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Die Kunst des Träumens

Die Kunst des Träumens

Titel: Die Kunst des Träumens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlos Castaneda
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Stimme hörst, die auf dich einredet, dann werde einfach wütend und rufe: Hör auf!« Nun hatte ich eine neue Aufgabe beim Träumen, nämlich mich zu erinnern, daß ich diesen Befehl rufen sollte. Wahrscheinlich aber war ich so wütend über das dauernde Nörgeln, daß ich mich tatsächlich erinnerte und rief: »Hör auf!« Das Nörgeln hörte sofort auf und wiederholte sich nie wieder.
    »Haben alle Träumer solche Erfahrungen?« fragte ich Don Juan, als ich ihn wiedersah. »Manche ja«, antwortete er gleichgültig.
    Ich wollte schon anfangen zu erzählen, wie merkwürdig dies alles gewesen sei. Aber er unterbrach mich und sagte: »Du bist jetzt bereit für die zweite Pforte des Träumens.« Dies war für mich die Chance, endlich Antworten auf Fragen zu finden, die ich ihm schon lange stellen wollte. Vor allem beschäftigte mich noch immer das Erlebnis, als er mich zum erstenmal in den Zustand des Träumens versetzt hatte. Damals konnte ich die Elemente des Traumes mit solcher Leichtigkeit beobachten, sagte ich zu Don Juan. Nie wieder hätte ich solch eine Klarheit und Genauigkeit aller Details erlebt. »Je länger ich darüber nachdenke«, sagte ich, »desto erstaunlicher kommt es mir vor. Als ich in diesem Traum die Menschen beobachtete, empfand ich eine unerklärliche Angst und Abneigung. Was war das für ein Gefühl. Don Juan?«
    »Ich glaube, dein Energiekörper hatte sich damals in die fremde Energie dieser Stadt eingeschaltet und sich gut amüsiert. Deine Angst und Abneigung waren ganz natürlich: zum erstenmal lerntest du fremde Energie kennen.
    Übrigens zeigst du ähnliche Neigungen wie die Zauberer der Vorzeit. Sowie die Gelegenheit sich bietet, lässt du deinen Montagepunkt los. Damals verlagerte er sich sehr weit. Folglich bist du - wie einst die alten Zauberer - über die Grenzen der uns bekannten Weit hinausgereist. Eine reale, aber sehr gefährliche Reise.«
    So aufschlußreich Don Juans Worte auch sein mochten, musste ich ihm doch eine Frage stellen, die mich noch stärker bewegte: »War diese Stadt etwa auf einem anderen Planeten?«
    »Man kann das Träumen nicht mit bekannten oder scheinbar bekannten Vorstellungen erklären« sagte er. »Nur dies kann ich dir verraten: die Stadt, die du damals besuchtest, gehörte nicht zu dieser Welt.«
    »Wo war sie denn?«
    »Natürlich jenseits dieser Welt. Begreifst du nicht? Es war das erste, was dir auffiel. Aber du tapptest im Dunkeln, weil du dir jenseits dieser Welt nichts vorstellen kannst.«
    »Wo ist denn dieses >jenseits dieser Weite, Don Juan?«
    »Das Unheimlichste an der ganzen Zauberei, glaube mir. ist jene Konfiguration, die wir >jenseits dieser Welt< nennen. Du nahmst zum Beispiel an. ich hätte dieselben Dinge gesehen wie du. Der Beweis? Du hast mich niemals gefragt, was ich eigentlich gesehen habe. Du - nur Du - sahst eine Stadt und Menschen in dieser Stadt. Ich sah nichts dergleichen. Ich sah Energie. >Jenseits dieser Welt< war also für dich - und einzig bei dieser Gelegenheit - eine Stadt.«
    »Dann aber, Don Juan, war es keine wirkliche Stadt. Dann existierte sie nur für mich, in meinem Kopf.«
    »Nein, das nicht. Du versuchst jetzt, etwas Transzendentes auf etwas Irdisches zurückzuführen. Das ist unzulässig. Diese Reise war real. Du sahst sie als Stadt. Ich sah sie als Energie. Keiner von uns hat recht oder unrecht.«
    »Es verwirrt mich immer, wenn du von Dingen sprichst, die real sein sollen. Vorhin sagtest du. wir hätten einen realen Ort jenseits dieser Welt erreicht. Doch wenn er real war. wie können wir dann zwei verschiedene Bilder davon haben?«
    »Ganz einfach. Wir haben zwei Bilder, weil wir damals zwei verschiedene Grade von Gleichförmigkeit und Kohäsion hatten. Ich habe dir doch erklärt, daß diese zwei Eigenschaften der Schlüssel zur Wahrnehmung sind.«
    »Glaubst du, ich kann diese Stadt noch einmal besuchen?«
    »Da bin ich überfragt; ich weiß es nicht. Oder vielleicht weiß ich es, will es aber nicht erklären. Oder vielleicht könnte ich es erklären, will aber nicht. Du wirst also warten und selbst herausfinden müssen, wie es sich verhält.«
    Und er war nicht bereit, weiter über das Thema zu sprechen. »Zurück zur Sache«, forderte er mich auf. »Die zweite Pforte der Wahrnehmung ist erreicht, wenn wir aus einem Traum in einen anderen Traum erwachen. Wir mögen so viele Träume träumen, wie wir wollen. Aber wir müssen sie kontrollieren und dürfen nicht in dieser uns bekannten Welt aufwachen.« Ich

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