Die Hüterin der Wölfe (Die Steinzeit-Trilogie) (German Edition)
stürzte auf Anatoo zu, sah sich die Wunde an und führte ihn in Richtung Kittoos Hütte. "Das Mistviech hat mich angefallen." stöhnte Anatoo. "Die Wölfin?" fragte Ibanoo. "Ja, wer denn sonst?" gab Anatoo unwirsch zurück. "Wo ist sie? Sie ist gefährlich!" Ibanoo zeigte Richtung Tanoos Hütte. "Sie kam ganz aufgeregt hier angerannt und lief zwischen den Hütten hin und her. Wir wussten nicht, was los ist, da haben wir sie eingefangen und angebunden." "Das war gut." sagte Battoo. "Wir waren auf dem Weg zur Schlucht. Auf einmal heulte irgendwo ein Wolf. Und einfach so ohne Vorwarnung hat sie Anatoo angesprungen und gebissen. Kann er geheilt werden?" "Das wird schon." beruhigte Nonoo. "Battoo, du erhitzt Wasser und bringst es uns. Ibanoo, verständige die Sippe und sieh dann bitte nach Ilanaas Sohn. Ich kümmere mich um Anatoo." Sie waren in der Hütte angekommen und er legte den Jungen auf seine Schlafstelle.
Battoo ging das Wasser erhitzen und Ibanoo lief den Hügel hinauf, über den vor einer Weile fast die gesamte Sippe verschwunden war. Er legte zwei Finger zwischen die Lippen und ließ nacheinander zwei langgezogene und laute Pfeiftöne hören, die durch die gesamte Landschaft zu klingen schienen. Er wartete einen Moment und wiederholte das Ganze. Und bekam schließlich eine Antwort.
Er ging zurück zu Nonoo, der inzwischen mit dem heißen Wasser und dem Extrakt einer Pflanze die Wunde reinigte und informierte ihn, dass die Männer auf dem Rückweg waren. Dann begab er sich in Ilanaas Hütte.
Auch Pinaa und die Frauen hatten das Zeichen gehört. Es war also etwas passiert oder es bestand Gefahr für das Lager. Die Männer hatten sich auf den Rückweg gemacht. Die Frauen diskutierten. Wenn es gefährlich war, sollten sie lieber nach den Männern eintreffen. Sie beschlossen also noch etwas abzuwarten, obwohl die Mutter von Battoo voller Sorge war. Sie hatten erkannt, dass das Zeichen von Ibanoo kam, also war vielleicht Battoo oder Anatoo etwas zugestoßen.
Als sie schließlich nicht mehr warten konnten, kamen sie nach einem schnellen Marsch fast gleichzeitig mit den Männern beim Lager an.
Ibanoo empfing alle mit der Geschichte vom bösen Wolf. Er drückte Ilanaa den kleinen Sohn in die Arme und schilderte blumig Anatoos abgerissenen Arm. Kittoo und seine Frau rannten sofort zu seiner Hütte und die meisten Sippenmitglieder folgten aufgeregt. Pinaa blieb wie erstarrt zurück. Das konnte nicht sein. Nie im Leben würde die Wölfin einfach so jemanden zerfleischen. Es musste etwas anderes dahinter stecken. Aber was sollte sie jetzt tun? Sie ging erst mal zu ihrer Hütte, um nach der Wölfin zu sehen. Kittoo würde seinem Sohn schon so gut helfen wie er konnte. Die Wölfin saß friedlich und relativ ruhig neben der Hütte, angebunden an den kleinen Pfahl. Sie begrüßte Pinaa freundlich. "Was ist nur passiert?" fragte diese und sah sich die Wölfin genau an. Sie schien wie immer, Pinaa konnte sich das Ganze nicht erklären.
Sie sah ihren Vater aus Kittoos Zelt und auf sie zukommen. Was war wirklich passiert? Und was würde er denken? Tanoo hockte sich neben sie und die Wölfin. Er machte ein sorgenvolles Gesicht. "Es sieht nicht gut aus." sagte er leise. "Ich meine, der Arm ist natürlich noch dran und so viel Blut hat er nicht verloren, aber sie hat ganz schön zugebissen. Er hat starke Schmerzen und vielleicht kann er den Arm nie wieder richtig benutzen." Pinaa sammelte sich einen Moment. Sie musste jetzt versuchen, vernünftig zu argumentieren. "Das tut mir sehr leid für ihn." Sie meinte das in diesem Moment tatsächlich auch so. "Aber ist es denn wirklich sicher, dass es unsere Wölfin war?" Tanoo hob die Augenbrauen. "Wie meinst du das?" Pinaa sah ihn an. "Na, vielleicht war es ein fremdes Tier. Kannst du dir vorstellen, dass sie so etwas tut? Es gibt doch gar keinen Grund dafür." Er sah sie fragend an. "Und warum sollte Anatoo das erfinden? Kind, der Junge hat Schmerzen, er verliert vielleicht einen Arm, das ist doch kein Spiel. Er war mit Battoo unterwegs und beide sagen, dass die Wölfin Anatoo angegriffen hat. Wenn sie von etwas anderem angegriffen worden wären, hätte die Wölfin sie doch verteidigt." "Aber, aber ..." Pinaa kamen nun doch die Tränen. " ... sie hat noch nie jemanden gebissen. Warum sollte sie so was tun? Warum?" Ihr Vater nahm sie in den Arm. "Ich weiß es nicht." sagte er. "Es ist ein Tier. Tiere denken und fühlen nicht wie wir, das weißt du. Vielleicht war sie durch
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