Die Mitternachtsprinzessin
der uralten Felsenmalereien, von denen es hieß, es gäbe sie überall in der Dordogne.
Niemand wusste genau, wer sie gemacht hatte oder wie alt sie wirklich waren. Sie blickte auf einen Stier und andere Tieren die ihr so vorkamen, als stammten sie von einem Kind. Die Tiere schienen über die Höhlenwand zu laufen, um in die Welt der Schatten zu verschwinden, in eine der Unendlichkeit. Sie glaubte, dass dies die Botschaft war, die die Maler einst hinterlassen hatten. Die Tiere führten den Menschen zurück in eine andere Welt, lange bevor es das göttliche Recht der Könige gegeben hatte oder die Vorstellung von einem Weltreich. In jener Zeit wurden Könige nicht wegen ihrer Abstammung bestimmt, sondern danach, wer der Stärkste war, der Tapferste, der Klügste und der beste Anführer.
Die Menschen wollten nur jenem folgen, der die größte Chance hatte, die Gruppe am Leben zu erhalten.
All das wurde Sophia klar, als sie Gabriel liebevoll in den Armen hielt und seine breite Schulter küsste. Ihre Gedanken überschlugen sich, und ihr Herz schmerzte, denn in diesem Augenblick begriff sie es besser als er, warum er verschont worden war, warum man ihn zurückgeschickt hatte von der Schwelle des Todes. Was die ganze Zeit über sein eigentliches Schicksal gewesen war.
Mein König.
20. Kapitel
Prinzessin Sophia von Kavros.
Ihre königliche Hoheit.
Zu schön, um sie zu beschreiben, und Gabriel vermochte kaum zu glauben, dass er sie entjungfert hatte. Noch immer tief erschüttert darüber, beobachtete er sie liebevoll im Schlaf, während der neue Tag anbrach.
Sie zu lieben war das Ergreifendste gewesen, das er je getan hatte - und vermutlich das Verabscheuungswürdigste.
Nach allem, was sie bereits verloren hatte, war es Wahnsinn von ihm, vielleicht sogar grausam, es zu wagen, ihr so nahe zu kommen, wenn er doch noch immer die Janitscharen-Armee besiegen musste und das vielleicht nicht überlebte. Tief in seinem Innern hatte er, seit er um ein Haar sein Leben verloren hätte, gespürt, dass ihm möglicherweise ein solches Schicksal bevorstand.
Wenn der Tod ihn in der bevorstehenden Schlacht holen sollte, würde er Sophia am Ende tiefer verletzt haben, als es dem Feind jemals gelingen könnte. Dann hätte er sie geschwächt, obgleich sie für ihr Volk stark sein musste.
Doch sie hätte es ihm nie verziehen, wenn er sie abgewiesen hätte. Und er hätte es sich selbst nicht verziehen. So stark war nicht einmal er. Er konnte seine Gefühle für sie nicht länger verleugnen, diese beinahe überwältigende Liebe. Selbst jetzt drohte ihm das Herz überzufließen, als er sie ansah, wie sie so dalag und schlief, süß und friedlich, ihre schwarzen Locken waren über das Kissen gebreitet, eine Hand hielt sie leicht zur Flaust geballt unter dem Kinn.
Er fühlte einen Kloß in seiner Kehle, als er merkte, wie lieb er sie gewonnen hatte und wie nahe er daran gewesen war, sie an diese heimtückischen Bastarde zu verlieren. Nein, er konnte sich nicht vorstellen, dass diese Liebesnacht ein Fehler sein könnte.
Ob es nun Sünde oder Erlösung war, sie beide hatten es so gewollt. Noch jetzt, am Beginn eines neuen Tages, war er ganz erfüllt von einer seltsamen Mischung aus Glück und Zorn. Zorn über die weiterhin bestehende Gefahr, in der sie schwebte. Während er sie beobachtete, wie sie neben ihm lag, sicher und beschützt, war er benommen von dem märchenhaften Gefühl, sie in der vergangenen Nacht unter sich gespürt zu haben, und traf die Entscheidung, sie vor allem Bösen zu bewahren, bis sie die Küste erreichten.
Es war nicht nötig, ihr zu sagen, wie groß das Ausmaß der Bedrohung durch den Orden des Skorpions war. Sie hatte schon genug durchgemacht und würde ein paar Tage Erholung brauchen, ehe er ihr sagte, wie schlimm es tatsächlich stand.
Er konnte nur hoffen, dass die königliche Marine in Kavros einsatzbereit war, wenn seine Männer das Versteck der Janitscharen aufgespürt hatten.
Als Sophia sich bewegte, drängte er die dunklen Gedanken beiseite und konzentrierte sich auf die Pläne, die er für sie gefasst hatte. Es würde nicht lange dauern, bis sie das Mittelmeer erreichten, aber die nächsten beiden Tage würde er sich allein ihrem Wohlergehen widmen.
Himmel, sie einfach nur zu beobachten bereitete ihm unendliches Vergnügen. Ihre Lider flatterten, als sie erwachte. Gabriel sah sie voller Freude an und wartete darauf, ihr einen guten Morgen wünschen zu können.
Plötzlich öffnete sie die Augen,
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