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Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Die Macht der verlorenen Zeit: Roman

Titel: Die Macht der verlorenen Zeit: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: DeVa Gantt
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hin erlaubte Frederic den Mädchen, ihre Ponys zu striegeln und zu füttern. Er selbst begab sich ins Haus.
    Die Mädchen waren gerade mit den Ponys fertig, als ihre Stiefmutter grußlos an der Koppel vorübereilte. Misstrauisch beobachtete Yvette, wie Gerald angerannt kam und die beiden einige Worte wechselten. Dann nickte Gerald in Richtung der Scheune, wo ein Wagen wartete. Rasch kletterte Auntie Agatha hinein, ruckte kurz an den Zügeln und lenkte das Gefährt durch das große Tor auf die Straße hinaus.
    »Seltsam«, murmelte Yvette.
    »Was denn?«, fragte Jeannette.
    »Dass Auntie mit der Kutsche fährt.«
    »Was ist denn daran seltsam?«
    »Hast du schon jemals gesehen, dass sie allein wegfährt? Ich meine, ohne Kutscher?«
    »Nicht wirklich, oder?«
    »Genau das meine ich.«
    Agatha hatte keine besondere Eile, um pünktlich um drei Uhr zu ihrer Verabredung zu kommen. Als der Wagen in den Waldweg einbog und schließlich vor einem kleinen Haus hielt, war es fast eine geschlagene Stunde über die Zeit. Sie stieg die wenigen Stufen zur Tür empor und trat, ohne anzuklopfen, ein. Der Mann saß an einem kleinen Tisch nahe beim Kamin und hielt eine Schreibfeder in der Hand. Völlig unbeeindruckt hob er den Kopf. Als er auch weiterhin schwieg, ergriff Agatha das Wort: »Dies ist mein letzter Besuch.«
    »Ihr letzter Besuch? Aber warum denn das? Sie haben doch nicht plötzlich alle Ihre Mittel eingebüßt, oder?«
    Agatha sah sich in dem Häuschen um und registrierte sehr genau den teuren Wein auf dem Tisch, die Vorräte in der kleinen Küche und die seidenen Vorhänge. Dieser Mann ließ es sich gut gehen, und zwar auf ihre Kosten. »Meine Mittel tun nichts zur Sache. Ich habe es nur endgültig satt, Ihren Lebensunterhalt zu finanzieren.«
    Er tat überrascht. »Aber, Mrs Duvoisin. Was reden Sie denn da?«
    »Inzwischen habe ich meinen Mann über den unbedeutenden Umstand aufgeklärt, mit dem Sie mich bis heute erpresst haben«, erklärte sie mit triumphierendem Unterton in der Stimme. »Er kennt jetzt die Einzelheiten und hat mir großmütig verziehen. Ihre Drohungen verfangen nicht länger.«
    Der Mann lachte gönnerhaft. »Aber, aber, Mrs Duvoisin, wo ich mich doch gerade an Ihre Zuwendungen gewöhnt habe! Sie haben meine karge Existenz merklich verbessert. Glauben Sie wirklich, dass ich einen solchen Vorteil ohne Rückversicherung aufs Spiel setze?«
    Agatha runzelte die Stirn. Offensichtlich konnte sie ihm nicht ganz folgen. Er beeilte sich, die Lage zu verdeutlichen. »Ich habe lange Stunden über Ihre kleine Lüge, Ihre Gründe und über die Rolle nachgedacht, die Ihr Bruder bei der ganzen Sache spielt. Seine Lebensumstände haben sich ebenfalls merklich verbessert. Ein neues Haus und dazu kostspielige Möbel. Hat sich seine Praxis in diesem Maß vergrößert? Oder wurde er vielleicht von Ihnen für seine Hilfe belohnt?«
    Agathas Herz schlug schneller. Wachsam wartete sie auf das, was als Nächstes kam.
    Angesichts ihrer verkniffenen Lippen musste der Mann lachen. »Nun ja, ich habe einige Nachforschungen angestellt und etwas erfahren, das für Ihren Mann von größtem Interesse sein dürfte.«
    »Ich glaube Ihnen kein Wort!«, stieß Agatha wütend hervor. »Sie wollen mich nur in die Irre führen.«
    »Das mag sein … aber wollen Sie dieses Risiko wirklich eingehen, Mrs Duvoisin?«
    Wie versteinert stand sie vor dem Mann und schwieg.
    »Vermutlich nicht, wie ich annehme. Da Sie heute mit leeren Händen gekommen sind, erwarte ich Sie nächste Woche zur selben Zeit. Oh, fast hätte ich es vergessen: Mein Schweigen ist inzwischen teurer geworden. Ich schlage vor, dass wir uns von nun an wöchentlich treffen. Und sorgen Sie dafür, dass es beim nächsten Mal nichts zu beanstanden gibt. Guten Tag, Mrs Duvoisin.«
    Nach dem Dinner zog sich Frederic mit Yvette ins Arbeitszimmer zurück. Zuvor hatten die Kinder ihrer Gouvernante ausführlich von dem »wunderbaren« Tag erzählt. Genauso hatten sie ihn bezeichnet. Dank Frederics Bemühungen war der Heilungsprozess offenbar in Gang gekommen, dachte Charmaine beglückt. Wie es in ihrem eigenen Herzen aussah, stand auf einem anderen Blatt.
    Eine Stunde später sah Yvette zu ihrem Vater auf, der sich über ihre Schulter beugte. »Ich finde diese Arbeit nicht allzu schwierig, Papa. Was hältst du davon, wenn ich den Rest morgen Nachmittag nach dem Unterricht erledige und du am Abend meine Rechnung nachprüfst?«
    »Ich habe eine noch bessere Idee. Sicher kann ich Miss

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