Die Macht Des Eisplaneten
sie sollte. Ganz und gar nicht. Sie verabscheute es, sich Namids Behauptung zu Herzen nehmen zu sollen: daß sie langsam den Kontakt zur Realität verlor. Dinah selbst bevorzugte dagegen die Andeutung Yanas, daß sie einfach nur schlecht informiert worden war.
Sie dachte über den knappen Satz von Shongili nach -denn wer hätte >SS< sonst sein sollen? >Nichts, was eine Person tun könnte<, wie? Na ja, das stimmte zumindest mit Yanas Behauptung überein.
Würde der besorgte Gatte einer frischvermählten Braut nicht zu handeln versuchen? Nicht, mußte Dinah zögernd einräumen, wenn er keinerlei Kontrolle über diesen Planeten hatte, diese bewußte, intelligente Welt. Dann wandte sie sich wieder dem Hauptteil der Meldung zu - das war ja alles so naiv und unschuldig. Falls sie ihren Job als Piratin kündigen könnte? Wie raffiniert! Vielleicht Teil von Shongilis List? Nein, die Worte klangen aufrichtig.
Was noch hinzukam - und das hatten die O’Neills von Tanana Bay nun wirklich nicht wissen können - war die Tatsache, daß Dinah tatsächlich eine Nachfahrin jenes Rory O’Neill war, von Handy Red O’Neill, der so stolz darauf gewesen war, an der Schlacht auf der Fähre Rosslare teilgenommen zu haben. Das letzte Gefecht der Tugendhaften, so hatte er es bezeichnet. Und er hatte eine lärmende Saga komponiert, die zugleich eine der wenigen Erinnerungen an ihren eigenen rotschöpfigen Vater war: wie er den Refrain zu den vielen Versen dieser Saga brüllte. O ja, diesen O’Neills von Tanana Bay hätte sie durchaus ein Familienlied vorzusingen, und ob!
Abrupt aktivierte sie den Holoschirmschalter, der in einen ihrer Ringe eingelassen war, und drückte auf eine weitere Taste, um Megenda zu rufen.
Megenda meldete sich fast verzögerungslos bei seinem aurelianischen Kapitän. »Ja, Käpt’n Louchard?«
»Es ist Zeit zum Aufbruch. Wir fliegen nach Petaybee, Megenda.«
Der Mann entblößte die abgebrochenen Zähne bei einem Grinsen.
»Aye, aye, Käpt’n.«
16.KAPITEL
Kikoole
»Sean?« Simon Furey kam ins Haus des Gouverneurs gestürzt.
»Ich habe hier jemanden von …«Stirnrunzelnd blickte Furey auf die Plastfilmstreifen hinunter. Durch die Statik der kalten Luft aufgeladen, die er mit sich hereinbrachte, versuchten sie, sich um seine handschuhbewehrte Hand zu schlingen. »Nakatira Strukturwürfel?«
»Nie gehört.«
»Ich aber!« meinte Furey beeindruckt.
Sean griff nach dem Film. Sie hatten beide Schwierigkeiten, ihn bis zu dem Punkt abzuspulen, da sich Lieferschein und Begleitschreiben voneinander ablösen und entziffern ließen. »Davon weiß ich überhaupt nichts«, fügte er kopfschüttelnd hinzu, vor allem, als er die fettgedruckten Lettern der KOSTENFREI-Meldung sah, die quer über den Lieferschein gestempelt waren.
Furey wies mit dem Daumen über die Schulter auf den überfüllten Hüttenraum. »Wäre verdammt gut, die Dinger zu haben.«
Sean blickte sich um und schnaubte beim Anblick des Durcheinanders von Regalen voller Schachteln, die jeden verfügbaren freien Raum einnahmen: Schachteln, in denen Una und ihre Helfer das ganze Zeug ablegten, das mit jedem Shuttle hier eintraf, um in dem ohnehin schon überfüllten Gebäude untergebracht zu werden.
In diesem Augenblick trat Adak ein. Auch er wedelte mit einem Plastfilm. »Gerade sind die riesigsten Platten eingetroffen, die du dir denken kannst, Sean. Sie müssen entladen und aufgestellt werden, und ich weiß nicht so recht, wie ich das machen soll.« Adaks Augen waren rund, ja kugelig vor Erstaunen. »Was ist das für ein Zeug?«
»Klimaresistente und atmosphärenregulierte autonome Zusatzeinheiten, komplett mit sämtlichen Einrichtungen, die sich sofort aufstellen lassen, ohne daß der Standort vorher einer besonderen oder umfänglichen Vorbereitung bedarf«, sagte das hagere, rotschöpfige Individuum, das Adak auf den Fersen gefolgt war. »Aber eins muß ich Ihnen sagen, Mann, wir müssen uns jetzt mächtig sputen, sonst verpatzen wir noch den Termin für die nächste Lieferung, und das ist ganz und gar nicht Firmenpolitik! Wir haben nur drei Tage, um die Dinger aufzubauen, und Sie können von Glück sagen, so schnell beliefert zu werden, wenn man bedenkt, welche Lieferzeiten die Kunden für Nakatira Würfel sonst in Kauf nehmen müssen. Also, wo sollen wir die Dinger abstellen?« »Die?«
Der Rotschopf schnippte mit den Fingern nach dem Film in Seans plötzlich erschlaffter Hand.
»Fünf.« Der Rotschopf reckte vier behandschuhte Finger.
Weitere Kostenlose Bücher