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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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die Öffnung der Fontanelle ins Schädelinnere geschaut hat. Wie gesagt, nur ein klitzekleiner Punkt mit nicht einmal einem Millimeter Durchmesser. Was das bedeuten soll, weiß ich allerdings auch nicht.«
    Der Kastellan überlegte. »Seltsam. Und so ein, äh, Löchlein, wie Sie sagen, ist an dieser Stelle des menschlichen Schädels nicht normal?«
    »Absolut nicht. Aber ob das im Zusammenhang mit dem Tod des Babys steht – ich kann es dir wirklich nicht sagen.«
    »Na dann, trotzdem vielen Dank, und einen schönen Tag noch.«
    »Wiederhören. Und nochmals Grüße an deinen Vater«, sagte Habermann und legte auf.
    Haubold blies die Backen auf und seufzte. Das war’s dann wohl, dachte er.

Glogau, Mai 1527
    Heinrich, Herzog von Groß-Glogau und Crossen, stand am offenen Spitzbogenfenster des Rittersaals und schaute sich das Treiben im Schlosshof an. Ein bäuerlicher Ochsenkarren hatte gerade den Frondienst an Käse und Eiern gebracht, und der Küchenschreiber stand mit seinem Kerbholz beim Abladen dabei, um die genauen Mengen zu verzeichnen. Zwei wütende Kater fauchten einander mit gesträubten Nackenhaaren an und teilten Hiebe aus, bis eine Magd sie auseinander trieb. In der Ecke des Schlosshofes wurde unter verzweifeltem Quieken ein fettes Schwein dem Schlachter zugeführt, der schon mit gewetztem Messer bei seinen dampfenden Bottichen wartete. Die Hühner stoben wild gackernd umher. Und zwischendrin reparierten zwei Zimmerleute die Holzrinne, die vom Dach der Kemenate zur Zisterne führte.
    Heinrich von Groß-Glogau war nicht mehr jung, und seine ersten beiden Ehen waren kinderlos geblieben.
Die dritte Verbindung mit dem Markgraftum Ansbach war eher auf politische Überlegungen zurückzuführen als auf den Wunsch nach einer weiteren Ehefrau, die überdies noch ein Kind war. Das, was ihn wirklich interessierte, waren weder Politik noch Frauen. Seine große Leidenschaft galt der Alchemie. So oft es seine Zeit erlaubte, verschwand der Herzog in seinem Laboratorium im Ostflügel des Schlosses, um sich dort mit den Geheimnissen der Scheidekunst zu beschäftigen, allerdings bis jetzt noch ohne das ersehnte Ergebnis, nämlich die Komponenten zu entdecken, aus denen Gold zusammengesetzt werden konnte.
     
    Das Kind marschierte zielstrebig auf den Mann zu, der immer noch aus dem Fenster blickte. Es blieb stehen und wartete eine Weile, aber der Mann bemerkte es nicht. Barbara wusste nicht recht, womit sie anfangen sollte, und trat verlegen von einem Fuß auf den anderen. Schließlich war sie das Warten leid, machte noch zwei Schritte, zupfte den Herzog am Ärmel und sagte: »Gibt’s was zu sehen, Euer Liebden?«
    Sie erschrak sofort über ihre eigene Kühnheit und entschuldigte sich.
    »Vergebt mir, wenn ich störe, aber ich wollte mich nur für das Hündchen bedanken. Ihr seid zu freundlich zu mir.«
    Der Mann drehte sich um, und er und das Kind sahen
sich an. Barbara hatte sich keinen Traumprinzen zum Mann erwartet – sie war dazu erzogen worden zu nehmen, wen man ihr zugesprochen hatte, aber die Enttäuschung war ihr an den Augen abzulesen. Der Herzog kam ihr älter vor als erwartet, und er war selbst nach damaligen Begriffen ein abstoßender Mann. Sein Gesicht war seit seiner Jugendzeit von einer Flechte entstellt, die ihm auch bis auf einige zerfledderte Reste den Haarwuchs genommen hatte, weshalb er sogar im Haus die Kalotte trug, eine runde Kappe, die er tief in die Stirn zog. Bei einem Sturz vom Pferd vor vielen Jahren hatte er sich drei Vorderzähne ausgeschlagen, vom vierten war nur eine Ecke geblieben, die schwärzlich über die Unterlippe ragte. Seitdem hatte er auch eine verkrüppelte Hand und einen lahmen Arm, der kraftlos an der Seite herabhing.
    Barbara versuchte sich wieder zu fassen und dem Blick des Herzogs standzuhalten. Dieser schaute das Kind mit hochgezogenen Brauen an und begann schließlich zu kichern.
    »Ich sehe, man hat Euch nicht recht auf mich vorbereitet, Euer Liebden. Aber keine Angst – ich bin zwar nicht so jung und hübsch wie Ihr, aber ich tue Euch nichts und bin im Allgemeinen recht friedlich. Ihr werdet das Leben als Herzogin von Glogau schon erträglich finden.«
    Barbara brachte noch immer kein Wort heraus.
Der Herzog führte sie schließlich zu zwei Scherenhockern vor dem großen Kamin, in dem ein munteres Feuer flackerte und angenehme Wärme ausstrahlte.
    »Setzt Euch, meine zukünftige Herrin, und plaudert mir ein bisschen von der Reise und von meinen lieben Vettern in

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