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Die Memoiren des Grafen

Die Memoiren des Grafen

Titel: Die Memoiren des Grafen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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geschäftlichen Vorschlag unterbreiten.»
    «Ah – ist das so?», meinte der Baron.
    «Geschäfte beruhen auf dem bekannten Prinzip von Nachfrage und Angebot», erklärte Anthony. «Der eine will etwas, der andere besitzt es. Zu bestimmen ist nur der Preis.»
    Der Baron blickte ihn aufmerksam an, aber er sagte nichts.
    «Zwischen einem herzoslowakischen Edelmann und einem englischen Gentleman lassen sich die Bedingungen einfach regeln», fuhr Anthony rasch fort.
    «Das genauso ist», lächelte der Baron zustimmend und neigte den Kopf. «Wirklich so.»
    «Sehr gut», meinte Anthony. «Ich will nicht länger damit hinterm Berg halten.»
    «Was heißt das: hinterm Berg halten? Ich nicht verstehe.»
    «Eine Redensart. Im Klartext: Sie wünschen eine Ware – und wir besitzen sie. Ihr Schiff ist gut, Baron, aber es braucht einen Kapitän. Unter ‹Schiff› verstehe ich die Loyalistische Partei von Herzoslowakien. Augenblicklich fehlt Ihnen das Wichtigste für Ihr politisches Programm: ein Thronanwärter! Nehmen wir nun einmal an – nur eine Annahme –, ich könnte Ihnen einen verschaffen. Was hielten Sie davon?»
    Der Baron starrte ihn an.
    «Ich Sie nicht kann verstehen», sagte er, «absolut nicht!»
    «Sir», sagte Andrassy scharf, «Sie werden beleidigend!»
    «Aber nicht im geringsten, meine Herren», erwiderte Anthony. «Ich möchte Ihnen nur helfen. Angebot und Nachfrage, Sie verstehen. Mein Angebot ist völlig ernsthaft und aufrichtig. Selbstverständlich ist Ihnen nur mit einem echten, wirklichen Prinzen gedient. Wenn wir uns einigen, werden Sie sehen, dass mein Vorschlag völlig korrekt ist. Ich biete Ihnen einen Prinzen aus bestem Geblüt an.»
    «Ich gar nicht verstehe.» Der Baron schüttelte den Kopf.
    «Das macht nichts», lächelte Anthony freundlich. «Ich möchte nur, dass Sie sich an den Gedanken gewöhnen. Überlegen Sie gut. Ich habe eine Trumpfkarte in der Hand. Sie brauchen einen Thronanwärter – und unter gewissen Umständen bin ich bereit, Ihnen einen solchen zu beschaffen. Überlegen Sie es sich. – Nun habe ich noch eine Bitte, Baron: Sie müssen heute Abend nach Chimneys kommen – Captain Andrassy ebenfalls. Es werden sich dort merkwürdige Dinge ereignen. Wollen wir eine Verabredung treffen? Sagen wir also um 9 Uhr im Ratssaal. Danke, meine Herren. Ich kann mich doch darauf verlassen, dass Sie kommen?»
    «Mr Cade», sagte der Baron nicht ohne echte Würde, «ich hoffe, Sie sich nicht machen lustig über uns?»
    Anthony gab den Blick klar und offen zurück.
    «Baron», sagte er, und ein neuer Ton schwang in seiner Stimme, «wenn dieser Abend gekommen ist, werden Sie der Erste sein, der mir zugibt, dass diese Sache völlig ernsthaft ist.»
    Sich vor beiden Herren verneigend, verließ er den Raum.
    Sein nächster Besuch galt einem großen Gebäude in der City, wo er eine Visitenkarte für Mr Isaacstein abgab.
    Nach längerem Warten wurde Anthony von einem blassen Herrn mit höflichen Manieren empfangen.
    «Sie wünschen Mr Isaacstein zu sprechen, Sir?», erkundigte sich der junge Mann. «Leider ist er diesen Morgen außerordentlich stark beschäftigt. Kann ich irgendetwas für Sie tun?»
    «Ich muss Mr Isaacstein persönlich sprechen», erklärte Anthony und fügte leichthin bei: «Ich komme von Chimneys.»
    Der junge Angestellte wurde nachdenklich bei dieser Bemerkung.
    «Oh», meinte er zweifelnd, «ich werde Mr Isaacstein fragen.»
    «Sagen Sie ihm bitte, es sei sehr wichtig – auch für ihn.»
    «Eine Nachricht von Lord Caterham?», tastete sich der junge Mann vor.
    «Etwas Ähnliches», lächelte Anthony, «aber ich muss Mr Isaacstein sofort sprechen.»
    Zwei Minuten später wurde Anthony in ein luxuriöses Allerheiligstes geführt.
    Mr Isaacstein erhob sich zur Begrüßung.
    «Bitte entschuldigen Sie mein formloses Eindringen», sagte Anthony. «Ich weiß, Sie sind ein viel beschäftigter Mann, und ich werde Sie nicht länger aufhalten als unbedingt nötig. Es handelt sich nur um eine kleine geschäftliche Angelegenheit.»
    Mr Isaacstein betrachtete ihn einen Augenblick mit seinen scharfen grauen Augen.
    «Bedienen Sie sich mit einer Zigarre», sagte er unerwartet und hielt dem Besucher eine offene Kiste hin.
    «Danke bestens», sagte Anthony und bediente sich.
    «Es betrifft dieses herzoslowakische Geschäft», fuhr er fort. Das kurze Flackern in den dunklen Augen entging Anthony nicht.
    «Dieser Mord an Fürst Michael hat Ihre Pläne sehr durcheinandergebracht.»
    Mr Isaacstein

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