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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ziemlich nahe kommen. Wenn wir von diesem Buch ausgehen und Bücher und Reihen nach den erhaltenen Angaben weiterzählen, dann sollten wir wahrscheinlich den verschwundenen Gegenstand in einem ausgehöhlten Buch oder in einer Nische dahinter finden können.»
    «Auf mein Wort», meinte Lord Caterham, «das klingt einleuchtend.»
    «Nicht ungeschickt», stimmte George Lomax gnädig zu. «Aber die Frage bleibt offen, ob der – Gegenstand wirklich noch dort ist.»
    Anthony lachte.
    «Nun, das werden wir bald haben.» Er sprang auf. «Ich gehe gleich in die Bibliothek –»
    Er kam nicht weiter. M. Lemoine trat rasch auf ihn zu.
    «Einen Moment, Mr Cade. – Gestatten Sie, Lord Caterham?»
    Er begab sich hastig zum Schreibtisch und kritzelte ein paar Worte, steckte den Zettel in einen Umschlag und läutete. Tredwell erschien, und Lemoine reichte ihm den verschlossenen Umschlag.
    «Sehen Sie zu, dass das sofort ausgehändigt wird.»
    «Sehr wohl, Sir», sagte Tredwell und zog sich zurück.
    «Was haben Sie im Sinn, Lemoine?», fragte Anthony liebenswürdig und lächelte. Die Atmosphäre war plötzlich spannungsgeladen.
    «Wenn der Stein wirklich dort ist, wo Sie behaupten, dann lag er sieben Jahre lang im Versteck – und eine Viertelstunde mehr wird keinen Unterschied machen.»
    «Was weiter?», fragte Anthony. «Das ist wohl nicht alles, was Sie zu sagen haben.»
    «Nein, sicherlich nicht», klang es scharf zurück. «Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich es für – unklug zu gestatten, dass irgendeine Person dieses Zimmer verlässt. Vor allem dann, wenn das Vorleben dieser Person reichlich undurchsichtig ist.»
    Anthony zündete sich gelassen eine Zigarette an.
    «Ein Vagabundenleben ist tatsächlich nicht besonders ehrenwert», spottete er.
    «Vor zwei Monaten, Mr Cade, waren Sie in Südafrika. Das ist erwiesen. Wo aber haben Sie vor dieser Zeit gelebt?»
    «Kanada – im wildesten Nordwesten.»
    «Sollten Sie sich nicht eher in Gefangenschaft befunden haben? Sagen wir zum Beispiel in einem französischen Staatsgefängnis?»
    Ganz automatisch machte Inspektor Battle einen Schritt zur Tür hin, wie um diese Rückzugsmöglichkeit abzuschneiden. Aber Anthony zeigte keine Lust zu einer derart dramatischen Aktion. Er blickte vielmehr den französischen Detektiv scharf an und brach dann in Lachen aus.
    «Mein armer Lemoine, Sie leiden an Verfolgungswahn! Sie sehen wohl überall Ihren König Victor. Und jetzt bilden Sie sich ein, ich sei dieser interessante Herr?»
    «Leugnen Sie es etwa?»
    «Ich leugne nie etwas, das mir Spaß macht», meinte er leichthin. «Aber diese Anschuldigung ist mehr als lächerlich.»
    «Finden Sie wirklich?» Der Franzose lehnte sich vor. Irgendetwas in Anthonys Benehmen schien ihn zu verwirren. «Ich kann Ihnen nur eines sagen: Ich bin hinter König Victor her – und diesmal entgeht er mir nicht!»
    «Sehr lobenswert», entgegnete Anthony trocken. «Immerhin machten Sie diesen Versuch schon früher, nicht wahr, Lemoine? Und bis jetzt ist er Ihnen noch nicht gelungen. Sind Sie diesmal Ihrer Sache so sicher? Sie wissen, König Victor ist ein schlüpfriger Fisch.»
    Das Gespräch hatte sich zu einem Duell zwischen den beiden Männern entwickelt. Alle anderen spürten die Spannung. Der tödliche Hass in der Stimme des Franzosen kontrastierte seltsam zu der Gelassenheit seines Gegners.
    «An Ihrer Stelle, Lemoine», fuhr Anthony fort, «würde ich sehr, sehr vorsichtig sein und jeden Schritt genau überlegen.»
    «Diesmal wird es keinen Irrtum geben.»
    «Sie sind Ihrer Sache etwas zu sicher», bemerkte Anthony. «Es gibt so etwas wie Beweismaterial, wissen Sie.»
    Lemoine lächelte, und die eisige Kälte dieses Lächelns schien Anthonys Gleichmut einen Stoß zu versetzen.
    «Sie sahen, dass ich vorhin einen Zettel schrieb», sagte der Franzose scharf und jedes Wort betonend. «Die Mitteilung war an meinen Sergeanten im Gasthof gerichtet. Gestern erhielt ich aus Paris die Fingerabdrücke und die Bertillonmaße von König Victor – alias Captain O’Neill. In wenigen Minuten werden wir wissen, ob Sie dieser Mann sind.»
    «Ein guter Gedanke, Lemoine. Und wenn die Maße nun passen –?»
    «Dann?» Lemoine schien verwirrt. «Dann habe ich bewiesen, dass Sie König Victor sind.»
    Aber zum ersten Mal malte sich Unsicherheit in seinem Gesicht.
    «Das wird eine große Befriedigung für Sie sein», sagte Anthony. «Aber wieso sollte mir das schaden? Verstehen Sie mich recht: Ich gebe gar nichts zu, aber

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