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Die Knochen der Goetter

Die Knochen der Goetter

Titel: Die Knochen der Goetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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zufrieden über seine gelungene Fangfrage. »Hat jemand eine andere Idee?«
    Rufus überlegte. Mais, das wusste er, hatten schon die Maya gegessen. Das war ihm aufgefallen, als er im Museum gesehen hatte, dass es bei ihnen noch viel mehr Maissorten gab als den gelben Mais, den hier jeder kannte. Und in ganz anderen Farben. Der Mais der Maya war blau, rot und braun und die Kolben hatte viele verschiedene Größen.
    Rufus richtete sich zögernd auf. »Vielleicht von den Maya?«, schlug er vor.
    »Jawohl, sehr gut!«, jubelte Meister Spitznagel. »Drei Erkenntnispunkte für dich, Rufus.«
    Rufus strahlte. Er hatte die richtige Antwort gegeben und drei Punkte bekommen. Glücklich blickte er sich um.
    Im selben Moment schoss Coralia an ihrem Platz in die Höhe. »Drei Punkte, nur weil er Maya sagt? So leicht möchte ich mir meine Punkte auch mal verdienen. Der Mais ist schon immer das Hauptgericht der Maya gewesen, das weiß doch jeder. Neben Bohnen und Kürbis natürlich. Und das hat sich über die Jahrtausende auch nicht sehr geändert. Und natürlich haben sie auch das Popcorn aus dem Puffmais erfunden. Die archäologischen Funde der ersten Popkörner lassen sich auf etwa 4000 vor Christus datieren.«
    Meister Spitznagel seufzte. »Drei Punkte auch für dich, Coralia. Und zum nächsten Unterricht kannst du raussuchen, wo und wann es als normal galt, Sauerkraut mit Austern und Weißwein zu genießen. Aber jetzt genug mit den fachlichen Auseinandersetzungen.« Er hob die Hände. »Ab jetzt heißt es nur noch: Lasst es euch schmecken. Es gibt heute noch Gerstenbrot mit Zwiebel, das Essen der armen Bevölkerung aus Ägypten, Lamm mit Hammelfleischfett, Früchten, Nüssen und Eiern aus Arabien, wie dort üblich in einem einzigen Topf gekocht. Und zum Abschluss biete ich euch eine original römische Mensa Secunda aus Feigen und Datteln, ein paar Granatäpfel sowie die ursprünglichste aller römischen Nachspeisen: kalte Muscheln und Austern.«
    Er sah No, der auf einmal ganz grün im Gesicht wurde, mit einem belustigten Seitenblick an. »Und falls jemand von euch gerade keinen Appetit auf kalte Muscheln hat, bekommt er auch honiggetränkten Weizenkuchen.«
     
    Eine halbe Stunde später waren Filine, Rufus und No genau bei diesem Kuchen angekommen.
    Meister Spitznagel wanderte durch die Reihen der Essenden und teilte den Kuchen mit einem abgenutzten, alten Messer, das er aus seiner Lederscheide am Gürtel gezogen hatte, in dicke Scheiben, die er anschließend aufspießte und den Lehrlingen auf die Holzteller gleiten ließ.
    Als der Speisenmeister das Messer zurückzog, bemerkte Rufus, dass dieses an der Schneide einige dunkle Flecken hatte. Sie glänzten wie Öllachen auf der Straße und erinnerten Rufus an irgendetwas.
    Plötzlich zuckte der Lehrling zusammen. Während des Essens und dem Geplänkel mit Coralia hatte Rufus nicht mehr an sein Fragment gedacht, aber jetzt wurde ihm schlagartig klar, dass diese Flecken genau die gleiche dunkle Färbung hatten wie die, die er auf seinem Fragment bemerkt hatte.
    »Meister Spitznagel!«, rief er. »Ihr Messer – aus was ist Ihr Messer?«
    Der Kochmeister wandte sich um. »Aus Silber. Ich habe es von meiner Großmutter. Sie hat es ihr Leben lang in der Küche benutzt und ich mache es aus alter Anhänglichkeit genauso. Auch wenn Silber gar nicht in die Küche gehört. Es läuft mir andauernd an. Da kann man nichts machen.«
    Er zwinkerte Rufus zu. »Jetzt habe ich aber auch eine Frage an dich. Was aß man denn eigentlich vor tausend Jahren in Frankreich?«
    Rufus sah Hilfe suchend zu No und Filine. Aber die beiden beugten schnell die Köpfe über den silbernen Teller und widmeten sich hingebungsvoll ihrem Honigkuchen.
    »Ich weiß es nicht«, gab Rufus zu.
    »Das solltest du aber! Stell dir vor, du kommst demnächst in eine dir unbekannte Zeit. Du landest dort völlig unvermutet und weißt nicht, wo du bist. Was machst du dann?«
    »Sie meinen in einer Flut?« No hatte aufgehört zu kauen.
    »Genau das meine ich«, gab Meister Spitznagel zurück und sah Rufus an.
    »Ich folge natürlich ähm …« Rufus überlegte. »Na, also ich folge dem, was ich wichtig finde.«
    »Was dir wichtig erscheint, aha!« Der Kochmeister spitzte die Lippen. »Und das meinst du, siehst du sofort? Vielleicht musst du ja zuerst einmal herausfinden, wo du eigentlich bist. Stell dir vor, du befindest dich in einem Saal und du siehst die Menschen dort als Erstes beim Essen. Und zwar gebratene Tauben mit

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