! Sie weichen zurück. Wir müssen ein Boot losmachen und springen!«
Sonja keuchte. Kein Schwert stach nach ihr. So kam sie dazu, sich umzusehen. Drei Verbannte machten an der Reling gerade einen schreienden Kaufmann nieder.
»Es wird gleich weitergehen«, knurrte Tio. »Der Riese ist hinter ihnen her, damit sie zu plündern aufhören und wieder kämpfen.« Er schaute zum Boot. »Beeilt euch, verdammt!« brüllte er.
»Desmos ist in der Kühl!« rief Sonja plötzlich.
»Lasst ihn dort!«
Tio rannte los. Sonja blickte ihm unentschlossen nach. Schreie schrillten hinter ihr, und ein Messer flog knapp neben ihr vorbei. Sie fluchte. Doch noch sammelten die Verbannten sich zu keinem neuen Angriff. Offenbar plünderten viele von ihnen unter Deck.
Einige von Tios Männern hatten ein Rettungsboot klargemacht. Es war bereits im Wasser und sie sprangen ihm nach. Die Gesetzlosen, die sie beobachteten, überlegten offenbar, ob sie sich noch einmal
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