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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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Mar als für mich.«
    »Ihr wisst doch, dass Arnau das Mädchen vergöttert.«
    »Ich meine nicht diese Art von Liebe, Bruder Joan«, sagte sie und senkte die Stimme. Joan richtete sich in seinem Sessel auf. »Ich weiß, dass es Euch schwerfallen wird, mir zu glauben, doch ich bin überzeugt, dass dieses Mädchen, wie Ihr sie zu nennen beliebt, meinem Mann nachstellt. Es ist, als hätte man den Teufel im eigenen Haus, Bruder Joan!« Elionor legte ein Beben in ihre Stimme. »Meine Waffen sind die einer verheirateten Frau, die dem Auftrag der Kirche nachkommen will. Doch immer wenn ich es versuche, stelle ich fest, dass mein Mann von einer Wollust gefangen ist, die ihn daran hindert, mich zu beachten. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll!«
    Deshalb also wollte Mar nicht heiraten! Konnte das wirklich stimmen? Joan erinnerte sich: Die beiden waren immer zusammen. Und wie sie sich in die Arme fielen! Und diese Blicke, und das Lächeln. Wie dumm er gewesen war! Der Maure wusste davon, keine Frage. Deshalb verteidigte er sie.
    »Ich weiß nicht, was ich Euch sagen soll«, entschuldigte er sich.
    »Ich habe einen Plan. Doch dabei benötige ich Eure Hilfe und vor allen Dingen Euren Rat.«

43
    Joan hörte sich Elionors Plan an und es lief ihm kalt den Rücken hinunter.
    »Ich muss darüber nachdenken«, antwortete er.
    An diesem Abend ließ sich Joan beim Essen entschuldigen und schloss sich in seinem Zimmer ein, um Arnau und Mar aus dem Weg zu gehen und Elionors fragendem Blick zu entkommen. Bruder Joan betrachtete seine theologischen Bücher, die sorgfältig in einem Bücherschrank aufgereiht standen. In ihnen musste die Antwort auf seine Probleme zu finden sein. All die Jahre, die er getrennt von seinem Bruder verbracht hatte, hatte Joan nie aufgehört, an ihn zu denken. Er liebte Arnau. Er und sein Vater waren alles gewesen, was er in seiner Kindheit gehabt hatte. Doch diese Liebe war kein ungetrübtes Gefühl. In ihr schwang auch eine Bewunderung mit, die in schlechten Momenten an Neid grenzte. Arnau mit seinem offenen Lächeln und seiner aufgeweckten Art, ein Junge, der behauptete, mit der Jungfrau zu sprechen. Bruder Joan verzog das Gesicht bei der Erinnerung daran, wie er mit allen Mitteln versucht hatte, diese Stimme zu hören. Mittlerweile wusste er, dass es nahezu unmöglich war und nur wenige Auserwählte mit dieser Gnade gesegnet waren. Er hatte gelernt und sich diszipliniert in der Hoffnung, einer von ihnen zu sein. Er hatte gefastet, bis es ihn beinahe die Gesundheit gekostet hätte, doch es war alles vergeblich gewesen.
    Bruder Joan vertiefte sich in die Schriften Bischof Hinkmars von Reims, Leos des Großen und Gratians, in die Paulusbriefe und vieles andere mehr.
    Nur durch die körperliche Verbindung zwischen den Ehepartnern, die Coniunctio sexuum , schrieb der Erste, könne die Ehe ein Ebenbild der Vereinigung Christi mit der Kirche sein. Sie sei das oberste Ziel des Sakraments: Ohne die Carnalis copula gebe es keine Ehe.
    Nur wenn die Ehe auch im Fleische vollzogen werde, habe sie Gültigkeit vor der Kirche, erklärte Leo der Große.
    Auch Gratian, lange vor seiner Zeit Lehrer an der Universität Bologna, vertrat dieselbe Doktrin, nämlich dass das Eheversprechen vor dem Altar untrennbar mit der körperlichen Vereinigung von Mann und Frau verbunden sei, der Verschmelzung zu einem Fleisch. Selbst der heilige Paulus sagte in seinem berühmten Brief an die Epheser: »Wer seine Frau liebt, der liebt sich selbst. Denn niemand hat je sein eigenes Fleisch gehasst; sondern er nährt und pflegt es, wie auch Christus die Gemeinde. Denn wir sind Glieder seines Leibes. Darum wird ein Mann Vater und Mutter verlassen und an seiner Frau hängen, und die zwei werden ein Fleisch sein. Dies Geheimnis ist groß; ich deute es aber auf Christus und die Gemeinde.«
    Bis spät in die Nacht hinein studierte Bruder Joan die Lehren und Schriften der großen Kirchenlehrer. Wonach suchte er? Er schlug eine weitere Abhandlung auf. Wie lange noch wollte er sich der Wahrheit verschließen? Elionor hatte recht: Ohne fleischliche Vereinigung gab es keine Ehe. »Weshalb hast du nicht mit ihr geschlafen? Du lebst in Sünde. Die Kirche erkennt deine Ehe nicht an.« Im Kerzenlicht las er noch einmal Gratian. Ganz langsam glitt sein Finger über die Zeilen, auf der Suche nach etwas, von dem er genau wusste, dass es nicht existierte. »Die Ziehtochter des Königs! Der König hat dir sein Mündel anvertraut, und du hast nicht mit ihr

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