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Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Die Lutherverschwörung - historischer Roman

Titel: Die Lutherverschwörung - historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brunnen Verlag
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Holzdecke durcheinanderwirbelten – aber wieso konnte er sie sehen? Schatten flogen über das Holz – da stimmte etwas nicht. Aus den Augenwinkeln entdeckte Jost einen Lichtschein und wandte den Kopf zur Seite, wobei sein Nacken höllisch schmerzte. Die Helligkeit kam von einer Kerze oder Öllampe und beleuchtete seltsame Gegenstände: In einem hohen, aus Holz gefertigten Ständer sah er Stangen mit breitem Ende. Zuerst dachte er an Paddel, aber gleich darauf war ihm klar, dass es sich um Vorderladerbüchsen handelte, unterschiedlich lang, mit Schulterstützen. Auf einer Werkbank direkt daneben lagen Pulverbüchsen, Kugeln, Ladestangen und Einzelteile von Abzügen. Dies war keine normale Schmiedewerkstatt, wie zunächst gedacht. Hier arbeitete ein Waffenschmied, ein Büchsenmacher.
    Das Licht bewegte sich immer noch, es kam näher, direkt auf ihn zu. Eine Kerze beleuchtete das Gesicht eines stämmigen Mannes, der die Lichtquelle in seiner linken Hand trug. Ein Bart verdeckte fast den ganzen unteren Teil des Gesichtes, und die Flamme spiegelte sich in seinen Augen. In der rechten Hand des Mannes bemerkte Jost eine Büchse mit abgesägtem Lauf.
    Hielt der Bewaffnete ihn für tot oder bewusstlos? Noch vier oder fünf Schritte trennten die beiden Männer. Jost drehte den Kopf zur Seite und sah den Amboss. Wenn er nur klar denken könnte, wenn da nicht diese Lähmung in seinem Kopf, in seinen Gliedmaßen wäre! Noch zwei Schritte. Endlich erkannte er einen Holzstil, der über das Metall ragte. Der Stil eines Hammers. Der Fremde stand jetzt vor ihm und hob das Gewehr. Jost, mit dem linken Ellbogen auf die Erde gestützt, griff mit der rechten Hand nach dem Hammer und bekam den Stil zu fassen. Der Lauf war jetzt direkt auf ihn gerichtet. Jost schleuderte den Hammer nach oben. In diesem Moment löste sich der Schuss – und erneut erblindete Jost in einem Meer aus Licht.
    Als er wieder sehen konnte, lag der Bärtige am Boden. Aus einer klaffenden Wunde in seiner Stirn strömte dunkles Blut – von der direkt neben seinem Kopf liegenden und wie durch ein Wunder nicht erloschenen Kerze flackernd beleuchtet.
    Jost kniete am Boden und hob die Kerze auf, die in seinen Fingern zitterte. Im Schein der Flamme sah er, dass sein Gegner nicht mehr atmete. Dann begutachtete er seinen Koller. Der Schuss hatte die vordere linke Seite seiner Schutzjacke nahezu vollständig zerstört. Aber das war der erste Schuss gewesen, denn der zweite hatte ihn verfehlt – wie er ungläubig und mit endloser Erleichterung feststellte. Mit Fingern, die ihm kaum gehorchten, knöpfte Jost die Jacke auf, aber er fand keine Wunde. Seit diesem Tag glaubte er an Wunder. Er atmete tief durch und beschloss, das Haus nach Martha zu durchsuchen.
    Links vom Ofen, bei dem Zangen, Haken und Hämmer hingen, entdeckte Jost eine angelehnte Tür. Er ging darauf zu, schob sie sachte mit der Fußspitze auf und leuchtete in den Raum: die Küche. Mit einem kräftigen Tritt stieß Jost die Tür ganz auf und leuchtete den Raum aus. Die Feuerstelle lag etwas höher als der ungeflieste Boden, dort sah er einen Dreibock, einen Schürhaken und mehrere Töpfe. An der Wand lehnte ein Blasebalg. Eine plötzliche Bewegung erschreckte ihn, aber das war nur eine verängstigte Maus, die über den unebenen Boden flitzte, Haken schlug und schließlich unter einer Holztreppe verschwand, die ins Obergeschoss führte.
    Zögerlich folgte Jost den ausgetretenen Holzstufen ins obere Stockwerk. Von einem Treppenabsatz aus konnte er zwei Holztüren sehen, die beide offen standen. Er ging zu der ersten und leuchtete in einen kleinen, menschenleeren Raum, in dem ein Bett und zwei Truhen standen. Hier war keiner. Das angrenzende, größere Zimmer diente als Wohnraum, doch auch hier entdeckte er niemanden.
    Plötzlich hörte er leise Schritte auf der Treppe. Er blickte sich nach einem Versteck um, aber da hörte er schon Annas Stimme: »Jost?« Sie kam die Treppe hoch. »Was ist passiert? Bist du verletzt?«
    Er legte einen Finger auf seine Lippen. »Später. Erst müssen wir nach Martha suchen. Lass uns unter dem Dach nachschauen!«
    Eine zweite Holztreppe, kürzer zwar, aber genauso steil, führte ins Dachgeschoss. Jost leuchtete mit seiner Kerze den Weg, hatte aber Mühe, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Der Schwindel war zurückgekehrt. Vor

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