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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Richtung und Konsequenz unseres Lebens verändern.« Zum Abschluß unseres Gesprächs über das Träumen ermahnte mich Don Juan, nicht nur über seine Worte nachzudenken, sondern sie, durch immerwährende Wiederholung, in meine Lebenspraxis einzubauen. Alles Neue im Leben, sagte er, so auch die Ideen der Zauberei, die er mich lehrte, müßte uns dauernd wiederholt werden, bis wir es annehmen könnten. Solche Wiederholung sei schließlich auch die Methode, durch die wir von unseren Erziehern sozialisiert werden, um in der Welt unseres Alltags zu funktionieren.
    Als ich dann meine Traumübungen fortsetzte, lernte ich, mir des Einschlafens voll bewußt zu werden; und ich lernte auch, in einem Traum innezuhalten, um bewußt alles zu untersuchen, was zum Inhalt dieses Traums gehörte. Diese Erfahrung war für mich ein echtes Wunder.
    Don Juan hatte gesagt, daß wir. wenn wir unsere Träume zu kontrollieren lernen, auch unsere Traum-Aufmerksamkeit zu beherrschen lernen. Er hatte recht, wenn er sagte, daß die Traum- Aufmerksamkeit immer dann aktiv wird, wenn wir sie wachrufen und ihr ein Ziel setzen. Diese Aktivierung ist eigentlich nicht das, was wir als einen Prozeß verstehen: nämlich eine Reihe von Operationen oder Funktionen, die schließlich zu einem Resultat führen. Vielmehr ist es wie ein Erwachen. Etwas, das in uns schlummerte, wird plötzlich aktiv und wirksam.

3. Die zweite Pforte des Träumens
    Mit Hilfe meiner Traumübungen fand ich heraus, daß ein Traumlehrer eine didaktische Synthese herstellen muß, um einen bestimmten Sachverhalt hervorzuheben. So stellte mir Don Juan zunächst die Aufgabe, meine Traum-Aufmerksamkeit zu üben, indem ich sie auf verschiedene Gegenstände meiner Träume konzentrierte. Als Hilfsmittel schlug er mir dabei vor, mir des Einschlafens bewußt zu werden. Es war nur ein Vorwand, wenn er behauptete, wir hätten, um uns des Einschlafens bewußt zu werden, nur die Möglichkeit, die Inhalte unserer Träume zu untersuchen.
    Denn kaum hatte ich mit den Traumübungen angefangen, als mir klar wurde, daß die Einübung der Traum-Aufmerksamkeit überhaupt das Entscheidende beim Träumen ist. Verstandesmäßig scheint es unmöglich, im Traum das Bewusstsein zu trainieren. Aber die treibende Kraft eines solchen Trainings, sagte Don Juan, sei die Wahrnehmung. Sie sei viel ausdauernder als der Verstand mitsamt seinen rationalen Vorbehalten. Unter dem Ansturm der Wahrnehmung müßten die rationalen Barrieren irgendwann fallen - und dann könne sich die Traum-Aufmerksamkeit entfalten.
    Ich übte mich also darin, meine Traum-Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Gegenstände meiner Träume zu konzentrieren und deren Bild festzuhalten. Dabei empfand ich allmählich ein so bemerkenswertes Selbstvertrauen, daß ich Don Juan um eine Erklärung bitten mußte.
    »Du bist in den Zustand der zweiten Aufmerksamkeit eingetreten, und dies gibt dir ein solches Selbstvertrauen«, sagte er. »Was du jetzt brauchst, ist noch mehr nüchterne Besonnenheit. Geh langsam voran, bleibe aber nicht stehen, und vor allem: sprich nicht darüber; tu es einfach.«
    Daraufhin erzählte ich ihm. daß ich praktische Bestätigung gefunden hätte für etwas, das er mir schon früher einmal sagte: nämlich, daß die Bilder im Traum sich nicht auflösen, wenn man die Gegenstände eines Traumes nur mit flüchtigen Blicken betrachtet. Schwierig sei nur. meinte ich. eine anfängliche Barriere zu überwinden, die uns hindere, uns die Träume bewußt zu machen. Ich fragte Don Juan nach seiner Meinung, denn ich glaubte ernstlich, daß es sich um eine psychologische Barriere handele, entstanden durch unsere Sozialisierung, die uns ja lehrt. Träume zu unterschätzen.
    »Diese Barriere ist mehr als bloße Sozialisierung«, antwortete er. »Es ist die erste Pforte des Träumens. Jetzt, da du sie überwunden hast, bist du erstaunt, daß wir im Traum nicht innehalten können, um bewußt die Gegenstände unserer Träume zu betrachten. Aber wiege dich nicht in falscher Sicherheit. Die erste Pforte des Träumens hat etwas mit dem Energiestrom im Universum zu tun. Sie ist ein natürliches Hindernis.«
    Don Juan und ich vereinbarten dann, daß wir nur im Zustand der zweiten Aufmerksamkeit über das Träumen sprechen wollten - und nur dann, wenn er es für nötig hielt. Einstweilen ermutigte er mich, ruhig weiter zu üben, und versprach mir auch, sich nicht einzumischen.
    Es gelang mir nun immer besser, meine Träume zu arrangieren. Dabei erlebte

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