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Die Letzte Arche

Die Letzte Arche

Titel: Die Letzte Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
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Produkte. In den anderen Schaufenstern sah man überholte oder reparierte alte Elektronikartikel, Kleidungsstücke und Accessoires, Schuhe und Mäntel, ja sogar Bücher, alles recycelt oder aus versunkenen Städten geborgen. Patrick fand die Existenz der Geschäfte tröstlich; sie vermittelte ihm den Eindruck, dass
er sich in einer funktionierenden Stadt befand, ein Kontrast zu dem Chaos, das in einem großen Teil des von der Flut bisher noch verschont gebliebenen Landes herrschte. Doch falls sich überhaupt etwas von Denvers früherem Charakter, von seinen Ursprüngen als Handelsposten im Westen, bis ins 21. Jahrhundert hineingerettet hatte, so war es der großen Auslöschung durch die Flüchtlingsströme zum Opfer gefallen. Ohne etwas zu kaufen, gingen sie weiter.
    Sie bogen auf die California Street ein und gingen zum Colorado Convention Center an der 14. Straße hinunter. Es war in ein Auffanglager für Flüchtlinge verwandelt worden, und lange Schlangen wanden sich durch die umliegenden Straßen. Aus der Entfernung waren die Vertriebenen graue Klumpen des Elends, so wie immer. Der Zeitpunkt des Treffens rückte näher, und sie folgten Alice die 14. Straße entlang zum Civic Centre Park. Als sie die Colfax Avenue zu überqueren versuchten, die in Ost-West-Richtung verlaufende Hauptverkehrsader, mussten sie einen Kordon aus Polizisten und militärischen Einheiten überwinden, der das Verwaltungszentrum abriegelte.
    Patrick führte seine Tochter an den monumentalen Gebäuden vorbei, die um den Park herum aufragten: die amerikanische Münzanstalt, das City and County Building mit seiner gebogenen Fassade und die Stadtbibliothek, in der Thandie Jones ihren Vortrag halten würde. Das Kunstmuseum war besonders eindrucksvoll, und Holle starrte seine kantigen geometrischen Formen an, die den aufgegebenen Origami-Experimenten eines Riesen ähnelten. Aber die dünnen Metallplatten waren streifig und korrodiert, die Fenster mit Brettern vernagelt, die Anschlagtafeln leer. Abgesehen von baulichen Notmaßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingsströme hatte die herannahende Flut um das Jahr 2015 herum sämtliche Großstädte der Erde, so weit
sie nicht ohnehin im Wasser versunken waren, in einen Zustand der Starre versetzt. Das war nun ein Jahrzehnt her, und man sah vernachlässigten oder zweckentfremdeten Gebäuden wie dem Museum ihr Alter an.
    Als größte Stadt im Umkreis von tausend Kilometern und Knotenpunkt des Transport- und Kommunikationswesens war Denver schon lange vor der Flut ein wichtiges staatliches Zentrum gewesen. Nachdem die Hauptstadt im Gefolge der Überschwemmung Washingtons vor sechs Jahren hierherverlegt worden war, hatten die großen Ministerien Immobilien in der ganzen Stadt beschlagnahmt. Präsidentin Vasquez, die als Erste seit Roosevelt eine dritte Amtszeit absolvierte, war in den Gouverneurssitz eingezogen. Patrick wusste zufällig, dass ein großer Teil der Regierungsarbeit an einem sichereren Ort erledigt wurde, in einem alten regionalen Kommandozentrum der Katastrophenhilfeagentur FEMA, einem zweistöckigen Bunker, der zu diesem Zweck renoviert und auf Vordermann gebracht worden war. Es gab hier sogar Botschaften, darunter auch einige von überfluteten Staaten; ihre Fahnen hingen schlaff in der Morgenluft. Sie kamen Patrick wie klägliche Relikte vor.
    Dennoch hatte dieses Verwaltungszentrum das Flair einer großen Hauptstadt, so wie Washington in den alten Zeiten. Anzugträger eilten geschäftig hierhin und dorthin; viele von ihnen redeten ins Leere oder trugen beim Sprechen die typische abwesende Miene von Angel-Nutzern zur Schau. Patrick nahm an, dass sie Lobbyisten, Bürokraten und Mitarbeiter verschiedener politischer Parteien waren, vielleicht sogar Kongressabgeordnete und Senatoren. Er spürte, dass sich hier enorme Ressourcen bündelten, dass die Stadt der Brennpunkt starker Energien und großer Entschlossenheit war, ein neues Refugium für den amerikanischen Geist und eine Basis für die bevorstehende
Erholung. Die Präsidentin selbst befand sich in Denver. Wenn man hier nicht in Sicherheit war, wo dann?
    Zwei Hubschrauber schossen mit gewaltigem Lärm über sie hinweg. Holle kreischte auf und hüpfte aufgeregt herum.
     
    Holle war entzückt vom State Capitol, einem achtzehnstöckigen Bau mit griechischen Säulen, Rotunde und einer goldenen Kuppel, die in der wässrigen Morgensonne glänzte. Sie sprang die steinernen Stufen des Capitols hinauf und zählte mit, bis sie zur achtzehnten

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