Die letzte Schöpfung
heute mit ihr los? Dass sie sich überhaupt traute, mit Fremden zu reden! Außerdem konnte sie nicht wissen, was ihr Geständnis bei Gerard auslösen konnte. Vielleicht rief er die Polizei oder erzählte es seinen Eltern.
Doch Gerard schien fasziniert. »Echt? Stark!«
»Hör mal«, sagte Danny und warf Callie einen warnenden Blick zu: Sag jetzt bloß nichts mehr. »Weißt du, wo die Henning Street ist?«
Gerard blickte von einem zum anderen, dann schüttelte er den Kopf. »Nee. Aber mein großer Bruder müsste das wissen.«
»Dein Bruder?« Danny zog sich zurück. »Nein, weißt du, wir sollten lieber…«
»Mein Bruder ist okay. Echt. Ist 'n cooler Typ. Er fährt Pizza aus für Domino's und kennt sich aus in der Stadt. Und falls er mal was nicht weiß, kann er ja immer noch auf seinen Stadtplan gucken.«
»Ist schon in Ordnung«, sagte Danny. Je mehr Leute über ihn und Callie Bescheid wussten, desto größer die Gefahr, dass sie erwischt wurden. »Ich will ihm keine Mühe machen.«
»Ich wette, dass er euch sogar selber hinfährt.«
»Kann er Auto fahren?«, warf Callie ein und verstummte sofort, weil Danny ihr einen weiteren giftigen Blick zuwarf.
»Klar doch! Wie soll er sonst die Pizzen ausfahren? Er ist schon siebzehn!« Gerard grinste, als wäre er allein dadurch, dass er einen siebzehnjährigen Bruder hatte, etwas Besonderes. »Kommt mit! Domino's ist gleich vor der Mall.«
Es war Callie, die die Entscheidung traf, denn sie erklärte sich einverstanden, noch bevor Danny eine Ausrede einfiel. Bevor er wusste, wie ihm geschah, waren sie schon aus der Mall und in der Pizzeria.
Gerards Bruder war tatsächlich in Ordnung. Er musste gerade eine Pizza ausliefern und versprach, Danny und Callie danach abzusetzen. Er stellte nicht einmal Fragen. Dreißig Minuten später – eben fing es zu nieseln an – bogen sie in die Henning Street ein. Auf halber Höhe der Straße stand eine Menschenmenge. Blaulicht flackerte über die Häuserfronten.
Gerards Bruder hielt. »Was ist da los?«
Dannys Magen zog sich zusammen. Ein Blick zu Callie sagte ihm, dass sie das Gleiche dachte. »Wir können hier aussteigen«, sagte er.
»Seid ihr sicher? Ich meine, es regnet – und da vorn is' wohl was Schlimmes passiert.«
»Das macht nichts«, versicherte ihm Danny. »Wir wohnen gleich da drüben.« Er zeigte auf das zweite Haus im Block.
»Danke fürs Mitnehmen«, sagte Callie.
Sie stiegen aus und schlugen die Wagentür zu. Dann warteten sie, bis Gerards Bruder weggefahren war, und gingen langsam die Straße entlang. Trotz Kälte und Regen schien keiner der beiden es eilig zu haben, zu erfahren, was ein Stück weiter geschehen war. Danny las die Namensschilder und hoffte, das richtige zu finden, bevor sie die Menschenmenge auf dem Bürgersteig erreichten. Dann aber erkannte er, dass das Haus mit den Streifenwagen davor und den vielen Leuten im Vorgarten das Haus seines Vaters war. Dort musste etwas Schlimmes passiert sein.
Plötzlich beschleunigte er seine Schritte.
»Nein, warte!« Callie hielt ihn zurück.
»Wir müssen nachsehen, was los ist. Vielleicht können wir helfen.«
»Können wir nicht!«
Danny blieb stehen und sah sie an. Sie waren durch das halbe Land gefahren, um hierher zu kommen, und nun wollte Callie ihn zurückhalten? »Das ist Dads Haus, Callie.«
»Deshalb dürfen wir nicht hingehen. Sie warten dort«, warnte Callie. »Sie wissen schon, dass wir kommen.«
»Wer? Die Wärter?«
»Weiß ich nicht genau. Ich weiß nur, dass es nicht sicher ist. Komm!« Sie kroch hinter eine Hecke. »Von hier aus können wir alles sehen.«
Danny blickte von ihr zu dem Haus, das ihn wie magisch anzog.
»Bitte, Danny!« Wieder hatte Callie seinen Arm ergriffen, zog ihn zur Hecke. Er wollte sich freimachen und über die Straße laufen, doch er hatte gelernt, Callies Gespür zu vertrauen. Sie war noch ein kleines Mädchen, aber sie wusste schon eine ganze Menge.
Mit einem Seufzer ließ er sich hinter die Hecke ziehen.
21.
Siebrachte ihr Zittern nicht unter Kontrolle.
»Geht's?«, fragte Ethan.
Sydney nickte, obwohl es nicht stimmte. Auch wenn sie seine Jacke fest um sich wickelte, fror sie immer noch. Sie stand unter Schock. Wahrscheinlich hatte sie auch eine leichte Gehirnerschütterung.
»Ich darf nicht einschlafen«, sagte sie – eine Warnung an sich selbst und an Ethan.
»Halt noch ein bisschen aus.« Er drückte ihre Hand. »Wir sind fast schon in der Stadt.«
»Was ist mit den Kindern?«
»Die
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