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Die Kunst des Pirschens

Titel: Die Kunst des Pirschens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Augenblicke. Sie sagte mir, sie habe beschlossen, mich nicht mehr zu unterweisen, weil es vorteilhafter für mich sei, mich nur mit Dona Soledad auseinander zusetzen.
    Dona Soledad und ich trafen uns etliche Male, aber was bei unseren Begegnungen stattfand, ist für mich völlig unbegreiflich. Jedesmal, wenn wir zusammenkamen, ließ sie mich vor der Tür ihres Zimmers niedersitzen und nach Osten blicken. Sie setzte sich zu meiner Rechten, wobei sie mich berührte; dann hielten wir das Kreisen der Nebelwand an, und danach saßen wir mit dem Gesicht nach Süden und blickten in ihr Zimmer.
    Das Kreisen der Wand anzuhalten, hatte ich bereits mit la Gorda gelernt; nun kam es mir so vor, als wolle Dona Soledad mir helfen, einen anderen Aspekt dieser Wahrnehmungsfähigkeit zu erkennen. Mit la Gorda zusammen hatte ich ganz richtig herausgefunden, daß nur ein Teil von uns die Wand anhielt. Es war, als ob ich mich plötzlich in zwei teilte. Ein Teil meines gesamten Selbst blickte geradeaus nach vorne und sah eine unbewegliche Mauer zu meiner Rechten; während ein anderer, größerer Teil meiner selbst sich um 90 Grad nach rechts gedreht hatte und die Mauer anstarrte.
    Jedesmal wenn Dona Soledad und ich die Mauer anhielten, beschränkten wir uns darauf, sie anzustarren; nie betraten wir das Gebiet zwischen den parallelen Linien, wie die Nagual-Frau, la Gorda und ich es viele Male getan hatten. Dona Soledad ließ mich jedesmal in den Nebel starren, als ob der Nebel eine spiegelnde Glasscheibe wäre. Dann erlebte ich die allererstaunlichste Spaltung. Es war, als raste ich mit halsbrecherischer Geschwindigkeit dahin.
    Ich sah, wie sich im Nebel Teile einer Landschaft formten, und plötzlich befand ich mich in einer anderen physischen Realität. Es war eine bergige Gegend, zerklüftet und ungastlich. Dona Soledad fand sich dort immer in Gesellschaft einer lieblichen Frau, die schallend über mich lachte.
    Meine Unfähigkeit, mich zu erinnern, was wir danach taten, war für mich noch schmerzlicher als meine Unfähigkeit, mich zu erinnern, was die Nagual-Frau, la Gorda und ich in dem Gebiet zwischen den parallelen Linien taten. Mir schien es, als beträten Dona Soledad und ich eine andere Ebene der Bewußtheit, die mir unbekannt war. Ich befand mich bereits, wie ich meinte, in meinem schärfsten Bewußtseinszustand, und doch gab es noch einen schärferen. Dieser Aspekt der zweiten Aufmerksamkeit, den Dona Soledad mir offenbar zeigen wollte, war noch komplexer und unzugänglicher als alles andere, was ich bis dahin erlebt hatte. Das einzige, woran ich mich erinnern konnte war ein Gefühl, als hätte ich mich sehr viel bewegt, eine körperliche Empfindung, wie etwa, wenn man meilenweit marschiert oder auf wilden Bergpfaden gewandert ist. Auch hatte ich die klare körperliche Gewißheit -wiewohl ich nicht ergründen konnte, warum -, daß Dona Soledad, die Frau und ich Worte, Gedanken und Gefühle miteinander austauschten; aber diese konnte ich nicht festhalten.
    Nach jeder Begegnung mit Dona Soledad schickte Florinda mich sogleich fort. Dona Soledad gab mir nur wenig verbalen Feedback. Es kam mir so vor, als habe ihr Dasein in diesem gesteigerten Bewusstheitszustand eine so nachhaltige Wirkung auf sie, daß sie kaum sprechen konnte. Es gab nämlich außer der lieblichen Frau noch etwas, das wir in dieser zerklüfteten Landschaft sahen, oder etwas, das wir miteinander taten und das uns den Atem raubte. Sie konnte sich an nichts erinnern, so sehr sie sich auch bemühte.
    Ich bat Florinda, mir das Wesen meiner Reisen mit Dona Soledad zu erklären. Sie sagte, daß es ein Teil ihrer in letzter Sekunde gegebenen Anweisungen gewesen sei, mich in der Weise, wie Pirscher es tun, in die zweite Aufmerksamkeit eintreten zu lassen, und daß Dona Soledad besser befähigt sei als sie selbst, mich in die Sphäre der Pirscher einzuführen.
    Bei der Begegnung, die unsere letzte sein sollte, erwartete Florinda mich auf dem Flur, wie sie dies am Anfang unseres Unterrichts zu tun pflegte. Sie nahm meinen Arm und führte mich ins Wohnzimmer. Wir setzten uns. Sie ermahnte mich, ich solle jetzt noch nicht versuchen, meine Reisen mit Dona Soledad zu verstehen. Sie erklärte mir, daß Pirscher sich in der Art, wie sie die Welt um sie her benutzten, ganz wesentlich von den Träumern unterschieden und daß Dona Soledad nichts anderes versucht habe, als mir zu helfen, meinen Kopf umzudrehen.
    Als Don Juan mir dieses Konzept - den Kopf eines Kriegers in eine neue

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