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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keren David
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zu erklären, warum oder wieso.
    Alistair, mit seinen gegelten Haaren und den muskulösen Armen. Er sieht aus wie so ein Poser aus einer Boygroup, aber eigentlich ist er ganz in Ordnung. Jedenfalls kann er gut kochen. Und meine Mum hat ihn richtig gern.
    Alistair, der in einem Fitnessstudio arbeitet und Ellie so erfolgreich trainiert hat, dass sie im nächsten Jahr an den Paralympics teilnehmen kann. Ellie hatte als Erste gemerkt, dass ich das Zeug zum Läufer haben könnte. Ellie ist die Schwester von Claire. Wahrscheinlich werde ich keine von beiden je wiedersehen.
    Wie auch immer, Alistair muss die Tür aufgemacht haben. Mum muss ihm gesagt haben, dass ich zum Laufen bin, und wahrscheinlich hat er gedacht, ich hätte meinen Schlüssel vergessen.
    Er macht halb verpennt und mit zerzausten Haaren die Tür auf, und sie schreien ihn an: »Ty? Ty Lewis?« Er gähnt und starrt sie verdutzt an – er kennt meinen richtigen Namen nicht mal und von allem anderen weiß er auch nichts –, und das haben sie wohl als »Ja« interpretiert,denn sie haben auf ihn geschossen. Alistair sinkt auf die Knie, Blut läuft aus seinem Kopf, seinem kaputten Körper, und er stirbt auf der Türschwelle. Die Typen halten sich nicht länger auf, weil sie denken, sie hätten ihren Auftrag erledigt. Sie denken, sie hätten mich umgelegt.
    Es ist nicht das erste Mal, dass mich jemand für immer zum Schweigen bringen will. Aber es ist das erste Mal, dass jemand an meiner Stelle stirbt.
    Die Schüsse wecken meine Mum. Sie steht oben an der Treppe und schreit und schreit, und dann wacht auch Gran auf, die seit ein paar Wochen unten im Erdgeschoss wohnt. Gran sieht Alistair da liegen, das Blut … Sie schreit auch und rennt zu meiner Mum hoch. Dann ruft sie die Polizei an.
    Dann kommen die Einsatzwagen angefahren, Sirenen heulen und das Absperrband wird ausgerollt, und ich komme vom Joggen zurück.
    * * *
    Auf dem Polizeirevier bringen sie uns in ein Extrazimmer und sagen, dass sie jemanden vorbeischicken, der unsere Aussagen aufnimmt. Gran holt ihr Handy aus der Tasche ihres Morgenmantels und fängt an zu telefonieren: Zuerst ruft sie meine Tanten an, dann Doug. Unseren Zeugenschutzbeamten. Der Polizist, der uns eigentlich vor den Leuten schützen soll, die verhindern wollen, dass ich vor Gericht aussage.
    Bis sie einer nach dem anderen eintrudeln, scheinen Stunden zu vergehen. Gran versucht den Polizisten aufdem Revier zu erklären, dass wir im Zeugenschutzprogramm sind, und meine Tante Louise sagt einfach nur: »Bringen Sie uns zu Ihrem Vorgesetzten.«
    Dann verschwinden Gran und Louise mit den Polizisten in einem Zimmer, und als Doug eintrifft, geht er auch dort rein. Doug sieht ziemlich ungenießbar aus. Er grüßt uns nicht mal. Mum und meine Tante Emma und ich sitzen nebeneinander draußen auf dem Flur, und ich versuche irgendwas zu verstehen, was da drinnen gesagt wird. Aber ich höre nur Louises laute Stimme. Sie kann ziemlich gut brüllen. Muss sie auch, sie ist Lehrerin.
    Mum ist immer noch am Zittern und Weinen, und niemand unternimmt irgendetwas, um ihr zu helfen, bis auf Emma, die sie an sich drückt und andauernd, aber nicht gerade sehr überzeugend »Ist ja gut, ist ja gut« sagt. Tief in mir schreit es immer wieder wie erstickt: Er ist tot … erschossen … sie haben mich gemeint! Aber der Schock hat sämtliche Gefühle in mir abgetötet, und ich kriege wieder dieses Gefühl, als hätte ich nichts damit zu tun, als wäre ich irgendwie in Folie eingeschweißt.
    »Ich hab die Schnauze voll«, sage ich. »Ich geh jetzt da rein.«
    »Ty, du kannst da nicht einfach so reinplatzen«, sagt Emma, aber ich antworte nur: »Dann guck mal genau hin«, und drücke die Tür auf. Als ich das Zimmer betrete, verstummen alle. Der Anblick ist fast lustig: Gran in ihrem rosa Morgenmantel, umringt von lauter Bullen.
    »Hören Sie mal«, sage ich, »wir sitzen seit Stunden da draußen. Meine Mum hat gerade gesehen, wie ihr Freunderschossen wurde. Wir wissen alle, dass eigentlich ich gemeint war. Also was passiert jetzt?« Dazu werfe ich ihnen noch einen Haufen anderer Dinge an den Kopf, Ausdrücke, die ich normalerweise in Gegenwart von Gran nicht verwende.
    Louise schüttelt den Kopf und sagt: »Bloß weil es einen Mord gegeben hat, musst du noch lange nicht ausfällig werden.«
    »Herrgott noch mal, Lou, du bist hier nicht in der Schule«, sage ich zu ihr und sehe, dass die Polizisten grinsen. Ich setze mich zu ihnen an den Tisch. Louise mustert mich

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