Die 'Morgen darf ich essen, was ich will'-Diaet
der globalen Epidemie des 21. Jahrhunderts zu sprechen, da es erstmals in der Geschichte der Menschheit mehr Über- als Unterernährung gibt. Ein dicker Bauch ist heute kein Zeichen mehr von Wohlstand, sondern Ausdruck von Nachlässigkeit und Disziplinlosigkeit.
Was muss man tun, um dick zu werden?
Die Antwort ist denkbar einfach und hat etwas mit viel Essen – am besten Fast Food und/oder möglichst fetten Gerichten – zu tun. Ich traue mich außerdem fast zu wetten, dass sich auf der Liste der Lieblingsspeisen von jedem von uns sehr viele finden lassen, die zu den Top-Dickmach-Kandidaten zählen. Und wenn man dann schon zu denen greift, dann natürlich nach einem stressigen Tag oder um zehn Uhr abends. Oder beides.
Sich wenig bewegen
Dann ist da noch der Faktor zu wenig Bewegung. Viele Menschen laufen, inspiriert von dieser Bilanzidee, mit der Überzeugung durchs Leben, dass sie abnehmen, wenn Sie weniger essen und sich gleichzeitig mehr bewegen.
Das stimmt prinzipiell schon, nur ist vielen der richtige Zusammenhang der beiden Variablen Essen und Bewegung nicht klar. Entscheidend ist nicht nur wie viel, sondern auch, was und vor allem wann man isst und wie viel man sich bewegt.
Mehr essen
Grundsätzlich geht die Rechnung aus zu viel Essen und zu wenig Bewegen natürlich auf, jedoch nur im Extrem: Wenn eine Gruppe von Personen sehr viel isst und sich kaum bewegt, und die andere Gruppe wenig isst und wie wahnsinnig Sport betreibt, macht das natürlich einen sicht- und messbaren Unterschied.
Kalorien sparen
Hierzu eine Untersuchung, die mein Freund, der Ernährungspsychologe Volker Pudel gerne zitierte. Wenn eine Gruppe von Menschen über einen Zeitraum von zwei bis sechs Monaten 300 Kalorien pro Tag mehr als sonst zu sich nimmt, ändert sich bei manchen Teilnehmern gar nichts. Ein paar andere nehmen hingegen viel zu, und wieder ein paar andere nur ein wenig. Das bedeutet, dass es für den Einzelnen egal ist, ob er jeden Tag eine Mahlzeit mehr oder weniger isst. Nimmt eine Gruppe über denselben Zeitraum 300 Kalorien pro Tag weniger zu sich, ändert sich bei ein paar Teilnehmern gar nichts, einige nehmen viel ab und andere wenig. Die Rechnung vom Kaloriensparen und Abnehmen geht somit nicht für jeden auf.
Fettspeichern auf Teufel komm raus
Um zu leben benötigen wir Energie. Was durch die Nahrung zugeführt wird, braucht man für den Grundumsatz, also für die Erhaltung der Grundfunktionen des Körpers (Herzschlag, Atmung, Verdauung, Stoffwechsel und so weiter), die Wärmebildung – die Thermogenese verbraucht etwa ein Sechstel der Gesamtenergie, um uns schön warm zu halten – und das alles in nüchternem Zustand bei völliger Ruhe und einer Umgebungstemperatur von 20 Grad Celsius. Bei einem Erwachsenen mit leichter körperlicher Betätigung durch Arbeit und Freizeitaktivitäten macht der Grundumsatz zwischen 60 und 70 Prozent der gesamten benötigten Energie aus, je nach seiner individuellen Körperzusammensetzung.
Auch wenn wir scheinbar gar nichts tun, läuft unser Organismus auf Hochtouren. Es wird permanent um- und aufgebaut, Nährstoffe werden in Bausteine für Zellstrukturen zerlegt und für die Energiegewinnung im Zellstoffwechsel bereitgestellt. Ein wichtiger Motor sind dabei Hormone, vor allem das Insulin.
Expertenstatement
Dicke Kinder
Univ. Prof. Dr. Kurt Widhalm, ehemaliger Leiter der Abteilung für Ernährungsmedizin an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien; Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin (ÖAIE)
Die WHO stellte bereits 2007 fest, dass Übergewicht in Europa zur häufigsten Gesundheitsstörung im Kindesalter geworden ist. Dieses Ergebnis wurde auch in der bislang größten europaweiten Ernährungsstudie »HELENA« (Healthy Lifestyle in Europe by Nutrition in Adolescence) von 2005 bis 2008 bestätigt. Untersucht wurde der Ernährungs- und Gesundheitszustand von 13- bis 16-Jährigen.
Die Studie zeigt, dass Kinder und Jugendliche sehr wenig Gemüse, dafür doppelt so viel Fleisch essen wie empfohlen. Erschreckende 23 Prozent der zugeführten Energie eines deutschen Teenagers beziehungsweise 20 Prozent bei einem österreichischen, erfolgt durch gezuckerte Getränke, wobei auch alkoholhaltige Getränke (Bier, Wein, Alkopops) bereits in diesem Alter einen nicht unbeträchtlichen Anteil ausmachen.
Zudem lässt die körperliche Aktivität zu wünschen übrig: Nur 58 Prozent der Jungen und 31 Prozent
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