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Die leichten Schritte des Wahnsinns

Die leichten Schritte des Wahnsinns

Titel: Die leichten Schritte des Wahnsinns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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hielt,
     auseinanderzudrücken.
    Er wunderte sich selber, wie leicht und rasch alles vor sich ging. Nachdem er aufgestanden war und sich die Hose zugeknöpft
     hatte, warf er einen Blick auf den im Gras ausgestreckten,wie zertrampelt wirkenden Körper. Einen Sekundenbruchteil schoß ihm der ängstliche Gedanke durch den Kopf: Sie ist doch nicht
     etwa tot? Aber im selben Augenblick hörte er ein schwaches, klägliches Stöhnen.
    »Du darfst das niemandem erzählen«, sagte Wenja ruhig, »niemandem wird davon leichter. Du mußt lernen zu verzeihen, Lara.
     Anders kann man nicht leben.«
    Er wandte sich um und ging schnell nach Hause.
    Bevor er zu Bett ging, wusch er alle Kleidungsstücke, die er getragen hatte, aus – die Hose, das karierte Flanellhemd, die
     Unterwäsche. Ihm schien, als seien die Sachen vom Duft des billigen süßen Parfums durchtränkt.
    Einige Tage später hörte er, Lara habe die Bibliothekarsausbildung aufgegeben und sich für eine Arbeit im Neulandgebiet beworben.

Kapitel 3
    Moskau, März 1996
    Der beigefarbene Lada von Milizoberst Sergej Krotow stand schon vierzig Minuten im Stau auf dem Gartenring. Der feuchte Schnee,
     der seit dem frühen Abend fiel, hatte sich zur Nacht in einen richtigen Schneesturm verwandelt. Um diese Stunde waren zwar
     nicht mehr viele Autos unterwegs, aber offenbar hatte es einen Unfall gegeben. Die Wärme im Wageninneren und das rhythmische
     Hin und Her der Scheibenwischer wirkten einlullend. Sergej fielen die Augen zu. In der letzten Zeit hatte er kaum geschlafen.
     In zwei Tagen sollte er eine Dienstreise nach England antreten. Scotland Yard hatte eine Gruppe von Mitarbeitern des Innenministeriums
     zu einem dreiwöchigen Erfahrungsaustausch eingeladen. Bis zur Abreise hatte er noch einen solchen Berg von Dingen zu erledigen,
     daß ihm der Kopf schwirrte.
    Vorgestern morgen hatte er der Staatsanwaltschaft die Untersuchungsergebnisse zur Schießerei im Restaurant»Der Recke« übergeben. Eine Abrechnung unter Banditen, eigentlich nichts Besonderes – aber unter den sieben Getöteten waren
     zwei Mitarbeiter des Innenministeriums. Daher war die Sache sofort an die innere Abwehr übergeben worden, und zwar direkt
     an Sergejs Abteilung.
    Vor zehn Tagen hatte im »Recken« ein üppiges Festbankett stattgefunden. Der berühmte Mafioso Pawel Anatoljewitsch Drosdow,
     genannt Drossel, feierte seinen fünfundvierzigsten Geburtstag. Die Gäste hatten gerade die kalten Vorspeisen gegessen und
     drei Trinksprüche auf das Wohl des teuren Geburtstagskindes ausgebracht, als schwerbewaffnete jugendliche Rambos den Bankettsaal
     stürmten, vorbei an der professionell ausgerüsteten und bestens postierten Leibwache. Nicht alle Gäste des Jubilars konnten
     rechtzeitig ihre eigenen Kanonen ziehen, fünf wurden auf der Stelle niedergemäht. Als erster wurde Drossel selbst getötet,
     und gleich nach ihm die beiden Mitarbeiter des Innenministeriums.
    Pikanterweise hatten die beiden, ein Major und ein Oberleutnant, der Feier als geladene Gäste und gute Freunde beigewohnt;
     erst durch ihr vorzeitiges Ableben wurde ihre innige Freundschaft mit dem Ganovenkönig Drossel offenbar.
    Zeuge des Gemetzels war der bekannte Schlagersänger Juri Asarow, Komponist und Interpret von lyrisch-nostalgischen Weisen
     und von Gaunerliedern. Freunde von Drossel hatten einmal gesehen, wie er unter Tränen einem Schlager von Asarow lauschte –
     »Leb wohl, meine untreue Liebe!« –, und wollten dem Jubilar ein ebenso rührendes Geschenk machen.
    In dem Augenblick, als die Halbstarken mit ihren Maschinengewehren in den Saal stürmten und die soliden, ehrenwerten Gauner
     alter Schule niedermetzelten, stand Asarow gerade mit seiner Gitarre auf der kleinen Bühne und sang die zweite Strophe des
     von Drossel so geliebten Schlagers.
    Gerade noch rechtzeitig sprang er von der Bühne, die Gitarre schützend erhoben, ließ sich unter den Tisch rollen und blieb
     dort mit angehaltenem Atem liegen, bis die Schießerei vorbei war.
    Asarow war schon öfter vor einem reichen Unterweltpublikum aufgetreten, aber ein solches Blutbad sah er zum ersten Mal. Es
     kam ihm wie ein Wunder vor, daß er überlebt hatte. Beim Verhör zitterte er immer noch vor Entsetzen, und es erwies sich als
     quälend schwierig, ihm Zeugenaussagen zu entlocken. Er forderte eine persönliche Bewachung und einen eigenen Bunker und verlangte,
     daß vom Parlament unverzüglich ein Gesetz über den Schutz von Zeugen verabschiedet

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