Die Macht des Lichts
beiden Weißen Burgen würden gegensätzliche Kräfte werden und alle politischen Anführer verwirren, während die rivalisierenden Amyrlin versuchten, Nationen für ihre eigenen Zwecke zu benutzen. Verbündete wie Feinde würden die Ehrfurcht vor den Aes Sedai verlieren, und es war nicht auszuschließen, dass Könige anfingen, ihre eigenen Zentren für in der Macht begabte Frauen zu gründen.
Egwene stählte sich und ging die schlammige Straße entlang; die Zelte auf dem Weg veränderten sich, ihre Eingänge flatterten auf die seltsam vergängliche Weise der Welt der Träume. Sie fühlte, wie die Stola der Amyrlin um ihren Hals erschien, aber sie war viel zu schwer, als hätte man Blei in den Stoff gewebt.
Sie würde die Aes Sedai der Weißen Burg auf ihre Seite bringen. Elaida würde stürzen. Aber wenn nicht … dann würde Egwene tun, was nötig war, um die Welt und ihre Menschen im Angesicht von Tarmon Gai’don zu beschützen.
Sie wandte sich vom Lager ab, und Zelte, Furchen und leere Straßen verschwanden. Wieder war sie sich nicht sicher, wo sie ihr Verstand hinführte. Auf diese Weise in der Welt der Träume auf die Reise zu gehen - sich von Bedürfnissen führen zu lassen - konnte gefährlich sein, aber auch sehr erhellend. In diesem Fall suchte sie nicht nach einem Gegenstand, sondern nach Wissen. Was musste sie wissen, was musste sie sehen?
Ihre Umgebung wurde undeutlich und gewann sofort wieder an Konturen. Nun stand sie in der Mitte eines kleinen Lagers; in einer Feuergrube glühten Holzscheite, eine winzige Rauchwolke schlängelte sich gen Himmel. Das war seltsam. Feuer war für gewöhnlich zu flüchtig, um in Tel’aran’rhiod widergespiegelt zu werden. Trotz des Rauchs und des roten Glühens, das die plangeschliffenen Flusskiesel um die Grube erwärmte, fehlten die richtigen Flammen. Sie schaute in den zu dunklen stürmischen Himmel. Dieser stumme Sturm war eine weitere Unregelmäßigkeit für die Welt der Träume, auch wenn er in der letzten Zeit so alltäglich geworden war, dass sie ihn kaum noch wahrnahm. Konnte man an diesem Ort überhaupt etwas für normal halten?
Überrascht sah Egwene bunte Wagen um sich herum aufgereiht, grün, rot, orange und gelb. Waren sie eben schon dort gewesen? Sie stand auf einer großen Lichtung in einem Wald aus weißen Phantomespen. Das Unterholz war dicht, dürres Wildgras stach an unregelmäßigen Stellen fingergleich in die Höhe. Zu ihrer Rechten schlängelte sich eine überwucherte Straße zwischen den Bäumen hindurch; die bunten Wagen bildeten einen Kreis um das Feuer. Die Seiten der kastenförmigen Gefährte, die Dächer und Wände wie kleine Gebäude hatten, waren mit grellen Farben gestrichen. Ochsen spiegelten sich nicht in der Welt der Träume, dafür erschienen Teller, Becher und Löffel, nur um gleich darauf wieder neben der Feuergrube oder auf den Kutschböcken zu verschwinden.
Es war ein Lager der Kesselflicker, der Tuatha’an. Warum dieser Ort? Egwene ging langsam um die Feuergrube herum und betrachtete die Wagen, deren Lackierung keinerlei Risse oder Abnutzung aufwies. Diese Karawane war bedeutend kleiner als die, die sie und Perrin vor so langer Zeit besucht hatten, aber sie machte fast den gleichen Eindruck. Fast glaubte Egwene die Flöten und Trommeln hören zu können, konnte sich beinahe vorstellen, dass das Flackern der Feuergrube die Schatten tanzender Männer und Frauen darstellte. Ob die Tuatha’an wohl noch immer tanzten, wo der Himmel so dunkel und der Wind voller schlimmer Neuigkeiten war? Welchen Platz gab es noch für sie in einer Welt, die sich auf den Krieg vorbereitete? Trollocs war der Weg des Blattes egal. Wollte sich diese Gruppe Tuatha’an vor der Letzten Schlacht verstecken?
Egwene setzte sich auf die unterste Treppenstufe eines Wagens, dessen Vorderseite der Feuergrube zugewandt war. Einen Augenblick lang ließ sie ihr Gewand sich in ein einfaches grünes Wollkleid aus den Zwei Flüssen verwandeln, das dem ähnelte, das sie während ihres Besuches bei den Kesselflickern getragen hatte. Sie starrte in die nicht existierenden Flammen und hing nachdenklich ihren Erinnerungen nach. Was war wohl aus Aram, Raen und IIa geworden? Aller Wahrscheinlichkeit nach befanden sie sich in einem Lager genau wie diesem hier in Sicherheit und warteten darauf, was Tarmon Gai’don mit der Welt anstellen würde. Egwene lächelte, als sie an jene Tage dachte, in denen sie mit Aram getanzt und geflirtet hatte, während Perrin
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