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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kimberly McCreight
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die ihr mehr Flexibilität ermöglicht hätten, wo sie aber auch weniger verdient hätte. Geld war jedoch nicht der eigentliche Grund, warum Kate in der Kanzlei blieb. Ihre Arbeit gefiel ihr, sie war erfolgreich, und das gab ihr Sicherheit und Selbstvertrauen. Erfolg– zuerst im Studium, später als Anwältin– hatte ihr schon immer ein Gefühl von Sicherheit gegeben. Und das war ein nicht zu unterschätzender Faktor in Anbetracht der Tatsache, dass kein Ritter auf einem edlen Schimmel in Sichtweite war.
    Nicht, dass Kate auf der Suche nach einem Retter gewesen wäre. Sie war über die Jahre hin und wieder mit Männern ausgegangen, hauptsächlich, weil sie fand, dass sie das mal wieder tun sollte. Häufig hatten Freundinnen sie auch dazu gedrängt. Aber Kate hatte noch nie viel Glück mit Beziehungen gehabt, weder in der Highschool noch auf dem College noch an der Uni. Am besten war sie noch mit Seth klargekommen, dem sie zu der Erkenntnis verholfen hatte, dass er eigentlich schwul war. Die Freunde, die Kate vor Seth gehabt hatte, waren gefühlsmäßig eher distanziert gewesen. Zumindest war sie inzwischen alt genug, um einzusehen, dass ihre törichte Partnerwahl mit ihrer eigenen Kindheit zu tun hatte, was allerdings nicht bedeutete, dass sie sich in der Lage fühlte, daran etwas zu ändern.
    Es war schwer zu sagen, ob die Männer, mit denen sie in letzter Zeit ausgegangen war, die falschen gewesen waren oder ob sie neben ihrer Arbeit und Amelia einfach keinen Platz für einen Mann in ihrem Leben hatte. Wie auch immer, es hatte sich nie etwas entwickelt. In gewisser Weise machte ihr das das Leben sogar leichter. Außer dass sie jetzt, mit achtunddreißig, allmählich der Tatsache ins Auge blicken musste, dass ihr Zufallskind– wie ihre Mutter sich bevorzugt ausdrückte, selbst in Amelias Gegenwart– wohl ihr einziges Kind bleiben würde.
    Als der Zug endlich in der Station Grand Army Plaza einlief, war Kate schon eine Stunde und fünfzehn Minuten zu spät dran. Sie sprang aus dem Zug, als die Türen mit einem Zischen aufglitten, und lief mit klopfendem Herzen zur Rolltreppe.
    Draußen angekommen, blinzelte sie in das helle Licht. Eine Hand schützend vor den Augen eilte sie die Prospect Park West hinunter. Die zweispurige Einbahnstraße war um die Uhrzeit kaum befahren, und Kates elegante Highheels, die sie immer zu Mandantengesprächen trug, klapperten laut auf dem Gehweg. Hinter der Mauer auf der anderen Straßenseite, zu Kates Linken, lag der Park mit seinen in bunten Herbstfarben leuchtenden Ahornbäumen. Die Blätter begannen bereits zu fallen und sammelten sich entlang der Mauer zu Haufen. Kate war schon seit Jahren nicht mehr in dem Park gewesen.
    Obwohl sie schon seit fünfzehn Jahren in Park Slope wohnte, fühlte Kate sich in der Kanzlei immer noch mehr zu Hause als in ihrer Straße in Brooklyn. Sie hatte nach einem ruhigen, freundlichen Viertel mit netten Nachbarn gesucht, um Amelia großzuziehen, und Park Slope erfüllte all die gewünschten Kriterien. Doch die Leute von der Food Coop, die ausrangierten Sachen am Straßenrand, die man einfach so mitnehmen konnte, oder die bewusst lässig gekleideten Familien, die sich auf den Spielplätzen trafen, gleich neben ihren millionenschweren Stadthäusern, kamen ihr immer noch vor, als gehörten sie zum Leben von jemand anderem.
    Weiter vorne sah Kate zwei typische Park-Slope-Mütter, attraktiv und urban, ohne übertrieben hip zu wirken, die gerade aus dem Park kamen. Beide schoben einen schnittigen Jogging-Kinderwagen, an der freien Hand ein Kind und eine umweltfreundliche Wasserflasche im Flaschenhalter. Sie plauderten und lachten, unbeirrt von ihren Sprösslingen, die an ihnen herumzerrten. Während sie die beiden Frauen beobachtete, fühlte Kate sich, als hätte sie selbst nie ein Kind gehabt.
    Sie hatte immer vorgehabt, eine Familie zu gründen. Mindestens zwei Kinder, vielleicht sogar drei. Aufgrund ihrer eigenen unglücklichen Kindheit hatte sie nie ein Einzelkind großziehen wollen. Inzwischen hatte sie gelernt, dass man ein Einzelkind nicht notwendigerweise von Anfang an wie einen kleinen Erwachsenen behandeln musste. Aber eigentlich war sie immer davon ausgegangen, dass sie erst später im Leben Kinder bekommen würde, wie viele auch immer es sein würden. Viel, viel später. Sie hatte sich zuerst auf ihren Beruf konzentrieren und Karriere machen wollen, so wie ihre Mutter Gretchen– emeritierte Professorin für Neurologie an der medizinischen

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