Die Landkarte der Liebe
Stufen auf einmal, dann war er schon an ihrer Tür. Sie öffnete, er trat ein und schloss sie gleich in seine Arme. »Schatz!«, sagte er. »Mein armer Schatz.«
Katie drückte ihr Gesicht an sein Jackett. Der raue Wollstoff kratzte an ihrer Haut.
»Dir ist eiskalt. Komm, wir können hier nicht stehen bleiben.«
Er führte sie ins Wohnzimmer. Sie kauerte sich auf den Rand des cremefarbenen Ledersofas. Das ist, als würde man sich auf Vanillepudding setzen , hatte Mia an dem Morgen gescherzt, als es geliefert wurde.
Ed zog sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern, rieb ihr mit sanften, kreisenden Bewegungen über den Rücken. Dann ging er in die Küche. Katie hörte, wie er den Boilerschrank öffnete und die Heizung einschaltete, die sich rumpelnd in Betrieb setzte. Wasser rauschte, als er den Kessel füllte, danach wurden Schubladen, Schränke und der Kühlschrank geöffnet und wieder geschlossen.
Er kam mit einem Tee zu ihr zurück, aber Katie streckte ihre Hände nicht der Tasse entgegen. »Katie.« Ed hockte sich vor sie, damit sie auf Augenhöhe waren. »Du stehst unter Schock. Versuche, etwas zu trinken. Das wird dir guttun.«
Er hielt ihr die Tasse an die Lippen, und sie nippte gehorsam. Als der süÃe milchige Geschmack auf ihre Zunge traf, musste sie würgen. Sie torkelte an Ed vorbei, die Hand auf den Mund gepresst. Seine Jacke glitt von ihren Schultern und fiel auf den Boden.
Katie beugte sich über das Waschbecken, erbrach sich auf die weiÃe Keramik.
Ed stand hinter ihr. »Tut mir leid â¦Â«
Sie lieà sich kaltes Wasser über die Hände laufen und spritzte es sich ins Gesicht.
»Schatz«, sagte er und reichte ihr ein blaues Handtuch, »was ist passiert?«
Sie verbarg ihr Gesicht darin und schüttelte nur immer wieder den Kopf. Sanft zog er das Handtuch fort, dann nahm er ihren Bademantel vom Haken und führte ihre Arme in die weiche Baumwolle. Er nahm ihre Hände in seine und rieb sie. »Na komm, erzähl es mir.«
Sie wiederholte, was sie von der Polizei erfahren hatte. Ihre Stimme klang schroff, und wenn sie einen Blick in den Spiegel werfen würde, würden ihr sicher feuchte Augen und ein Gesicht entgegenschauen, aus dem jegliche Farbe gewichen war.
Ed stellte dieselbe Frage, die Frage, auf die auch sie eine Antwort wollte: »Was hat deine Schwester auf Bali gemacht?«
»Ich hab keine Ahnung.«
»Hast du schon mit Finn gesprochen?«
»Noch nicht. Ich muss ihn unbedingt anrufen.« Ihre Hände zitterten beim Wählen. Sie presste das Telefon ans Ohr und wartete. Es klingelte und klingelte. »Er geht nicht ran.«
»Was ist mit seinen Eltern. Hast du deren Nummer?«
Sie fand sie schlieÃlich in Katies Adressbuch. Die Vorwahl von Cornwall scheuchte eine ferne Erinnerung auf, doch Katie war nicht bereit, ihr nachzueilen.
Finn war der Jüngste von vier Brüdern. Seine Mutter Sue, in jeder Lebenslage barsch und kurz angebunden, ging schläfrig ans Telefon. »Wer ist da?«
»Katie Greene.«
»Wer?«
»Katie Greene.« Sie räusperte sich. »Mias ältere Schwester.«
»Mia?«, wiederholte sie. Dann sofort: »Finn?«
»Es hat einen Unfall gegeben â«
»Finn â«
»Mit ihm ist alles in Ordnung. Es ist Mia.« Sie hielt inne und schaute zu Ed. Er nickte ihr aufmunternd zu. »Die Polizei war gerade bei mir. Angeblich war Mia auf Bali ⦠irgendwo auf einer Klippe. Sie ist abgestürzt. Die Polizei sagt, sie sei tot.«
»Nein â¦Â«
Im Hintergrund war Finns Vater zu hören, ein gelassener Mann Mitte sechzig, der für die britische Forstwirtschaft gearbeitet hatte. Es folgten einige kurze Rufe, durch eine Hand über dem Hörer gedämpft, dann kam Sue an den Apparat zurück. »Weià Finn das schon?«
»Das nehme ich doch an. Aber er geht nicht an sein Handy.«
»Er hat es vor ein paar Wochen verloren. Und noch kein neues. Wir haben uns seitdem gemailt. Ich kann dir die Adresse geben â«
»Was haben die beiden auf Bali gemacht?«, fiel Katie Sue ins Wort.
»Bali? Finn war nicht dort.«
»Aber dort hat man angeblich Mia gefunden. Ihr Reisepass soll da abgestempelt â«
»Mia ist nach Bali geflogen. Finn nicht.«
»Was?« Katie umklammerte den Hörer.
»Die beiden hatten Streit. Tut mir leid, ich
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