Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
bekommen er zuvor die Stiefel abziehen mußte. Solches glückte ihm auch; als er die Hosen herab streifte, wollten solche nicht hotten, weil die Feuchtigkeit des allbereit verwesenden Körpers unter den Knien herum, allwo man dazumal die Hosenbändel zu binden pflegte, sich in das Futter und den Überzug gesetzt hatte und dannenhero Schenkel und Hosen wie ein Stein zusammen gefroren waren. Er hingegen wollte diese Hosen nicht dahinten lassen; und weil der Tropf sonst kein ander Mittel in der Eil sah, eins vom andern zu ledigen, hieb er dem Corpo mit seiner Axt die Füße ab, packte solche samt Hosen und Koller zusammen, und fand mit seinem Bündel bei einem Bauern ein solche Gnad, daß er bei ihm hintern warmen Stubenofen übernachten dorfte.
Dieselbe Nacht kälbert dem Bauern zu allem Unglück eine Kuh, welches Kalb seine Magd wegen der großen Kälte in die Stube trug und zunächst bei meinem Mann auf eine halbe Well Stroh zum Stubenofen setzte. Indessen war es gegen Tag, und meines Manns eroberte Hosen allbereit von den Schenkeln aufgetauet; derowegen zog er seine Lumpen zum Teil aus und hingegen das Koller und die Hosen an, die er umkehrte oder letz machte, ließ sein altes Gelümp samt den Schenkeln beim Kalb liegen, stieg zum Fenster hinaus und kam wieder glücklich in unser Quartier.
Das Morgens früh kam die Magd wiederum, dem Kalb Rat zu schaffen. Als sie aber die beiden Schenkel samt meines Mannes alten Lumpen und Schurzfell darbei liegen sah und meinen Mann nicht fand, finge sie an zu schreien, als wann sie mitten unter die Mörder gefallen wäre. Sie lief zur Stuben hinaus und schlug die Tür hinter sich zu, als wann der Teufel sie gejagt hätte, von welchem Lärmen dann nicht allein der Bauer, sondern auch die ganze Nachbarschaft erwachte und sich einbildete, es wären Krieger vorhanden, wessenwegen ein Teil ausriß, das ander aber sich in die Wehr schickte. Der Bauer selbst vernahm von der Magd, welche vor Forcht und Schrecken zitterte, die Ursach ihres Geschreis, daß nämlich das Kalb den armen Zimmermann, den sie über Nacht geherbergt, bis auf die Füße gefressen und ein solches gräßliches Gesicht gegen ihr gemacht hätte, daß sie glaube, wann sie sich nicht aus dem Staub gemacht, daß es auch an sie gesprungen wäre. Der Bauer wollte das Kalb mit seinem Knebelspieß niedermachen, aber sein Weib wollte ihn in solche Gefahr nicht wagen noch in die Stub lassen, sondern vermittelte, daß er den Schultheißen um Hülf ansuchte. Der ließ alsobald der Gemeind zusammen läuten, um das Haus gesamter Hand zu stürmen und diesen gemeinen Feind des menschlichen Geschlechts bei Zeiten auszureuten, ehe er gar zu einer Kuh aufwachse. Da sah man nun ein örtliches Spektakel, wie die Bäurin ihre Kinder und den Hausrat zum Kammerladen nacheinander heraus langte, hingegen die Bauren zu den Stubenfenstern hinein guckten und den schrecklichen Wurm samt bei ihm liegenden Schenkeln anschaueten, welches ihnen genugsame Zeugnüs seiner großen Grausamkeit einbildete. Der Schultheiß gebot, das Haus zu stürmen und dieses greuliche Wundertier niederzumachen; aber es schonete ein jeder seine Haut. Jeder sagte: was hat mein Weib und Kind darvon, wann ich umkäme?
Endlich wurde auf eines alten Bauren Rat beschlossen, daß man das Haus mitsamt dem Kalb, dessen Mutter vielleicht von einem Lindwurm oder Drachen besprungen worden, hinweg brennen und dem Bauern selbst aus gemeinem Seckel eine Ergötzung und Hülfe tun solle, ein anders zu bauen. Solches wurde fröhlich ins Werk gesetzet, denn sie trösteten sich damit, sie müßten gedenken, es hätten solches die Diebskrieger hinweg gebrannt.
Diese Geschichte machte mich glauben, mein Mann würde trefflich Glück zu dergleichen Stücken haben, weil ihm dieses ungefähr begegnet. Ich gedachte: was würde er erst ins Werk setzen, wann ich ihn wie hiebevor den Springinsfeld abrichte! Aber der Tropf war viel zu eselhaftig und hundsklinkerisch darzu; überdas ist er mir auch bald hernach in dem Treffen vor Herbsthausen tot geblieben, weil er keinen solchen Scherz verstehen konnte.
Das siebenundzwanzigste Kapitel
Nachdem der Courasche Mann in einem Treffen geblieben,
und Courasche selbst auf ihrem Maulesel entrunnen,
trifft sie eine Zigeunerschar an, unter welchen der Leutenant
sie zum Weib nimmt. Sie sagt einem verliebten Fräulein wahr,
entwendet ihr darüber alle Kleinodien,
behält sie aber nicht lang, sondern muß wohl abgeprügelt
solche ihr wieder zustellen.
In
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