Die Knochen der Goetter
›Antiker Kochkunstkunde‹. Bei mir gibt es noch Einiges mehr zu lernen als nur die Zubereitung eitler römischer Gelage.«
Er nickte ihnen zu und machte sich auf den Weg zum nächsten Essplatz. Plötzlich blieb er noch mal stehen und sah Rufus an.
»Was ich vergaß, dir zu sagen, Rufus. Käsebrote können sehr gut schmecken. Aber du hast auch recht, der Käse darf niemals zu kalt sein. Er entfaltet sonst weder Geschmack noch Aroma.«
Der Junge
Nach dem Essen machten sich die Lehrlinge auf den Weg in ihre Zimmer.
Rufus hatte es eilig. Er hatte es No und Fili nicht gesagt, aber er wollte nur kurz das Buch ins Zimmer bringen und sich dann sofort mit seinem Fragment beschäftigen. Meister Spitznagels Messer hatte ihn auf eine Idee gebracht, über die er mehr herausfinden musste.
Sein Fragment hatte ähnliche Flecken wie das Messer des Meisters, also konnte es aus Silber sein. Und obwohl Rufus nicht wusste, wie genau er darüber forschen sollte, wollte er auf alle Fälle noch einmal in die Bibliothek gehen und nachsehen, ob sich dort etwas über Silber finden ließ.
Während hinter den dreien das Stimmengewirr aus dem Speisesaal verklang, drückte Rufus das große Buch an seine Brust.
»Was willst du eigentlich wirklich damit?«, fragte Filine, die das runde Treppenhaus als Erste erreichte und begann, die steile Wendelrampe hinaufzusteigen. Jungen- und Mädchentrakt der Lehrlinge lagen ungefähr auf gleicher Höhe.
»Ach, das war nur …« Rufus lächelte verlegen. »Ich habe heute morgen dieses Fell gesehen und als das Buch angesegelt kam, dachte ich, ich könnte mal gucken, ob es so ein Katzenfell gibt oder einen Vorfahren von Katzen mit solchem Fell.«
»Welches Fell?«, fragte Filine.
»Es hängt dahinten, in einem Saal vor der Werkhalle.«
»Ein Katzenfell«, wiederholte Filine und fasste an ihren Beutel. »Hättest du was dagegen, wenn wir uns das zusammen ansehen?«
»Nein«, sagte Rufus erstaunt. »Überhaupt nicht.«
»Ich würde auch mitkommen. Aber lieber erst morgen!«, meinte No. »Nach diesem Jahrtausendessen kann ich keinen Schritt mehr machen. Ich fühle mich im Moment mindestens so aufgepumpt wie der Koloss von Rhodos.«
»Oh, aber morgen wird es dir bestimmt nicht besser gehen.« Filine sah No herausfordernd an. »Ich habe gesehen, dass Meisterin Abel und Meister Hardy direkt nach dem Aufstehen ›Antike olympische Disziplinen‹ anbieten. Da willst du doch bestimmt dabei sein?«
»Was?«, stöhnte No. »Habt ihr Meister Hardy vorhin im Speisesaal gesehen? Er hat jeden Gang dreimal gegessen. Und Meisterin Abel hat auch ziemlich viel gefuttert, obwohl sie so schlank ist.«
»Das geht bei ihr bestimmt alles in die Kampfmuskeln«, grinste Filine. »Ich möchte wirklich sehen, ob du in irgendeiner Sportart auch nur eine Minute mit ihr mithältst.«
Rufus musste lachen. »Na gut, dann gehen wir morgen zusammen zum Frühsport. Ich bin auch neugierig nach dem Auftritt heute. Aber was ist, sehen wir uns jetzt noch das Fell an?«
No fuhr sich über den Bauch. »Ach, was soll’s, Leute«, stöhnte er dann. »Nehmen wir zum Nachtisch eben noch einen Happen vom Baum der Erkenntnis!« Er lachte seine neuen Freunde an, und sie machten sich auf den Weg.
Einige Ecken und Gänge später standen die Lehrlinge im Halbdunkel zwischen spiegelnden Vitrinen vor dem mächtigen roten Fell.
Sprachlos betrachtete Filine das gewaltige Fragment. »Was soll das denn sein? So große Tiere gibt es doch gar nicht.«
»Heute nicht mehr«, stimmte Rufus ihr zu. »Aber wenn man bedenkt, dass es nur ein Fragment ist, dann muss es irgendwann einmal sogar noch viel größere Tiere gegeben haben als das Fellstück, das wir hier sehen.«
»Und wieso glaubst du, dass es eine Katze war?«, fragte No misstrauisch. »Bei so einem Riesenvieh würde ich eher sagen, es war ein ziemlich behaarter Dinosaurier.«
»Darüber habe ich, ehrlich gesagt, gar nicht nachgedacht«, antwortete Rufus. »Es war nur, weil mir das Buch in die Arme geflattert ist.«
Filine nickte. »Ein Gefühl«, sagte sie bestimmt. »So, wie es einen überkommt, wenn man sein Fragment erkennt.«
»Ja«, antwortete Rufus. »Das ist schon merkwürdig an diesem Haus. Manchmal hat man einfach ein Gefühl, dass etwas stimmt oder wichtig ist.«
»Aber das Gefühl kann einen auch täuschen«, entgegnete No.
»Dann muss man es eben überprüfen«, sagte Filine.
»Genau«, bestätigte Rufus. »Wisst ihr, dass Archäologen früher behauptet haben, die besten
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