Die Landkarte der Liebe
Tür hindurchgeschoben und ihren Arbeitgebern auf den Anrufbeantworter gesprochen. Katie hätte gern ihre beruflichen Kontakte für ihre Schwester genutzt, aber Mia auf etwas festzunageln, das war, als wollte man ein Fädchen an den Wind heften.
Katies Blick fiel auf ein Paar dreckiger Turnschuhe. Ihr kam der Abend in den Sinn, an dem Mia ihre Reisepläne verkündet hatte. Katie hatte Risotto kochen wollen. Sie hatte mit flinker Hand gekonnt Zwiebeln klein geschnitten und gerade in die Pfanne gegeben, als Mia in die Küche gekommen war, mit einem Paar weiÃer Ohrhörer über dem Kragen. Sie hatte sich am Wasserhahn eine Flasche gefüllt.
»Gehst du joggen?«, hatte Katie gefragt und mit dem Ãrmel ihre tränenden Augen trocken gewischt.
»Ja.«
»Was macht der Kater?« Als Katie morgens duschen wollte, hatte Mia im Badezimmer auf dem FuÃboden gelegen und in einem von Katies Kleidern ihren Rausch ausgeschlafen.
»Besser«, erwiderte sie, den Rücken immer noch Katie zugewandt. Sie drehte das Wasser ab, wischte sich die Hände an ihrem T-Shirt ab und hinterlieà silbern-feuchte Streifen.
»Was ist mit deinem Knöchel passiert?«
Mia sah an sich hinunter, auf die entzündliche Wunde, kurz über dem Bund ihrer Socken. »Mir ist bei der Arbeit ein Glas kaputtgegangen.«
»Ich hab Pflaster in meinem Zimmer, brauchst du eines?«
»Geht schon.«
Katie nickte und rührte mit einem Holzlöffel die Zwiebeln um, bis das beiÃende Weià gelb und glasig wurde, dann stellte sie die Hitze höher.
Mia lehnte an der Spüle. SchlieÃlich sagte sie: »Ich hab eben mit Finn gesprochen.«
Katie sah auf. Sein Name fiel selten in diesem Haus.
»Wir wollen ein bisschen um die Welt.«
Die Zwiebeln begannen zu zischen, aber Katie hatte den Löffel beiseitegelegt. »Ihr wollt ein bisschen um die Welt?«
»Ja.«
»Wie lange?«
Mia zuckte mit den Schultern. »âne Weile. Ein Jahr oder so.«
»Ein Jahr!«
»Wir haben entsprechende Tickets.«
»Ihr habt schon gebucht?«
Sie nickte.
»Wann hast du das denn entschieden?«
»Heute.«
»Heute?«, wiederholte Katie fassungslos. »Das ist doch nicht durchdacht.«
Mia zog eine Augenbraue hoch. »Ach nein?«
»Und auÃerdem hast du doch kein Geld.«
»Ich komm schon klar.«
In der Pfanne zischte und spritzte das Ãl. »Und Finn nimmt sich einfach frei? Ein Jahr lang? Die Kollegen beim Radio werden ja begeistert sein.«
»Er hat gekündigt.«
»Aber er hat diesen Job doch so geliebt â¦Â«
»Ist das so?«, sagte Mia und sah Katie an. In der Küche wurde die Luft knapp.
Dann nahm Mia ihre Wasserflasche, steckte sich die Hörer in die Ohren und verlieà die Küche.
Die Pfanne qualmte, Katie schaltete rasch die Herdplatte aus. Eine heiÃe Wut durchfuhr sie, sie machte drei Schritte hinter Mia her, doch während Mias Turnschuhe durch den Flur quietschten, die Tür entriegelt und dann zugeschlagen wurde, begriff Katie, dass sie gar nicht so furchtbar wütend oder verletzt war. Nein, sie war erleichtert. Endlich konnte sie die Verantwortung für Mia abgeben: an Finn.
Es war schon Nachmittag, als das Telefon klingelte. Ed schaute von seinem Laptop auf, Katie schüttelte den Kopf. Sie wollte mit niemandem sprechen und überlieà die Beileidsbekundungen dem Anrufbeantworter, auf den ihre Freunde mitfühlende Worte und hilflose Entschuldigungen stammelten, zwischen nervösen Pausen.
Der Anrufbeantworter klickte. »Hallo. Hier noch einmal Spire, vom Auswärtigen Amt in London.«
Ein Nerv in ihrem Augenlid zuckte. Ed griff, noch während Mr Spire seine Nachricht sprach, zum Telefon. »Hier ist Katies Verlobter.« Er sah zu ihr. »Ja, sie ist bei mir.« Er reichte ihr den Hörer und bedeutete ihr mit einem Nicken, ihn zu nehmen.
Katie hielt das Telefon auf Armeslänge von sich, als ob es eine Waffe wäre, die sie auf sich richten sollte. Mr Spire hatte sich zwei Mal seit Mias Tod gemeldet, beim ersten Mal hatte er Katies Zustimmung zu einer Autopsie benötigt, beim zweiten Mal musste er die Einzelheiten wegen der Ãberführung klären. Nach einer Weile presste Katie die Lippen zusammen und räusperte sich. Sie hielt den Hörer näher an den Mund und sagte sehr langsam: »Hier ist Katie.«
»Ich hoffe, dies ist eine günstige Zeit
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