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Die Knochen der Goetter

Die Knochen der Goetter

Titel: Die Knochen der Goetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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Archäologen wären die, die mit dem gefühlten Blick des Kenners einfach sehen könnten, ob ein Kunstwerk echt wäre oder nicht? Das habe ich mal im Museum gelesen. Und das haben sich dann natürlich viele Fälscher zunutze gemacht und diese eitlen Besserwisser reingelegt. Trotzdem spielt ein Grundgefühl bei all dem eine Rolle.«
    No lachte. »Na toll, ihr Gefühls-Experten. Und was steht jetzt dazu in dem Katzenbuch? Darf ich mal?«
    Er nahm Rufus das Buch aus der Hand und schlug es auf. Dann ließ er es verblüfft wieder sinken.
    »Mit deinem Grundgefühl scheint es aber nicht sehr weit her zu sein.« Er grinste und zeigte auf ein paar Zeichnungen. »Das Buch ist gar nicht über Katzen mit Fell! Hier geht es um Katzen in der Kunst. Skulpturen, Bilder, was weiß ich. Aber nicht um echte Tiere.«
    »Tatsächlich?« Rufus sah erstaunt in das Buch. »Aber dann sind wir hier ja völlig falsch. Tut mir leid, ich hatte noch gar nicht reingeguckt.«
    No nickte. »Sieht ganz so aus. Aber egal, das rote Fell ist trotzdem ein ziemlicher Bringer. Und wenn ihr nichts dagegen habt, gehe ich jetzt in mein Zimmer. Ich bin nämlich echt müde.«
    No drehte sich um und Filine und Rufus folgten ihm.
    Kurz darauf hatten sich die drei Lehrlinge an der Wendelrampe voneinander verabschiedet und Rufus betrat alleine sein Zimmer.
    Auch er war sehr müde. Dieser erste Tag in der Akademie war mehr als aufregend gewesen. Trotzdem wollte er noch nicht schlafen. Rufus schaltete eine alte Stehlampe mit einem Schirm aus Pergament an, die ein warmes Licht verbreitete, legte das Buch auf seinen Schreibtisch und ließ sich in einen bequemen Sessel fallen.
    Er sah aus dem Fenster, hinter dem die Dächer in tiefer Dämmerung lagen. Wieso hatte er bei dem Buch über Katzen sofort an das Fell gedacht? Oder andersherum – wieso hatte er bei dem Riesenfell an eine Katze gedacht? Etwa nur, weil ihn das Buch gestreift hatte? No hatte recht, das war wirklich nicht gerade ein Zeichen von besonderer Intuition.
    Rufus schüttelte den Kopf. Er fand keine Antwort auf diese Frage. Aber irgendetwas beschäftigte ihn, und irgendwie hatte es mit Katzen zu tun oder mit Büchern oder Fellen …
    Vielleicht war es ja einfach die Akademie, die dafür sorgte, dass man sich zu allem Möglichen Fragen stellte. Aber vielleicht war er auch einfach nur etwas überdreht.
    Rufus schloss die Augen.
    Heute Nacht würde er erst zum zweiten Mal hier schlafen. Und doch fühlte es sich schon ganz anders an als die Nacht zuvor. Er war viel weniger alleine. Und er war sich jetzt um einiges sicherer, dass er wirklich hier sein wollte.
    Langsam ließ er seine Hände an den Lederbeutel gleiten.
    Sein Fragment.
    Was wohl No und Filine jetzt machten? Ob sie auch in ihren Zimmern saßen und versuchten, mit ihren Fragmenten Kontakt aufzunehmen?
    Entschlossen machte Rufus die Augen wieder auf, zog den Beutel vom Gürtel und öffnete die Kordel. Er drehte ihn um und ließ das schmale Stück Metall in seine Handfläche fallen.
    Diesmal spürte er keine Wärme. Das Metall war grau und schwer. Und doch merkte Rufus, dass ihn etwas mit diesem winzigen Stück verband. Er musterte die dunkleren Flecken auf der Oberfläche. Nach dem, was Meister Spitznagel gesagt hatte, handelte es sich höchstwahrscheinlich um Silber. Hatte er je im Leben schon mit Silber zu tun gehabt? Aber ja! Rufus blickte auf und schaute zu dem gerahmten Foto seiner Mutter auf der Kommode. Der Rahmen war ebenfalls aus Silber. Er glänzte teuer und hell. Dagegen war das Stück in seinen Händen einfach nur stumpf und hässlich.
    Rufus schloss die Hand um sein Fragment. Minster hatte es ihm gebracht. In diesem ersten Moment hatte Rufus rotes Sonnenlicht gesehen. Aber was sollte das miteinander zu tun haben? Silber und rotes Sonnenlicht? Und ein Buch, das ihn gestreift hatte? Rufus merkte, wie ihm die Augen zufielen. Wie konnte er einen Weg zwischen all diesen verrückten Fragen finden?
    Rufus gähnte und steckte das Fragment zurück in den Beutel. Das Zimmer war angenehm warm. Und der alte Sessel wunderbar bequem. Rufus bettete den Kopf gegen die hohe Rückenlehne und zog die Füße auf die Sitzfläche. Der alte Stoff roch wie irgendetwas. Wie warmer Stein, über den Rauch zog. Oder wie heißes, duftendes Wachs.
    Rufus atmete den Geruch ein.
    Dann war er eingeschlafen.
     
    Ein lautes Klopfen weckte ihn.
    »Mama?« Rufus blinzelte. Helles Morgenlicht fiel in seine Augen. Er saß immer noch in dem Sessel. Er musste hier

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