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Die Insel der Mandarine

Die Insel der Mandarine

Titel: Die Insel der Mandarine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Hughart
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gefolgt von sechs seiner
Männer. Sie waren schweißgebadet, als sie uns erreichten, und hechelten wie
abgehetzte Jagdhunde. Ganz offensichtlich war der Hauptmann erfreut über den
Anblick des toten Ungeheuers und fast ebenso erfreut, einen hohen Beamten
anzutreffen, in dessen Hände er die Verantwortung legen konnte. Schneidig
salutierte er vor Meister Li.
    »Hauptmann Hsienpo von der
Kohlenhügel-Wache«, meldete er. »Erhielten einen Hinweis, daß sich verdächtige
Männer an der Familiengruft der Lins herumtrieben. Überraschten fünf
Grabräuber, die mit der größten Unverfrorenheit am hellichten Tag am Werk waren.«
    Der Hauptmann gab sich
keine Mühe, seine Bewunderung für die Diebe zu verheimlichen, die die
patrouillierende Nachtwache umgangen hatten, indem sie eine Arbeitsanweisung
für einen Entwässerungsgraben gefälscht hatten und mit einem fröhlichen Pfeifen
auf den Lippen, Hacken und Schaufeln geschultert, den Berg hinaufmarschiert
waren. Dort hatten sie gebuddelt wie Maulwürfe, und als der Hauptmann und seine
Männer endlich vom Obergärtner alarmiert worden waren (er hatte Verdacht
geschöpft, weil er das gewohnte Schmiergeld für Arbeitsaufträge am Kohlenhügel
nicht erhalten hatte), hatten die Kerle bereits zwei Seitengänge vom
Haupttunnel aus gegraben und Schmuck und Jade-Begräbnisgaben aus zwei Särgen
entwendet. Sie hatten sich eben an einem dritten zu schaffen gemacht, als sich
die Soldaten auf Zehenspitzen von hinten anschlichen.
    »Der Kerl hebt also den
Deckel an und erstarrt wie ein Eisblock, als sich diese scheußlichen Krallen
über den Rand schieben, das gräßliche Etwas da sich im Sarg aufsetzt und ein
Wutgeheul von sich gibt — «
    Der Hauptmann gab einen
sehr anschaulichen Bericht. Die Grabräuber hatten die Beine in die Hand
genommen, den Ch'ih-mei im Nacken, und der Hauptmann hatte seine Männer um sich
geschart und die Verfolgung aufgenommen. Das Ungeheuer hatte den Räubern einen
Gegenstand nachgeschleudert, der aber vom Rücken des einen abgeprallt war, ohne
etwas auszurichten, und dann war es zu einem Wettlauf gekommen, den der
Leichenfresser bei Nacht mühelos gewonnen hätte, doch das grelle Sonnenlicht hatte
seine Wirkung getan und den Räubern die Flucht ermöglicht. Die Soldaten waren
durch ihre schweren Winteruniformen am Vorankommen gehindert worden, aber nun
waren sie endlich hier.
    »Wirklich eine
hervorragende Leistung, Hauptmann !« sagte Meister Li
anerkennend. »Es gibt nicht viele Männer, die die Verfolgung eines Ch'ih-mei
aufgenommen hätten, und wenn nicht eine Beförderung ins Haus steht, sollte mich
das sehr wundern .« Ich sah, wie der weise Mann mit der
Versuchung rang, doch diesmal unterlag die Versuchung.
    »Der Kohlenhügel ist
allerdings nicht mein Bezirk«, bemerkte er bedauernd. »Er unterliegt der
Zuständigkeit des Siegelbewahrers Han-shan - Ihr werdet im Leben keinen
geneigteren Zuhörer für Eure Geschichte finden als Han-shan, dessen Großmutter
von einem Wertiger gefressen wurde -, und wenn Ihr wieder durch das
Familiengrab der Yins zurückgeht, so kürzt Ihr den Weg zu seinem Palast ab.«
    Er verfolgte damit
natürlich eine bestimmte Absicht. Die Soldaten fertigten aus Teilen von
Verkaufsständen eine Trage für die Leiche des Ungeheuers, während Meister Li
sich mit einer unglücklichen Tatsache konfrontiert sah, die einen glücklichen
Herrn betraf: Der Wirt Sechsten Grades Tu konnte gegenwärtig nicht hingerichtet
werden.
    Teufelshand hatte das
Schwert geschwungen und sein Ziel verfehlt, und nun mußten die Wahrsager
bestätigen, daß das Ereignis kein vom Himmel bewirktes Wunder war. Danach mußte
der Kaiser ein neues Todesurteil unterzeichnen, doch der Kaiser befand sich
wieder einmal auf Banditenjagd in Korea. Daher schleppten Teufelshand und seine
Gerichtsdiener den entsetzlichen Wirt zurück in das Verlies im Henkersturm,
während Meister Li und ich die Soldaten und das tote Ungeheuer zum Kohlenhügel
zurückbegleiteten.
    Wir machten uns an den
langen Aufstieg zum Gipfel des Berges, wo das Anwesen der Familie Lin lag. In
dem Grab, das der Leichenfresser bewohnt hatte, fanden sich Berge von
abgenagten Knochen und einige frische Blutflecken, für die Meister Li sich
interessierte.
    »Ihr habt gesagt, das Wesen
warf mit einem Gegenstand, der einen der Räuber im Rücken traf ?« erkundigte er sich. »Es sah so aus«, erwiderte Hauptmann
Hsienpo. »Gleich da drüben .«
    Sie suchten im hohen Gras,
als einer der Soldaten einen lauten,

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