Die Jaegerin
als eine seiner Rippen brach, doch er kümmerte sich nicht um den scharfen Schmerz. Die Rippe würde heilen, ebenso wie die Schusswunde an seinem Arm inzwischen verheilt war. Er sprang sofort wieder auf die Beine und sah sich um. Mihail lag benommen am Fuße der Treppe. Der andere Jäger – Gavril –, der Catherine hinausgestoßen hatte, bückte sich nach seiner Pistole. Daeron rannte los. Er konnte hören, wie Gavril hinter ihm die Waffe aufhob und den Hahn zurücklegte. Von dem leisen metallischen Klicken angetrieben schlug Daeron einen Haken, fort von der Tür, und stieß sich vom Boden ab. Mit einem gewaltigen Satz sprang er durch das Fenster. Das Glas splitterte. Scherben rieselten in einem scharfkantigen Regen auf ihn herab, schnitten in seine Arme und Beine. Daeron kümmerte sich nicht darum. Seine Augen waren auf Catherine gerichtet, die auf dem Platz vor dem Haus kauerte. Er musste sie aus der Sonne bringen, bevor es zu spät war! In seinem Rücken feuerte der Jäger seine Waffe ab. Die Kugel traf ihn im Oberschenkel. Als seine Beine den Boden berührten, knickte das angeschossene Bein unter ihm ein. Daeron ließ sich fallen, rollte sich ab und sprang wieder auf. Ein grauenhaftes Brennen stieg aus seiner Lunge empor und die Kugel in seinem Schenkel schmerzte höllisch, doch es fühlte sich anders an als das Silber zuvor. Aber die Wunde heilte nicht! Jetzt war nur Catherine wichtig! Er überwand die Stufen mit zwei großen Sätzen und ließ sich neben ihr in den Staub fallen. Mit einem Ruck riss er sich seinen Rock vom Leib und wollte Catherine darin einhüllen, um sie zu schützen, doch sie wehrte seine Hände ab. Ihr Blick war in den Himmel gerichtet, die Züge in fassungslosem Erstaunen erstarrt.
»Es brennt nicht«, hauchte sie.
Daeron sah sie mit großen Augen an. Besorgt wanderte sein Blick von ihr zurück zum Haus. Die drei Jäger traten auf die Stufen, die Waffen im Anschlag. Der Bärtige hob seine Pistole und legte auf ihn an. Da drückte Mihail ihm den Lauf nach unten.
»Bist du übergeschnappt?«, fuhr der Bärtige ihn an.
»Sieh doch, Vladimir! Da stimmt etwas nicht!«
»Was soll nicht stimmen?«
Mihail furchte erstaunt die Stirn. »Kein Rauch.«
Erst jetzt erfasste Daeron die Bedeutung hinter Catherines Worten. Es brennt nicht. Das Licht traf auf seine Haut, ohne ihr etwas anzuhaben. Dafür nahm der Schmerz in seinem Bein stetig zu, ebenso wie das Brennen in seiner Lunge. Ein heftiger Stich durchfuhr seine Brust, dann tat er den ersten, schmerzhaften Atemzug seit seinem Tod.
Neben ihm rang Catherine keuchend um Atem. Daeron streckte die Hand nach ihr aus und berührte ihre Wange. Ihre Haut fühlte sich warm an. Langsam glitten seine Finger ihr Gesicht hinab, zu ihrem Hals. Deutlich spürte er das Blut durch ihre Adern rauschen, getrieben von einem regelmäßigen Pulsschlag.
Sein Blick kehrte zu den Jägern zurück. Die drei Männer standen reglos im Schatten des Hauseingangs. Mihails Hand ruhte noch immer auf der Pistole des Bärtigen und hielt den Lauf nach unten gedrückt. Gavril stand mit erhobener Waffe da und starrte den beiden aus zusammengekniffenen Augen entgegen. Ohne die Pistole zu senken, zog er mit der freien Hand eine Kette unter seinem Hemd hervor, streifte sie sich über den Hals und warf sie Daeron entgegen. Daeron wollte danach greifen, dann erkannte er, dass es sich um ein silbernes Kreuz handelte. Er zog die Hand zurück. Das Schmuckstück fiel vor ihm in den Staub.
»Nehmen Sie es«, verlangte Gavril, »und pressen Sie es sich und Ihrer Gefährtin gegen die Wange, sodass wir es deutlich sehen können!«
Daeron zögerte. Der bloße Anblick des Kreuzes bereitete ihm Unbehagen. Ich atme! Die Sonne hat uns nicht verbrannt! Entschlossen griff er nach dem Kreuz und drückte es sich gegen die Wange. Das Metall fühlte sich kühl auf seiner Haut an, keine Spur von Brennen, kein Schmerz und auch kein Geruch von Rauch. Nachdem er sicher war, dass nichts geschah, hielt er Catherine das Kreuz an die Wange. Sie zuckte kurz zusammen, hielt jedoch sofort wieder still. Auch ihr Fleisch blieb unversehrt. Daeron wandte sich den Jägern zu. »Zufrieden?«
Die drei Männer wechselten einen raschen Blick. Schließlich nickte der Bärtige.
»Wo ist Alexandra?«, wollte Gavril wissen.
»In Rosslyn.«
Wieder verständigten sich die Männer mit Blicken. Plötzlich verstauten sie ihre Waffen am Gürtel und stürmten die Stufen nach unten. Daeron richtete sich auf, darauf gefasst, dass
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