1336 - Die Dämonen-Bande
Der kahlköpfige Mann lächelte die Verkäuferin bereits an, als er den Laden betrat. Er war der einzige Kunde um diese Zeit, und die Frau hinter der Theke zog sich unwillkürlich zurück, als sie den Mann sah. Da half auch sein Lächeln nicht. Sie hatte eher das Gefühl, gegen einen lebenden Eisblock zu schauen. Der Blick seiner hellen Augen irritierte sie, denn so etwas Durchdringendes hatte sie noch nicht gesehen.
Der Kunde kam auf die Verkaufstheke zu, und es war kein Laut zu hören, als er ging. Er blieb vor der Theke stehen. Obwohl sich seine Augen nicht bewegten, überkam die Frau der Eindruck, dass er alles sah, was sich in diesem Laden befand. Sie spürte zudem eine Kälte, die über ihren Rücken kroch, und dachte daran, dass es das Gefühl der Angst war, das sie überkommen hatte.
Der Kunde sagte zunächst nichts. Er legte seine Hände auf den Tresen. Aus den Ärmellöchern schauten die langen Finger, auf deren Haut nicht das winzigste Haar wuchs.
»Sie… Sie … wünschen, Mister?«
Der Mann gab keine Antwort. Dafür schaute er der Verkäuferin in die Augen. Die Frau merkte, dass sie sich verkrampfte. Sie hatte auch Mühe, normal zu atmen.
Etwas hatte sie erwischt, für das sie keine Erklärung hatte. Sie stand hier allein im Laden, was sie gewohnt war. Nun aber wünschte sie sich einen Kollegen oder eine Kollegin, aber die konnte sie nicht herbeizaubern. Trotz ihrer Starre überlegte sie und gelangte zu dem Schluss, dass sich um sie herum eine Aura gebildet hatte, die sie einhüllte wie eine Gefangene. Hier war eine Macht entstanden, der sie nichts entgegenzusetzen hatte.
Der ungewöhnliche Kunde schaute sie weiterhin nur an. Er brauchte nichts zu sagen, er ließ nur seine Augen sprechen, und das reichte, um ihren Willen zu brechen.
Plötzlich gab es für sie nur den Mann und nichts anderes in der Umgebung mehr.
»Wie heißt du?«
»Helen.«
»Sehr gut, Helen. Ich bin von jetzt an dein Herr und Meister. Du wirst alles tun, was ich dir sage. Hast du das verstanden?«
»Das habe ich.«
»Wunderbar.«
»Gehört das Geschäft dir?«
»Nein, ich bin nur angestellt. Die Besitzer sind in Urlaub gefahren. Ich habe die Verantwortung.«
Der kahlköpfige Kunde war zufrieden. Besser hätte es für ihn gar nicht laufen können. Über etwas anderes hätte er sich auch gewundert. Das Schicksal stand eben immer auf seiner Seite. Und wenn nicht, dann war er in der Lage, es zu manipulieren.
»Es ist gut, dass du dich um den Laden kümmerst, Helen. Sehr brav. Du tust immer das, was man dir sagt. Man kann sich auf dich verlassen, nicht wahr?«
»Das kann man.«
»Und auch ich kann mich auf dich verlassen, weil du jetzt weißt, wer das Sagen bei dir hat.«
»Das ist mir bekannt!«
»Wunderbar. Dann sieh mich an!«
Er hatte die Aufforderung sehr leise gesprochen, aber genau den richtigen Ton getroffen, denn Helen schaute ihn an, weil sie gar nicht anders konnte.
Sie wusste nicht zu sagen, wie sie sich fühlte, denn sie war nicht mehr die gleiche Person. Etwas hatte sie in den Bann gezogen, aus dem sie sich nicht mehr befreien konnte. Die Augen des Kunden waren wichtig, aber auch das andere, das in ihr steckte und sie sich nicht erklären konnte.
»Ich frage dich jetzt erneut, Helen. Wirst du alles tun, was ich dir sage?«
»Ja, das werde ich!« Der glatzköpfige Kunde in der dunklen Kleidung legte den Kopf schief und hakte noch einmal nach, weil er sich sicher sein wollte. »Wirklich alles?«
»Ja, alles!«
»Das ist gut!«
Der Kunde freute sich. Er sprach Helen in der nächsten Zeit nicht an. Aber er blieb vor der Theke stehen und bewegte den Kopf. Er suchte nach etwas Bestimmtem. Die Blicke glitten über die Dinge hinweg, die man hier kaufen konnte. Es war ein Geschäft, in dem es alles Mögliche gab, von Lebensmitteln über die Haushaltswaren, und der Kunde konnte sogar billige Kleidung erwerben.
Für den Haushalt war das Wichtigste vorhanden.
Auch Messer…
An ihnen blieb der Blick des Mannes länger haften. Der Kunde überlegte. Es dauerte etwas, bis er sich zu einer Entscheidung durchgerungen hatte. Als dies der Fall war, zeigten seine blassen schmalen Lippen ein kaltes Lächeln.
Das Objekt, das er sich ausgesucht hatte, lag nicht bei den anderen Messern, sondern etwas abseits in einem kleinen Glasaufsatz auf der Theke. Dort stand die Kosmetik für den Mann. Rasierseife, Rasierpinsel – und das Rasiermesser, das man aufklappen musste, um sich mit der Klinge den Schaum vom Gesicht zu
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