Die Kathedrale des Meeres
Würfeln setzte, hatte jedoch nichts dagegen einzuwenden, bei den Wurf- und Kegelspielen mitzumachen, bei denen der junge Student ein erstaunliches Geschick an den Tag legte.
Doch die größte Freude hatte Joan an den vielen Troubadouren, die in die Stadt geströmt waren, um von den großen Heldentaten der Katalanen zu berichten. »Das ist die Chronik Jaimes I.«, erklärte er Arnau, nachdem sie die Geschichte der Eroberung Valencias gehört hatten. »Das ist die Chronik von Bernat Desclot«, erläuterte er, als ein anderer Troubadour mit seiner Geschichte von den Heldentaten König Pedros des Großen bei der Eroberung Siziliens oder dem französischen Feldzug gegen Katalonien geendet hatte.
»Heute müssen wir auf den Pia d'en Llull gehen«, sagte Joan nach der morgendlichen Prozession.
»Warum?«
»Ich habe gehört, dass dort ein Troubadour aus Valencia auftritt, der die Chronik von Ramon Muntaner kennt.« Arnau sah ihn fragend an. »Ramon Muntaner ist ein berühmter Chronist aus El Ampurdán, der die katalanischen Almogavaren bei ihrer Eroberung der Herzogtümer Athen und Neopatria anführte und vor sieben Jahren die Geschichte dieser Kriege niederschrieb. Es ist bestimmt sehr interessant … Zumindest wird sie der Wahrheit entsprechen.«
Der Pia d'en Llull, eine Freifläche zwischen Santa María und dem Kloster Santa Clara, war zum Bersten voll. Die Leute hatten sich auf den Boden gesetzt und plauderten, ohne den Blick von der Stelle zu wenden, wo der valencianische Troubadour erscheinen musste. Ihm ging ein solcher Ruf voraus, dass sogar einige Adlige gekommen waren, um ihn anzuhören. Sie hatten Sklaven dabei, die Stühle für die ganze Familie schleppten.
»Sie sind nicht da«, sagte Joan zu Arnau, als er den besorgten Blick bemerkte, mit dem sein Bruder die Adligen betrachtete. Arnau hatte ihm von dem Zusammentreffen mit den Puigs in Santa María erzählt. Sie fanden einen guten Platz bei einer Gruppe von Bastaixos, die bereits seit einiger Zeit darauf warteten, dass die Vorführung begann. Arnau setzte sich, nicht ohne vorher noch einmal zu den Adelsfamilien herüberzusehen, die aus der am Boden sitzenden Menge herausragten.
»Du solltest lernen zu vergeben«, raunte ihm Joan zu. Arnaus einzige Erwiderung bestand in einem unfreundlichen Blick. »Ein guter Christ …«
»Nein, Joan«, fiel ihm Arnau ins Wort, »niemals. Ich werde nie vergessen, was diese Frau meinem Vater angetan hat.«
In diesem Moment erschien der Troubadour und die Leute begannen zu applaudieren. Martí de Xàtiva, ein großer, schlanker Mann mit gewandten, eleganten Bewegungen, hob die Hände und bat um Ruhe.
»Ich will euch die Geschichte erzählen, wie sechstausend Katalanen den Orient eroberten und die Türken, Byzantiner, Alanen und alle kriegerischen Völker besiegten, die sich ihnen entgegenzustellen versuchten.«
Erneut brandete Applaus auf dem Pia d'en Llull auf. Auch Arnau und Joan klatschten Beifall.
»Ich will euch auch erzählen, wie der Kaiser von Byzanz unseren Admiral Roger de Flor und viele andere Katalanen ermordete, die er zu einem Fest eingeladen hatte …«
»Verräter!«, schrie jemand dazwischen, worauf die Zuhörer in Verwünschungen ausbrachen.
»Sodann werde ich euch berichten, wie die Katalanen den Tod ihres Anführers rächten und Tod und Verwüstung über den Orient brachten. Dies ist die Geschichte der katalanischen Almogavaren, die im Jahre 1305 unter dem Befehl Roger de Flors in See stachen …«
Der Valencianer verstand es, seine Zuhörer zu fesseln. Er gestikulierte und schauspielerte, und hinter ihm stellten zwei Gehilfen die Szenen nach, die er erzählte. Auch das Publikum beteiligte er an der Darstellung. Er wandte sich an einen der vornehm gekleideten Adligen und bat ihn, nach vorne zu kommen, um Roger de Flor darzustellen. Alle waren mit den Herzen bei den Eroberungen der Almogavaren dabei, bis diese schließlich siegreich das Herzogtum Athen erreichten. Auch dort siegten sie, nachdem sie über zwanzigtausend Mann getötet und Roger Deslaur zu ihrem Hauptmann ernannt hatten, so berichtete der Troubadour. Auf der Burg von Solin gab man ihm die Witwe des Herrn von Solin zur Gemahlin. Der Valencianer suchte einen Adligen aus dem Publikum aus, bat ihn auf die Bühne und stellte ihm eine Frau zur Seite, die erstbeste, die er im Publikum fand und die er zu dem neuen Hauptmann führte.
»Und so«, berichtete der Troubadour, während er den Adligen und die Frau an den Händen fasste,
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