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Die Känguru Chroniken

Die Känguru Chroniken

Titel: Die Känguru Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc-Uwe Kling
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dort sind eh nur noch Deko. Die fahren inzwischen alle Benz oder verfliegen ihre Bonusmeilen.«
    »Und was, wenn du zufällig das Fahrrad vom Praktikanten erwischt hast?«, frage ich noch. »Oder das von Ströbele?« Aber der Fahrtwind übertönt meine Worte, als das Känguru mit seinem schicken neuen Fahrrad elegant in den Sonnenuntergang braust.

»Ich hab ein Gedicht von dir in der Zeitung gelesen«, sagt das Känguru.
    »Ach ja?«, sage ich.
    »Zu dieser Wahl da letztens.«
    »Und?«, frage ich.
    Das Känguru nimmt die Zeitung und liest vor:

    »Da hat man also wieder mal
    die Wahl
    doch im Regal
    steht nur die Tütensuppe von Knorr
    und die Tütensuppe von Maggi
    die
    man doch beide nicht will
    wenn man’s genau nimmt.
    Da soll noch mal einer behaupten,
    dass die Nachfrage das Angebot bestimmt.«

    »Jo. Kommt mir bekannt vor«, sage ich.
    »Mir allerdings auch«, sagt das Känguru und nickt bedächtig.
    »Was denn?«, frage ich.
    »Muss ich mir jetzt Sorgen machen, dass alles, was ich heute sage, morgen in deinem Programm auftaucht?«, fragt das Känguru.
    »Ach Quatsch«, sage ich.
    Das Känguru lässt seinen Blick durchs Wohnzimmer schweifen.
    »Benutzt du eigentlich oft dieses Zimmer?«, fragt es.
    »Hä? Wieso?«, frage ich zurück.
    »Eigentlich brauchst du dieses Zimmer nicht, oder?«
    »Wieso? Worauf willst du hinaus?«
    »Nix, nix«, sagt das Känguru, »war nur so ’ne Frage.«

Das Känguru ist vor kurzem bei mir eingezogen. Es hat einfach sein ganzes Zeug rübergeschafft und danach gesagt: »Is okay, oder?«
    Ich hab nix gesagt. Es ist ja sowieso immer hier.
    »Is näher zum Kühlschrank«, hat es noch hinzugefügt. Inzwischen hat es das komplette Wohnzimmer für sich in Beschlag genommen. Es hängt gerade einen Boxsack in der Mitte des Zimmers auf, da klopft jemand an der Tür. Ich öffne. Aha, die Polizei, denke ich.
    »Wir sind die Polizei«, sagt die Polizei.
    »Dacht ich mir’s doch«, sage ich.
    »Wohnt hier ein Känguru?«, fragt die Polizei.
    »Nein«, sage ich automatisch.
    »Dürfen wir reinkommen?«
    »Nein.«
    »Kennen Sie ein Känguru?«
    »Nein.«
    »Nicht bekannt, befreundet, verschwägert mit einem?«
    »Nein.«
    Das Känguru hat mich die Antworten für diese Art Befragung schon prophylaktisch auswendig lernen lassen. Es war sehr einfach.
    »Dürfen wir reinkommen?«
    »Nein.«
    »Hat hier mal ein Känguru gewohnt?«
    »Nein.«
    »Waren Sie beim Vietcong?«
    »Nein.«
    »Verstecken Sie hier ein Känguru?«
    »Nein.«
    »Dürfen wir reinkommen?«
    »Ja. Natürlich!«
    »Wirklich?«
    »Nein.«
    »Sind Sie ein Känguru?«
    »Hab ich ’nen Beutel?«
    »Dürfen wir reinkommen?«
    Ich seufze. »Wolle mer se reinlasse?«, rufe ich in die Wohnung hinein.
    Ein Karnevalstusch, gefolgt von einem lauten »Nein«, schallt aus ihr heraus.
    »Wer war das?«, fragt die Polizei.
    »Das Känguru«, sage ich.
    »Nein«, sagt die Polizei. »Sie veräppeln uns doch bloß.«
    »Ja.«
    »Dürfen wir reinkommen?«
    »Ich mach jetzt die Tür zu«, sage ich freundlich. »Okay?«
    »Sagen Sie uns Bescheid, wenn Sie ein Känguru sehen?«, fragt die Polizei.
    »Na klaro!«, sage ich. »Mein heißer Tipp: Australien!« Dann drücke ich die Tür sachte ins Schloss.
    »Was hast’n angestellt?«, frage ich das Känguru, das sich mit dem Kopf nach unten im Wohnzimmersessel fläzt.
    »Ach …«, sagt das Känguru und winkt gelangweilt ab.
    Ich frage nicht weiter nach. Man muss ja nicht alles wissen.

»Ich habe zwei Gutscheine für ein Essen im Dunkelrestaurant gewonnen«, sage ich zum Känguru. »Kommst du mit?«
    Eine Stunde später führt uns der fast blinde Kellner an unseren Platz in einem völlig abgedunkelten Speisesaal.
    »Man sieht ja gar nix«, sagt das Känguru.
    »Das ist ja der Witz«, sage ich.
    Schweigen.
    »Bist du noch da?«, fragt das Känguru, und gleich darauf schruppt eine Pfote über mein Gesicht.
    »Ey, lass das!«, schimpfe ich. »Soll ich des mal bei dir machen?«
    Ich greife über den Tisch ins Dunkle.
    »Ah! Mein Auge!«, schreit das Känguru. »Ich kann nichts mehr sehen! Ich bin blind! Du hast mich blind gemacht!«
    »Ich kann auch nix sehen!«, sage ich. »Das ist ja der Witz!«
    Ich höre, wie das Känguru in seinem Beutel kramt.
    Plötzlich ist mir, als würde die Sonne vor meinen Augen explodieren.
    »Aaaaaaaah!«, schreie ich. »Ich bin blind.«
    Erbost nimmt der Kellner dem Känguru die High-Energy-Taschenlampe weg, mit der es mir direkt in die Augen geleuchtet hatte.
    »Ich

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