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Die Maske

Die Maske

Titel: Die Maske Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siegfried Lenz
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Blinkfeuer.“ Ich
fragte ihn nach der Besonderheit des Wurfnetzes, und er schien erfreut über
meine Frage. Ich wußte, daß Wurfnetze vor allem bei der Flußfischerei gebraucht
wurden, auf den Strömen in Südamerika, und er versicherte mir, daß die Fischer
geübte Werfer seien, Schleuderer eigentlich. Einem Einfall nachgebend,
entblößte er seine Schneidezähne, griff das Wurfnetz und forderte mich auf,
einen Augenblick bewegungslos stehen zu bleiben, und ohne meine Einwilligung
abzuwarten, demonstrierte er die Möglichkeiten seines Netzes. Ruckhaff, als
erweckte er das am Boden liegende Netz zum Leben, zog er die Leine an, zog und
kreiselte gleichzeitig, kreiselte immer schneller, so daß das Netz sich erhob
und tellerartig zu seiner Form fand und stieg, bis auf Augenhöhe stieg, jetzt
schleuderte er es über mich und zog die Leine zu, und ich war gefangen; von
Kopf bis Fuß. Lene klatschte vor Freude in die Hände und sagte: „Gefangen, Jan,
du bist gefangen.“
    Während sie mich aus dem Garn befreite, summte sie
ein Lied. Soweit ich den Text verstand, den sie gelegentlich zitierte, handelte
es von einer ersehnten Ankunft nach langer Wartezeit und wiederholte ein
Versprechen mit den Worten „Wei Wei Wang“.
    Den Kaffee, den ihr Vater uns anbot, schlug sie
aus, sie vertröstete ihn auf ein nächstes Mal und behauptete, daß wir erwartet
würden, und der alte Mann ließ uns gehen. Zum Abschied legte er mir eine Hand
auf die Schulter.
    Lene wollte mir etwas zeigen, etwas anvertrauen,
sie hatte einen Lieblingsplatz in den Dünen, den sie aufsuchte, wenn sie allein
sein wollte, allein mit Wind, Sand und den Seevögeln; dorthin führte sie mich.
Die Vertiefung auf dem Kamm der Düne war mit einer Zeltplane ausgelegt, an
einigen Stellen war Sand nachgerieselt. „Hier sieht uns niemand“, sagte Lene
und setzte sich und deutete auf das Meer hinaus. Schweigend saßen wir nebeneinander
- mit dem Schweigen, das manchmal so viel bedeutet, wie Worte es tun können.
Wir bliesen und wischten Sandkörner von der Haut, ich empfand das flüchtige
Glück ihrer Berührungen. Wie von selbst kam der Wunsch nach Dauer auf. Wir
streckten uns aus, lagen nah beieinander; bevor meine Hand zur Ruhe kam,
wanderte sie über Lenes Rücken, ihre Hüffen. Ich hatte das Bedürfnis, zu
sprechen, ihr etwas zu erzählen, doch ich tat es nicht, vielleicht weil ich
fürchtete, daß durch Worte etwas verlorengehen könnte. Im stillen für mich aber
stellte ich mir etwas vor, deutlich sah ich das kleine Haus vor mir, in dem wir
zusammen wohnen würden, ich sah sie mich zur Tür und durch den Blumengarten
bringen und mir nachwinken auf meinem täglichen Weg zur Schule. Bei diesem
anheimelnden Entwurf, ermattet in der Wärme, muß ich eingeschlafen sein.
    Ich träumte. Im Traum trug ich meine Maske und
trieb mich am Fährhafen herum und am Leuchtturm, heiter begrüßt von
Feriengästen, kopfschüttelnd betrachtet von Einheimischen. Plötzlich waren
auch Kinder da, eine ganze Kinderschar. Sie folgten mir, sie umkreisten mich,
ein Junge legte es darauf an, mich zu provozieren, durch Zurufe, durch
schnelle klatschende Schläge. Ich ging schneller, floh vor den Kindern bis zu
den Strandkörben. Nachdem ich die Kinder zurückgelassen hatte, blieb ich
stehen, um Atem zu holen. Ich bemerkte nicht gleich, daß ich vor der
Fensterscheibe unserer Bankfiliale stand; erst als Frau Brodersen an ihren
Schalter trat, wußte ich es. Es waren keine Kunden in der Filiale. Frau
Brodersen begann, Belege abzuheften, prüfte da, verglich, drückte den Sammler.
Ihr gutmütiges Gesicht zeigte nichts als Zufriedenheit. Dann aber hob sie ihr
Gesicht und sah mich und hielt mitten in ihrer Tätigkeit inne. Zuerst zeigte
ihr Gesicht nur eine plötzliche Starre, fassungslos blickte sie mich an, auch
ungläubig; sie öffnete den Mund, stieß vermutlich einen Schrei aus, und
verschloß die Kasse. Durch Zeichen gab ich ihr zu verstehen, daß ich jetzt zu
ihr kommen würde, worauf sie sich ängstlich umsah, nach einer Deckung suchte
oder nach einem Fluchtweg. Ich ging in die Filiale hinein und sagte zur
Begrüßung: „Nur ruhig, gute Frau, wenn Sie sich ruhig verhalten, geschieht
Ihnen nichts.“ Sie blieb an ihrem Platz und zog den Schlüssel von der Kasse und
hielt ihn mir hin, mit einer Geste zur Selbstbedienung, wie es mir vorkam. Ich
öffnete die Kasse. Es waren nur Münzen darin. Mit einer Handvoll ging ich
hinaus zu den Kindern, die zu meiner Überraschung Masken trugen,

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