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Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
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Zunge; seine Beschlagenheit verwirrte mich. Mit leichtgeröteten Zügen rezitierte er ein oder das andere Satzgebilde, das ihm hängengeblieben sei; Schilderungsdetails, die er, mich mit seinen Dachaugen durchbohrend musternd, als »gut gesehen« pries . . .
    »Mein Name«, fügte er scheu gewichtig schließlich ein, »ist Zinkeisen; Edmund Zinkeisen. Damit eine gegenseitige Vorstellung daraus wird. Sie werden sich, Herr Doktor, vielleicht wundern, daß ich mit einem Schimmer von Sachkenntnis über Ihre Artikel zu urteilen mir die Freiheit nehme. Ich kenne nämlich die Gegenden, die Sie so treffend schildern, gewissermaßen aus eigener Anschauung, wenn Sie erlauben. Und Sie werden begreifen, mit welcher Andacht ich mich hineinvertieft habe . . . ›Wenn du doch‹, so sagte ich oft zu mir, und auch zu meiner Frau sagte ich das, ›diesen Herrn Verfasser einmal persönlich sprechen könntest . . . dann könntest du Erinnerungen tauschen an die bedeutsamste Zeit deines Lebens; dann wäre dir leichter . . .‹ Denn herunter muß es, Herr Doktor, von der Seele, was der Mensch erlebt hat, und wenn er steinalt wird, es gibt Dinge . . . Dinge sag' ich, gibt es, und Zufälligkeiten, kaum zu beschreiben. Darf ich mir gestatten, Ihnen diese Havannazigarre anzubieten? Brennt sie? So . . . so . . .« Mit finsterem Interesse sah er zu, wie ich mich bediente.
    »Sie waren also auch in Indien?«
    »Nicht nur in Indien«, sprach er fast flüsternd. »Viel, viel weiter . . .« Es war, als raune er über einem Schatz, der eifersüchtig behütet aufblinkte. Auf einmal, schneidig wegwerfend: »Ich habe den Rahm abgeschöpft! Ich war sechs Jahre bis zum Krieg ununterbrochen unterwegs! Ich habe mein Erlebnisschäfchen im Trockenen! – Nun, Herr Doktor, habe ich eine Bitte an Sie: würden Sie mir heute die Ehre und das Vergnügen machen, zum Abendbrot mein Gast zu sein? Eine Flasche importierter Jamaikarum? Wie? Ein kleiner Grog in diesem kalten Mai? – Dann kann ich Ihnen etwas zeigen, was Sie in Erstaunen setzen wird. Das macht die Wertschätzung, verstehen Sie!«
     
    Es war am Abend. – Auch in seinen Wohnräumen herrschte jene auffallende Sauberkeit. – Es war bieder-bürgerlich und nett. – Eine mollige, blonde Frau begrüßte mich. – Nach dem Essen blieb man noch eine Weile bei einer Tasse guten Mokkas plaudernd beisammen; – dann gab der Hausherr seiner Frau ein offenbar vorher verabredetes Zeichen.
    Sie brachte einen Spiritusapparat mit bereits heißem Grogwasser; Herr Zinkeisen bereitete das Getränk mit zeremonieller Sachlichkeit und so nördlich, daß das ganze Zimmer duftete und zur Koje wurde, mit dem »Pochen großer Wasser drei Handbreit hinter der Wand . . .« –
    Dann ging er noch nach vorn in den Laden und brachte folgendes mit: – zwei »Cheeroots« mit giftgrünen Leibbinden und eine runde Büchse »Capstan«Zigaretten. »Dies stammt noch von . . . damals«, sagte er sinnend. »Diese Zigarren – sehen Sie – diese perfekten Walzen! – rollen die indischen Mädchen auf ihrem sonnenwarmen Schenkel. Schwer und schwarz und stark . . . Man verträgt sie nur nach der Mahlzeit . . .«
    »Bemühen Sie sich nicht!« sagte ich behaglich und brannte mir das Kraut an, wovon sich augenblicks ein schwerer, schier benebelnder Duft erhob.
    »Was heißt bemühen!« winkte er ab und ließ sich auf dem lederüberzogenen Sofa nieder. Die Frau blieb noch ein paar Minuten da; dann zog sie sich wie mitwisserhaft lächelnd zurück. Die Geräusche der Stadt drangen ganz schwach durch den geschlossenen Laden zu uns herein. Er sah freundlich und ein wenig versonnen aus. – Dann sagte er, indem er im Grog rührte:
    »Sehen Sie den Blechkasten dort, Herr Doktor?«
    Ich erblickte auf einem Holzgestell eine ungefüge, schwarzlackierte Kiste, mit einer vorn hervorstehenden Blechröhre, und verhangen von einem buntseidenen Tuch. Von einem Wandkontakt aus lief ein Leitungsdraht in den hinteren Teil. Recht vorsintflutlich mutete das Ding an.
    »Eine
Laterna magica

    »– So ist es. – Eine biedere magische Laterne, wie sie bei unseren Vorvätern in Gebrauch war. Ein Requisit aus einer menschenwürdigeren Zeit. Ein Spielzeug, das ich auf dem Trödelmarkt fand und unverzüglich erwarb . . . Man läuft jetzt ins Kino, – gut; – es hat eben jeder die Unterhaltung, die er verdient. Ich meinerseits bin, mit Ihrer Erlaubnis, ein philosophischer Charakter und lasse mich nicht abspeisen anläßlich

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